Lux Aeterna (German Edition)
aus, als kämen sie beide von einem vergnügten Abend nach Hause.
Es war kurz vor Morgengrauen und Jason wusste, dass sein Erschaffer das Sonnenlicht fürchtete. Für ihn würde die Zeit zu knapp sein, um festzustellen, ob sein Opfer wirklich tot war. Trotzdem war der Plan riskant. Jason spürte, dass Polignac anwesend war, auch wenn man ihn nicht sehen konnte.
Der Vampirmeister beobachtete die nachfolgende Szene – selbst noch satt und träge – mit einer gewissen Genugtuung.
* * *
Sie betraten ein stilvoll eingerichtetes Wohnzimmer mit schwarzen Ledermöbeln. Rubinrote Vorhänge verdeckten die großen Fenster. An beiden Seiten des Sofas gaben Stehlampen ein diffuses Licht an den Raum ab. Wie bei einem „echten“ Rendezvous stand ein Eiskühler mit Champagner und zwei Gläsern auf dem Wohnzimmertisch.
Rita konnte ein Zittern nicht unterdrücken, als Jason Dawn sie in seine Arme nahm. Er strich ihr zärtlich über den Rücken. Sie konnte seinen Atem an ihrem Hals spüren. Ihre Knie gaben nach, doch er hielt sie fest an sich gepresst. Seine Lippen berühren ihre Wange, glitten hinunter zu ihrer Schulter.
An ihrer Halsschlagader hielten sie inne, und sie spürte einen ganz leichten Schmerz wie von Nadelstichen – nur ein angedeuteter Biss, wie er es versprochen hatte. Ein Schwindel hatte Rita erfasst.
Jason ließ sie behutsam hinter das Sofa zu Boden gleiten, legte sie dabei so auf die Tasche, dass sie unbemerkt den Dolch würde herausnehmen können. Dann stand er auf, einen Tropfen ihres Blutes auf seinen Lippen.
Im Türrahmen stehend applaudierte Polignac wie nach einer Theatervorstellung. „Bravo, mein Junge. Und eine wirklich bezaubernde Dame hast du gewählt.“ Mit einem spitzfindigen Lächeln fügte er hinzu: „Möchtest du sie als Gefährtin? Ich könnte das arrangieren!“
Gerade wollte er näher treten, als ein schwacher, dämmriger Lichtstreif durch die Vorhänge ihm Einhalt gebot. Er fauchte enttäuscht und verharrte an seinem Platz. Der alte Meister war ein Kind der Nacht, das im Sonnenlicht verbrennen würde.
„Schade, aber es sieht so aus, als wäre für mich die Nacht zu Ende. Wir sehen uns morgen Abend, mon ami. Und amüsier dich noch gut!“ Mit einer angedeuteten Verbeugung und einem hämischen Lächeln verschwand Polignac in Richtung Kellertür.
Jason atmete unmerklich auf und leckte den Blutstropfen von seinen Lippen. Anscheinend war sein Täuschungsmanöver gelungen. Sein Erschaffer schien nun zu glauben, dass er noch immer nach den alten Gesetzen der Meister lebte Dann sah er nach Rita. Diese wagte nicht aufzustehen. Jason zog die Vorhänge weit auf, denn ihm konnte das Tageslicht nichts mehr anhaben. Dann setzte er sich zu der jungen Frau auf den Boden. Sanft strich er ihr übers Haar. Am liebsten wäre sie liegen geblieben und hätte weiter seine Berührungen genossen. Doch sie hatten noch etwas zu erledigen.
„Du warst sehr mutig“, flüsterte er. „Sobald die Sonne ganz aufgegangen ist, schläft Polignac tief und fest. Dann müssen wir ihn suchen.“
Die Kellergewölbe der alten Villa waren sehr verzweigt. Nachdem sie beide die Treppe hinunter gegangen waren, gelangten sie zunächst in den Weinkeller, der sie mit exquisiten Flaschen erwartete. Hier musste früher einmal ein echter Weinkenner gelebt haben. Es folgten mehrere Vorratsräume. Diese Räume waren alle fensterlos, hatten aber elektrisches Licht. Eine der Holztüren war verschlossen. Ein leises Weinen war dahinter zu hören.
„Komm weiter, darum kümmern wir uns später“, drängte Jason, als Rita gerade klopfen wollte. Er wusste, das konnten nur die beiden Damen sein, von denen sein Erschaffer gesprochen hatte. Die Polizistin sah ein, dass es besser war, die beiden zunächst einmal dort zu lassen, damit sie nichts von all dem hier mitbekamen. Sie hoffte nur, dass sie unverletzt waren.
Nachdem sie den ganzen Keller durchsucht hatten, sahen Rita und Jason sich ratlos an.
„Ich weiß, dass er hier ist. Ich kann ihn spüren“, flüsterte Jason. „Es muss noch einen Raum geben.“
Sie begannen ihre Suche erneut im Weinkeller und diesmal forschten sie genauer nach. Es war Jason, der das Regal entdeckte, das eine getarnte Tür zu einem dahinter liegenden Raum war. Und dort fanden sie auch den prunkvollen, mit Messing verzierten Sarg vor.
Vorsichtig nahm Rita den Dolch in beide Hände.
Jason gab ihr ein Zeichen. „Es muss schnell gehen! Du darfst nicht zögern!“, forderte er.
Ohne Mühe
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