Lux Aeterna (German Edition)
innerlich. Doch jetzt war sie froh, dass er da war.
Weitere zwei Wochen vergingen, bis die Computerspezialisten erste Ergebnisse vorweisen konnten. Die Spuren der zahlenden Zuschauer dieser schiffseigenen tödlichen „Reality Show“ führten tatsächlich in alle Himmelsrichtungen, doch nur wenige Namen tauchten auf. Die meisten hatten ihre Spuren so gut verwischt, dass sie wohl unerkannt davon kommen würden. Und selbst die wenigen, die man namentlich benennen konnte, würden inzwischen ihre Spuren beseitigt haben. Hinzu kam, dass diese Leute sich mit Geld alles kaufen konnten.
Welsch hatte lange hin und her überlegt. Damals, als er Jason kennen lernte, hatten ihn die Untoten abgeschreckt. Er hatte sich geschworen, diese Kreaturen niemals zu „füttern“, doch alles war anders gekommen. Mittlerweile waren sie zu Werkzeugen der Gerechtigkeit geworden. ‚Vielleicht sollte ich früher in Pension gehen’ , überlegte der Kommissar. Bei diesem letzten Fall waren ihm zum ersten Mal die Menschen als die wahren Bestien vorgekommen.
Harald Welsch hatte Feierabend, und der einzige, der sich auf sein Nachhausekommen freute, war der dicke Timothy, der rote Perser, den seine damalige Assistentin ihm anvertraut hatte, bevor sie nach London flog und dort in ihr Verderben lief. Welsch öffnete eine Dose Katzenfutter und strich gedankenverloren über das flauschige Fell des Katers. Dann zog er seine Schuhe wieder an und fuhr zu Rita.
Die hatte sich gerade ein Fertigmenü in die Mikrowelle geschoben, als der Kommissar bei ihr klingelte. Der dritte Stock war für den Mittfünfziger eine Herausforderung, denn es gab keinen Aufzug. Erschöpft stand er schließlich vor der Wohnungstür.
„Chef! Was machen Sie denn hier?“, begrüßte Rita ihn erstaunt.
„Entschuldigen Sie die Störung, aber ich muss da eine Gewissensfrage stellen“, keuchte der Kommissar und öffnete den Hemdkragen. „Und könnten Sie sich bitte mal eine Wohnung im Erdgeschoss suchen“, schnaufte er noch.
Rita musste lachen und machte ihnen beiden erst einmal etwas Kühles zu Trinken. Draußen braute sich erneut ein Gewitter zusammen.
Der Kommissar zog einen Briefumschlag aus der Tasche. „Ich habe hier eine Namensliste mit unseren ‚TV-Gästen’“, sagte er.
Rita wusste, was er meinte. „Und?“, fragte sie. Aber dann verstand sie.
Für eine kurze Zeit herrschte Stille im Raum. Nur ein Donnergrollen war zu hören und die ersten vereinzelten Regentropfen fielen auf den Asphalt.
„Wissen Sie, Chef“, begann Rita vorsichtig. „Wenn Sie diese Liste zum Beispiel hier vergessen würden… und ich würde die auch vergessen… dann wäre es doch möglich, dass jemand anderer sie findet.“
Welsch hatte den Umschlag auf den Wohnzimmertisch gelegt. „Ich überlasse es Ihnen, Sie können den Umschlag morgen Früh wieder mitbringen“, sagte er.
Kurze Pause.
„Sind Sie eigentlich mit… mit Jason zusammen?“, wollte er dann wissen.
Rita nahm gerade in der Küche ihr Essen aus der Mikrowelle. „Irgendwie schon, und doch wieder nicht“, meinte sie schulterzuckend. „Ich weiß auch nicht genau, was er vorhat. Es ist alles… ziemlich verworren“, gab sie zu. „Andererseits sind da Gefühle zwischen uns“, fügte sie hinzu.
Welsch sah sie prüfend an. „Gefühle oder nur die Faszination, die Vampire allgemein auf Frauen ausüben?“ Das klang wie das typische Klischee aus einem Gruselfilm.
Rita musste lachen. „Es gibt doch auch weibliche Vampire, Chef. Nein, so einfach ist das nicht zu erklären. Eigentlich kann man das gar nicht erklären. Aber wir sind noch kein Paar, wie Sie es vielleicht denken mögen.“
Der Kommissar hatte ausgetrunken und stand auf. „Ich glaube, ich werde jetzt besser gehen. Wir sehen uns morgen, Rita. Gute Nacht!“ Welsch verließ die Wohnung.
Auf dem Wohnzimmertisch lag immer noch der verschlossene Briefumschlag.
Ein Blitz zuckte durch die Nacht und der Donner wurde lauter. Kurze Zeit später schüttete es wie aus Eimern.
Kommissar Welsch saß noch einige Minuten im Wagen, ohne loszufahren. Er machte sich Sorgen. Nein, nicht um einen neuen Fall, sondern um seine Mitarbeiterin. Rita Hold war eine gute Kriminalbeamtin, aber diese unselige Liebe würde kein gutes Ende nehmen, davon war er überzeugt. Ihre beiden Welten passten einfach nicht zusammen – oder?
Am nächsten Morgen roch die Luft wie frisch gewaschen. Es war angenehm kühl nach der langen Hitzewelle. Wie immer war Rita Hold
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