Lux Aeterna (German Edition)
zu elegant angezogen für diesen Job.
Jason, der wieder nicht umhin konnte, ihre Gedanken zu lesen, lächelte in sich hinein. Diese Frau hatte wirklich Ähnlichkeit mit Rita.
* * *
In einem schlichten Holzkasten, in dem man eher ein Schachspiel vermutet hätte, lagen auf rotem Samt die letzten Überbleibsel aus einer vergangenen Zeit. Ihr perlmuttfarbener Glanz erreichte Xaviers eiskalte blaue Augen jedoch nicht. Konnten ihm diese Waffen jetzt noch von Nutzen sein?
Die spitz zulaufenden Einhörner waren etwa dreißig Zentimeter lang und eine Gefahr für jedes unsterbliche Wesen, außer – für Jason Dawn, den er damit nicht mehr würde töten können.
„Ich weiß nicht, wie er das angestellt hat, aber du hast wirklich einen verfluchten Schutzengel“ , dachte Xavier zynisch und klappte die Schatulle wieder zu.
„Ich würde zu gerne wissen, was du vorhast, mein Freund“, murmelte er dann und warf einen besorgten Blick auf den Sarg in seinem Gästezimmer. Würde Jason die Fürstin befreien wollen? Im doppelten Boden ihres Sarges hielt er diese Waffen gegen die Unsterblichen versteckt. Niemand würde vermuten, dass die Vampirfürstin auf für sie tödlichen Waffen schlief.
Die Ungewissheit nagte an Xavier. Allein das Gefühl, Jason noch einmal gegenüber treten und womöglich gegen ihn kämpfen zu müssen, bereitete ihm Unwohlsein. Er wollte ihm nicht offen entgegentreten, aber niemand unter seinen Gefolgsleuten hatte sich bereit erklärt, gegen die neu erwachten Fürsten der Neuzeitvampire ein Attentat zu verüben. Die Hybriden wie die Grenzgänger verhielten sich neutral, solange die Fronten nicht geklärt waren.
Zunächst einmal musste Xavier sich irgendwie abreagieren. Er wollte jemand anderen leiden sehen! Und das konnte man am besten in Krankenhäusern. Zeit, einem der armen Menschen dort mal einen Besuch abzustatten.
Ja, so eine kleine Ablenkung würde ihm gut tun. Xaviers engelsgleiches Gesicht mit den blonden Locken verzog sich zu einer bösen Grimasse. Das Tier in ihm erwachte erneut.
„AB Negativ“ stand auf dem Transfusionsbeutel, der in einem Galgen über dem Bett des Patienten hing. Xavier kannte den frisch operierten Mann nicht, er war ihm auch egal. Er hatte nur einen kurzen Blick auf ihn geworfen. Selbst die Blutgruppe war für ihn nur guter Durchschnitt. Xavier war unbemerkt als Schatten auf der Intensivstation eingetroffen. Die eintönig piepsenden Instrumente, die Herzschlag und Atmung des Menschen anzeigten, störten ihn nicht. Er konnte das auch ohne Technik feststellen.
Jetzt lümmelte er sich in einem der Besucherstühle, seine Füße mit den glänzenden Straßenschuhen auf das weißbezogene Bett ausgestreckt und sah zu, wie die rote Flüssigkeit langsam durch den transparenten Schlauch rann. Aber dieser Schlauch steckte nicht mehr in der Vene des Patienten, sondern in den trockenen Adern des Vampirs! Erst als der Herzfrequenzmonitor nur noch einen einzigen ununterbrochenen Ton von sich gab, verließ Xavier das Zimmer. Er fühlte sich wie ein Junkie auf einem Trip.
* * *
Auch über der Toskana zogen dunkle Wolken auf. Nicht allein durch das drohende Sommergewitter, dessen fernes Donnergrollen bereits hinter den Weingärten zu hören war. Im Arbeitszimmer des Weingutes klingelte das Telefon. Ein Staatssekretär aus Brüssel rief Leander Knight Zuhause an und teilte ihm lapidar mit unterkühlter Stimme mit, dass die Regierungen die offizielle Zulassung von freiwilligen menschlichen Wirten ablehnten. Als Begründung nannte er, dass sein Anliegen einfach zu unmenschlich sei und sich nicht mit dem christlichen oder anderen Glaubensrichtungen vereinbaren ließe.
In Leanders menschlicher Seite regte sich der Zorn. Immer diese Überheblichkeit der Politiker! Sie forderten unwillkürlich neue Auseinandersetzungen heraus! Offenbar hatten sie bereits vergessen, dass die vampirische Rasse den Menschen oft genug geholfen hatte. Allerdings nicht ganz selbstlos, dass musste er sich eingestehen. Und die Kirchen hatten immer schon ihre eigenen Pläne verfolgt.
„Ihre Regierungen wollen also weiterhin die Existenz einer Rasse verleugnen, die seit Anbeginn der Schöpfung besteht. Vergessen Sie nicht, dass die größeren Teufel aus der menschlichen Rasse stammen. Ihre Kriege haben die Evolution der Vampire doch nur beschleunigt“, erwiderte er ungehalten am Telefon. Er konnte diese Ignoranz nicht begreifen! Die Kriege der Menschen waren für die Vampire immer
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