Lux Aeterna (German Edition)
und rührte sich immer noch nicht. Hermann stellte erstaunt fest, dass die Dame wohl im Morgenrock hier genächtigt hatte. Er rüttelte jetzt fester und drehte die Schlafende auf die Seite. Die immer noch geschminkten Augen blickten ihn glanzlos und ohne Leben an.
Kommissar Welsch betrachtete das Szenario vor ihm. Die Identität der Toten war schneller festgestellt als die Todesursache. Sybille Meinhard kannte schließlich jeder vom Theater. Früher hatte sie oft die Rolle der jugendlichen Heldin im Film gespielt. Aber die Zeiten waren lange vorbei. Leider war es jetzt auch mit Sybille Meinhard vorbei.
„Alkoholvergiftung?“, fragte er Dr. David, den Gerichtsmediziner, der sich gerade von der Leiche erhob.
„Möglich. Keine Gewalteinwirkung, keine Kampfspuren. Nur das hier.“ Dabei hielt Dr. David zwei Schlüssel in der Hand. „Die waren in ihrer Tasche vom Morgenrock. Einer davon ist vom Raubtierhaus, der andere vom Eingang, sagte der Nachtwächter.“
Wegen des Bekanntheitsgrades der Toten gab der Kommissar dem Gerichtsmediziner die Order, den Fall vorrangig zu behandeln.
„Was wollte die Meinhard mitten in der Nacht im Zoo?“, grübelte Welsch
„Vielleicht einen neuen Pelzmantel“, gab Rita Hold zu bedenken.
Der Kommissar wandte sich zu ihr um.
„Offenbar hatten die Tiger mehr Angst vor ihr als umgekehrt“, sagte sie entschuldigend. „Die Tiere sind ja ganz verstört.“
In der Tat saßen die beiden bengalischen Königstiger in der hintersten Ecke ihres Käfigs und betrachteten den Aufruhr mit großen, erschreckten Augen. Ab und zu hörte man von ihnen ein nervöses Fauchen.
„Im Übrigen muss ich Sie enttäuschen, Chef, Fußspuren gibt es hier leider zu viele.“
„Gut, gehen wir erstmal ins Büro und warten den Bericht ab. Ich brauche jetzt unbedingt einen Kaffee“, beschloss der Kommissar. Fünf Uhr morgens war definitiv nicht seine Zeit!
Nach der dritten Tasse Kaffee kam der Bericht von der Pathologie auf seinen Tisch.
„Über zwei Promille im Blut“, las Welsch laut vor.
Rita hörte zu.
„Das war aber nicht die Todesursache. Die Meinhard ist erstickt.“
„Wie bitte?“, staunte Rita nicht schlecht.
„Hier steht’s, starke Schwellungen von Kehlkopf und Hals haben zu akuter Atemnot mit Erstickung geführt. Entzündung der Lungenbläschen. Hochgradige Katzenallergie!“ Welsch klappte die Akte zu.
Dazu fiel selbst Rita Hold im Augenblick nichts mehr ein. „Die muss ja wirklich lebensmüde gewesen sein“, überlegte sie dann.
„Oder sie wusste in ihrem besoffenen Kopf nicht, wo sie sich befand. Sie muss da ja die ganze Nacht gelegen haben. Wie ist sie in den Zoo rein gekommen? Normalerweise sind die Tiere doch im Außengehege und viel zu weit weg. Die Innenkäfige sind normalerweise für Besucher nicht zugänglich“, kombinierte Welsch.
„Da sollten wir nachhaken“, schlug seine Partnerin vor. „Ich werde mal einen kleinen Zoobesuch machen.“
„Vorgestern kam so’n Fatzke vom Film“, erzählte der Tierpfleger Johanson ihr dann bei der Befragung. „Sagte, dass er hier drehen will mit ’ner berühmten Schauspielerin und hat sich alles angesehen. Die Tiere sind zum Impfen und Entwurmen hier drin. Der Tierarzt sollte heute Morgen kommen. Aber dann kamen Sie ja dazwischen. Die beiden sind jetzt völlig verstört. Müssen noch einen Tag warten, sonst drehen die durch.“
Rita Hold machte sich Notizen. „Haben Sie das diesem Fatzke auch gesagt, das mit dem Impfen?“
„Klar, ist doch kein Geheimnis. Machen wir jedes Jahr.“
„Haben Sie ihm auch die Schlüssel gegeben?“
„Nur ganz kurz, der wollte wohl möglichst authentische Requisiten anfertigen, so hat er sich ausgedrückt!“
„Und wissen Sie auch den Namen von diesem Fatzke?“, fragte Rita weiter geduldig.
Johanson kratzte sich an der Nase. „Warten Sie mal, wie hieß der noch… Keks, Körner… Kerner. Ja, Kerner hieß der.“
Rita sandte ein Stoßgebet zum Himmel. „Danke“, sagte sie nur und verließ das Raubtierhaus.
* * *
„Nicolas Kerner, vierunddreißig, seit fast zwei Jahren Witwer, zurzeit wohnhaft in Blankenese. Hat vor einigen Monaten eine Eigentumswohnung dort gekauft. Er hat Sybille Meinhard mehrmals im Theater besucht und zum Essen eingeladen. Niemand weiß allerdings, ob die beiden eine Affäre hatten.“
„Fragen wir ihn doch mal selbst“, sagte Welsch und nahm seinen Mantel.
Nicolas schien noch nicht ganz fertig mit seiner Einrichtung zu sein,
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