Lux Aeterna (German Edition)
brasilianischen Modell eingelassen, und das Produkt dieser Verbindung studierte jetzt in der Kunsthochschule Lerchenfeld in Hamburg. Dabei zählte Angelina nicht nur zu den hübschesten sondern auch zu den talentiertesten Studentinnen.
In den kommenden Wochen würde ihr Vater in der Hamburger Galerie „Deichstrasse“ ausstellen, und dann würde sie ihn endlich einmal zu Gesicht bekommen, denn aufgewachsen war Angelina bei ihrer Mutter im damals vom Bürgerkrieg gebeutelten Kolumbien. Letzten Endes hatte ihr Erzeuger die Kunst doch mehr geliebt als sein Modell.
Im Gegensatz zu ihrer dunkelhäutigen Mutter besaß Angelina einen eher zart gebräunten Teint, eine rassige Figur, halblange schwarze Haare und bemerkenswert blaue Augen. Kurz gesagt, sie zog Männer an wie das Licht die Motten. Als sie heute Abend in einem eleganten Seidenkleid die Galerie zu einer Vernissage betrat, war sie innerlich angespannt. Sie hoffte, dass ihr Vater auch dort sein würde und fragte sich, ob er sie erkennen würde.
Der Künstler Julius van Hooren war ein sehr gepflegter und egozentrischer Mittfünfziger mit wallendem grauen Haar und einem dezenten Spitzbart. Er hatte die gleichen blauen Augen wie seine Tochter. In der Tat war er recht angetan von der jungen Dame, die ihm da – umringt von lauter männlichen Gästen – mit einem Glas Sekt charmant lächelnd zuprostete. Er überlegte, ob die Schöne nicht eines seiner früheren Modelle gewesen war.
Angelina beschloss, ihre Identität noch etwas länger geheim zu halten, denn sie hatte eine ganz besondere Überraschung für ihn vorbereitet.
Im Designer-Hotel „Gastwerk“ wurde Julius van Hooren zwei Tage nach der Vernissage tot aufgefunden. Er lag vor dem Spiegel seiner Garderobe und war offenbar im Begriff gewesen auszugehen. Äußerlich hatte er keinerlei Verletzungen. Auf den ersten Blick sah es aus wie ein Herzinfarkt, und Dr. David, der Gerichtsmediziner, musste zunächst eine Obduktion durchführen. Die tatsächliche Todesursache aber verblüffte ihn dann genauso wie Hauptkommissar Welsch und seine Partnerin Rita Hold.
„Phyllobates terribilis“, murmelte Welsch vor sich hin, als er den Bericht des Pathologen las. „Der ‚Schreckliche Pfeilgiftfrosch’. Sein Hautgift reicht aus, um hundert Menschen zu töten. Es wirkt vor allem auf Nerven und Muskeln und ruft Lähmungserscheinungen am ganzen Körper sowie an den Atmungsorganen hervor.“
„Wie kommt ein berühmter Maler an solche Frösche?“, fragte Rita erstaunt.
„Es kommt noch besser. In Gefangenschaft verlieren diese Frösche ihr Gift, da ihnen die natürliche Nahrung fehlt. Denn aus Ameisen, Termiten und Tausendfüßlern synthetisieren sie die Vorläufersubstanzen der Gifte. Man braucht also in der Regel keine Handschuhe, um in Gefangenschaft gehaltene Tiere zu berühren, wenn ihre Nahrung nicht der in der Natur entspricht.“
„Das heißt also, es kann sich um kein Terrarientier handeln“, stellte Rita fest.
„Stimmt, es muss entweder ein vor kurzem wild gefangenes Tier oder das pure Gift gewesen sein.“
„Wieso macht sich ein Mörder solche Mühe? Das gleiche Resultat erreicht man schließlich auch mit Zyankali oder E605, und da kommt man leichter dran.“
Welsch zog die Schultern hoch. „Das wüsste ich auch gerne, da muss mehr dahinter stecken. Wir sollten uns den Malermeister mal genauer unter die Lupe nehmen! Und vor allen Dingen: noch keine Einzelheiten an die Presse!“ Welsch konnte sich vorstellen, was eine solche „Mordwaffe“ für einen Aufruhr in der Boulevardpresse verursachen würde.
* * *
Im Auktionshaus Christies in London wurde das Gemälde von Julius van Hooren nach Bekanntwerden seines Ablebens sofort im Preis heraufgesetzt. Der Auktionator rieb sich bereits die Hände. So was war immer gut für’s Geschäft! Die reiche Lady Philips hatte schon mit dem Porträt der südländischen Schönheit geliebäugelt, als sie den Katalog in die Hände bekam. Enttäuscht sah sie jetzt, dass der Preis revidiert worden war.
Trotzdem hatte sie sich vorgenommen, kräftig mit zu bieten, stand doch zu erwarten, dass der Preis für dieses Gemälde, das gerade erst aus der Hamburger Galerie angekommen war, noch weiter steigen würde. Und Lady Philips hatte Glück, denn ihr wurde der Zuschlag erteilt. Aber Lady Philips hatte auch gleichzeitig Unglück. Als sie das Porträt in ihrem Landhaus persönlich aufhängen wollte, strich sie dabei liebevoll über das Gemälde.
„Au“,
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