Lux Aeterna (German Edition)
verhaftet. Selbstbewusst und aufrechten Ganges folgte er den Beamten in Zivil, wusste er doch genau, dass man ihm so schnell nichts würde beweisen können.
„Der Kerl mauert“, sagte Kommissar Welsch, als er aus dem Verhörraum kam.
„Er will einen Anwalt, und zwar nur den Besten! Und der Kerl kann sich das leisten! Wir können ihn auch nicht länger als vierundzwanzig Stunden festhalten!“
Rita schnaubte empört. „Darf ich mal?“, fragte sie spontan.
Welsch blickte sie erstaunt an. „Tun Sie sich keinen Zwang an!“
Rita schnappte sich die ausgewählte Akte und betrat den Raum.
„Oh, spielen wir jetzt zusammen eine Runde?“, begrüßte Nicolas sie hämisch.
„Freuen Sie sich nicht zu früh, Herr Kerner. Wir wissen, dass Sie bereits mehrfach gemordet haben.“
„Beweisen Sie es“, forderte Kerner sie heraus.
Rita knallte ihm die Akte vor die Nase. „Das können wir nicht – noch nicht. Aber eines sollten Sie doch wissen: mit Ihrer Frau Sarah haben Sie gleichzeitig Ihr ungeborenes Kind getötet. Sie war im zweiten Monat schwanger!“
Nicolas Kerner verlor zum ersten Mal in seinem Leben den Boden unter den Füßen!
* * *
Seit Ritas Konfrontation hatte Kerner kein Wort mehr gesprochen, auch nicht weiter nach einem Anwalt verlangt. Er starrte nur dumpf vor sich hin und war nicht ansprechbar.
Kurze Zeit später traf Jason ein, in einem der schicken Berlucci-Anzüge mit dunkelrotem Seidenhemd. Rita sah ihn fragend an. Er nahm seine obligatorische Sonnenbrille ab.
„Keine Sorge, war ein Geschenk vom Designer.“ Er wies auf den Verhörraum. „Erfolg gehabt?“
Rita schüttelte den Kopf. „Hab es mit Schocktherapie versucht, aber seitdem scheint er völlig in seine eigene Welt abzutauchen. Wir müssen ihn spätestens morgen früh gehen lassen, wenn er kein Geständnis ablegt.“
Jason runzelte die Stirn. „So was wollt ihr laufen lassen?“
„Ohne Beweise und ohne Geständnis müssen wir das, der Kerl ist so clever, dass er wohl davon kommen wird.“
Jason sah zu Welsch herüber, der gerade den Aktenberg auf seinem Schreibtisch in handliche kleine Stapel sortierte. Das tat er immer, wenn er nachdachte. Auch dem Kommissar passte es ganz und gar nicht, dass dieser Kerl sein schmutziges Geschäft anscheinend weiterführen durfte.
„Dürfte ich mit dem Verdächtigen ein paar freundliche Worte wechseln?“, fragte Jason ihn mit einer Portion Zynismus in seiner Stimme.
Welsch blickte hoch. Er zögerte, konnte er sich doch denken, was Jason damit meinte. Abwechselnd sah er zu Jason und zu Rita. Seine Assistentin sah ihn bittend an. Sie wusste, dass Jason in seiner wahren Identität als Vampir eine außergewöhnliche Überzeugungskraft haben konnte.
Der Kommissar sah von einem zum anderen, nickte nach kurzer Überlegung und winkte ihn zur Tür. „Gehen Sie!“
Was danach wirklich im Verhörraum geschah, blieb ein Geheimnis. Nur zwanzig Minuten nachdem Jason ihn betreten hatte, plapperte Nicolas Kerner wie ein Papagei all seine Vergehen herunter, und zwar in chronologischer Reihenfolge. Offenbar stand er unter Schock. Seine Augen hatten einen irren Glanz, der Hemdkragen war aufgerissen, als wenn ihm heiß geworden wäre. Der oberste Knopf fehlte. Innen am Kragen bemerkte Rita Hold einen kleinen Blutfleck, als hätte der Mann sich beim Rasieren geschnitten.
Als die Assistentin des Kommissars den Raum mit dem auf dem Rekorder gesicherten Geständnis wieder verließ, wartete Jason draußen auf dem Gang auf sie.
„Was hast du mit ihm gemacht?“ , fragte sie ihn telepathisch. Diese Art der Verbindung war zwischen ihnen beiden geschaffen worden seit ihrem gemeinsamen Abenteuer mit Polignac, funktionierte jedoch nur auf kurze Distanz. Jason antwortete auf die gleiche Weise . „Zeitschleife. Es ist ähnlich wie das Phänomen, das du bei dir beobachtet hast. Nur bei ihm sind die Auswirkungen wesentlich gravierender.“
Rita erinnerte sich, auch sie hatte den Atem der Ewigkeit gespürt, und ein Schauer lief ihr über den Rücken, wenn sie an dieses Erlebnis zurückdachte.
Kommissar Welsch wusste nicht, ob das Geständnis, das Kerner seitdem ununterbrochen wiederholte, vor Gericht verwertbar sein würde, aber er war trotzdem zufrieden. Zumindest würde man Nicolas Kerner für eine sehr lange Zeit wegschließen - in eine hübsche kleine Zelle mit weißen, gepolsterten Wänden.
(10) Vor den Augen der Engel
Rita Hold hatte die Prüfung zur Kommissarin bestanden. Die
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