Lux Aeterna (German Edition)
Konstellation der Sterne notwendig. Aber auch wenn das heute nicht der Fall ist, gehe ich dieses Risiko gerne ein, und ich kann nur hoffen, dass Azrael für mich eine Ausnahme machen wird. Schließlich ist auch er ein Engel“, räumte er noch ein. „Allerdings ein ziemlich unbeliebter Kollege“ , fügte er in Gedanken hinzu. Dann erklärte Leander der Italienerin die Einzelheiten seines Planes.
„Sie wollen sich selbst also opfern, um eines Untoten willen?“
„Keines gewöhnlichen Untoten“, lächelte Leander nachsichtig. „Aber Sie haben Recht, für dieses Ritual braucht man ein Opfer.“
„Egal welches?“
Leander blickte sie ratlos an, dann schüttelte er den Kopf. „Je wertvoller, desto besser. Ein Tieropfer würde Azrael nicht akzeptieren“, sagte er.
Adriana erhob sich. „Dann beenden Sie mein Leid und nehmen Sie mich an Ihrer Stelle.“ Das klang weniger wie ein Vorschlag, eher wie ein Befehl.
„Aber…“, Leander wollte etwas erwidern, doch Adriana hob direkt die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. „Bitte! In meinen Adern fließt menschliches Blut, und durch meine Geburt bin ich vielleicht sogar etwas Besonderes. Aber ich habe keine Zukunft, nicht in dieser Welt. Sie müssen mich aus diesem Zustand erlösen!“
Bei diesem letzten Satz erhob sie ihre Stimme, als wollte sie schreien, aber selbst diese Emotion blieb ihr verwehrt.
Leander seufzte und erhob sich ebenfalls. „Folgen Sie mir“, forderte er seinen Gast auf.
Im Stillen fragte er sich, ob Gott ihm dieses Wesen gesandt hatte, um ihn selbst zu verschonen. Der Schöpfer hatte vielleicht doch noch ein Auge auf ihn und seine Schützlinge, egal welcher Rasse sie entstammten.
* * *
Leander war mit Adriana in sein Labor zurückgekehrt. Statt des grellen Neonlichtes, das sonst jede Ecke des Labors ausleuchtete, hatte Leander nun dicke Kerzen aufgestellt.
Ein Feldbett diente der Besucherin als Lager. In der Vene ihres rechten Armes steckte eine Kanüle. Leander hatte sich auf eine Decke auf den gefliesten Boden gehockt, vor sich das Buch Azraels, aus dem nun die Beschwörungsformel für das Ritual in einer längst vergessenen Sprache laut vorlas.
Besorgt beobachtete er aus den Augenwinkeln, wie aus einem dünnen Gummischlauch Adrianas Blut in die geöffnete Urne tropfte. Die junge Frau lag wie schlafend auf dem Lager. Ihr Atem wurde immer flacher. Sie war blass, aber auf ihrem Gesicht war so etwas wie Zufriedenheit zu erkennen. Aber trotz des Mitleids, das er für sie verspürte, hoffte er, dass Azrael sein Opfer annehmen würde. Zum dritten Mal las er die Beschwörungsformel zur Anrufung des Todesengels laut vor.
Ein zähflüssiges Gemisch aus Blut und Asche quoll langsam aus der Urne auf den weißen Boden, formte zunächst die Umrisse eines menschlichen Körpers, der sich nun in die Dreidimensionalität erhob und immer deutlichere Konturen annahm.
Mit dem letzten Atemzug Adrianas brach die schwarzrote Masse, die den inneren Kern wie einen klebrigen Kokon umgab, auf und gab den Blick frei auf einen wohlgeformten, sehr schlanken Männerkörper, der nunmehr einen ersten tiefen Atemzug tat. Sein Anblick glich einem Neugeborenen, allerdings voll ausgewachsen.
Leander Knight hatte sich eilig erhoben, als die Hülle aufbrach, und griff nach einem Handtuch, mit dem er vorsichtig das Gesicht des jungen Mannes von den letzten Überresten des Kokons befreite. Auch die schulterlangen dunklen Haare waren noch feucht und verklebt wie bei einem frisch geschlüpften Küken.
„Willkommen zurück, mein Freund“, sagte Leander leise, als er vor dem jungen Vampirfürsten kniete, und mit einem dankbaren Blick auf die Tote: „Danke, Adriana. Du ahnst gar nicht, was du für uns getan hast. Möge Gott deiner armen Seele gnädig sein.“
Als hätte der wieder erweckte Jason die letzten Worte gehört, schlug er die Augen auf. Er erkannte Leander sofort. Sein Mund versuchte ein Lächeln. „Hast du vielleicht was zum Anziehen?“ kam es noch krächzend, aber mit der gewohnten Frechheit aus seiner Kehle.
Leander musste lachen und griff nach der Decke, auf der er gesessen hatte. Er reichte sie Jason, der sich vorsichtig erhob. „Du solltest unbedingt mal duschen. So kannst du dich nirgendwo blicken lassen“, schlug er dem wiedererweckten Vampirfürsten vor. Diesmal musste Jason lachen. Es war, als würden sich zwei alte Freunde nach langer Zeit wieder sehen und als hätte der Todesengel niemals zwischen ihnen gestanden.
In
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