Lux Aeterna (German Edition)
erstaunt an. „Nicht direkt, wieso?“
„Versuch, an das Öl für die letzte Ölung zu kommen. Das ist stärker als jedes Weihwasser!“
„Ich werde mich morgen darum kümmern“, versprach sie. „Dann müssen wir uns nur noch über den Zeitpunkt einig werden.“ Wohl war ihr bei dem Gedanken, sein Opfer zu spielen, nun wirklich nicht. Doch es war die einzige Möglichkeit, ein unschuldiges Leben zu retten. Jason hatte ihr zugesagt, sie nicht wirklich zu verletzen. Und sie war bereit, ihm zu vertrauen. Trotzdem behagte ihr der Gedanke ganz und gar nicht, seine Zähne an ihrem Hals zu spüren.
* * *
Der grauhaarige Kommissar mit dem markanten Gesicht legte die Stirn in Falten. Er beobachtete seine Assistentin. Rita war auffallend ruhig.
„Wenn ich Ihnen helfen kann …“, begann er vorsichtig.
Rita blickte hoch. „Nein, danke, reine Privatsache.“
„Aha!“
Beide schwiegen erneut.
„Haben Sie schon den neuen Fall auf den Tisch bekommen?“, fragte Welsch sie schließlich.
Rita verneinte.
„Drei verschwundene Prostituierte. Zeitraum des Verschwindens in den letzten drei Wochen.“
Rita stutzte. Seit dieser Zeit war Polignac in Hamburg aufgetaucht.
„Zuhälterkrieg?“, fragte sie trotzdem.
Welsch schüttelte den Kopf. „Glaub ich nicht. Die waren nicht frisch aus dem Osten importiert, sondern schon lange im Geschäft mit fester Kundschaft. Alle zwischen fünfundzwanzig und fünfunddreißig Jahre alt. Keine Kampfspuren. Einfach aus ihren Zimmern verschwunden“, berichtete Welsch.
„Erinnert Sie das an was?“, wollte er dann wissen.
„Jason war es nicht!“, erwiderte sie mit Überzeugung.
„Und der andere Typ?“
„Möglich, aber der hätte vielleicht einfach zugebissen und wäre wieder verschwunden, oder?“, stellte sie die Gegenfrage. In der Tat war das alles sehr merkwürdig.
Was Rita nicht wissen konnte: Polignac war nicht nur dekadent von Seiten seiner adeligen Herkunft, sondern besaß auch eine perverse Ader. Er liebte es, seine Opfer in Angst zu versetzen, um deren Adrenalinspiegel im Blut zu erhöhen. Außerdem hatte er gerne ein paar Vorräte im Haus!
Dominique Polignac blickte von seiner Mahlzeit auf. Jason war angewidert, die Blondine war halbnackt und von Wunden übersät. Ihr heutiger Tod musste eine Erlösung gewesen sein.
„Ich sehe, du pflegst immer noch deine alten Gewohnheiten“, bemerkte Jason zynisch.
Polignac grinste. „Darf ich dir auch etwas anbieten?“
„Nein, danke, nicht mein Niveau!“
„Oh, dann bin ich ja mal gespannt auf deinen Leckerbissen!“ Mit diesen Worten wischte sich Polignac das Blut von den Mundwinkeln.
„Wage es nicht, sie anzurühren. Die gehört mir!“, drohte Jason, und seine Augen blitzten kurz auf vor Zorn.
„Aber keine Sorge, mein Junge“, lenkte Polignac jovial ein. „Ich habe noch zwei Damen im Keller. Das reicht für die nächsten Tage. Wann darf ich denn mit deinem Besuch rechnen?“
„Nächstes Wochenende“, verkündete Jason.
„Gut“, nickte der Franzose zufrieden und grinste. „Ich liebe es zuzuschauen!“
„Was machst du mit der Leiche?“, fragte Jason ihn jetzt, ohne auf diese Bemerkung einzugehen. Dabei zeigte er auf die tote Blondine.
„Oder willst du etwa …?“
Polignac winkte ab. „Nicht doch! Die ist eh schon tot, und die beiden anderen sind es auch nicht wert, zu unserer Rasse zu gehören!“ Polignac lachte laut auf.
Um den Vampirmeister zu täuschen, musste ihre Vorstellung schon verdammt gut werden. Rita Hold verfügte als Kripobeamtin zwar über eine gewisse Kaltblütigkeit, doch das hier war fast eine Nummer zu groß für sie. Schließlich war sie keine Schauspielerin.
Jetzt sollte sie so tun, als ob sie den Verführungskünsten von Jason erlegen wäre und ihm in die Villa folgen, um dort scheinbar von ihm getötet zu werden. Ihr Herz klopfte bis zum Hals und sie wusste, dass ihr Begleiter das spüren konnte. Jason hatte sie bei der Hand genommen und führte sie durch das zweiflügelige Portal der Villa. Es handelte sich um ein großzügig eingerichtetes Haus aus der Jahrhundertwende, in dem antikes Flair mit moderner Einrichtung verschmolz. Zuvor hatten sie ein eisernes Tor durchfahren, das sich automatisch öffnete und den Weg zur Auffahrt freigab. Es war ein traumhaftes Anwesen, doch Rita kam sich eher vor wie in einem Alptraum. Der mit heiligem Öl geweihte Amulettdolch lag in der Handtasche, die sie passend zur heutigen Abendgarderobe gewählt hatte. Es sah
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