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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Hof, in den er Reynevan gezogen hatte, stank es nach Sauerkraut, Kotze und Katzenpisse.
    »Weiter, weiter«, der Pole wurde ungeduldig, »beweise mir, dass du uns nützt.«
    »Wenn es dir gelungen ist, mich hier zu finden«, Reynevan lehnte sich mit dem Rücken an die Mauer, »dann verfügst du auch
     über weitaus bessere Informationen als ich. Das, was ich weiß, nützt dir nichts. Denn ich weiß so gut wie nichts.«
    »Deiner Jutta«, Bożyczko tat, als hätte er nicht zugehört, »steht unter unserer Aufsicht aller Luxus, Verpflegung und Betreuung
     zur Verfügung, sie hat es warm, sauber und fein, ihr geht es wie bei Muttern, ja, besser noch, denn sie hat unterhaltsamere
     Gesellschaft. Dieser Luxus kostet etwas, wir geben Geld für sie aus. Also, zeig uns, dass dieses Geld nicht rausgeschmissen
     ist.«
    »Ich weiß nichts. Es gibt nichts, was ich dir zutragen könnte.«
    »Du enttäuschst mich.«
    »Das tut mir leid.«
    »Das wird dir erst noch leidtun«, zischte Bożyczko. »Hältst du mich für einen Idioten? Ich habe dich hier aufgespürt, denn
     ich verfüge, wie du ganz richtig vermutet hast, über Informationen. Ich weiß, dass du Prokop, Horn, Bedřich ze Strážnice und
     Korybut nahestehst. Du hättest etwas hören oder sehen müssen, du müsstest Zeuge oder Beteiligter gewesen sein. Kriegspläne,
     politische Vorhaben, Bündnisse und Verträge, Möglichkeiten, finanzielle Mittel zu erhalten. Du musst etwas wissen.«
    »Ich weiß nichts.«
    Bożyczko verjagte eine Katze, die sich an seinem Stiefelschaft rieb, indem er aufstampfte.
    »Es gibt zwei Möglichkeiten«, sagte er. »Erstens: Du lügst. Zweitens: Du bist ein Idiot und eine Tranfunzel. In beiden Fällen
     erweist du dich als unnütz, denn in beiden Fällen streichen wir dich als einen wertvollen Mitarbeiter von der Liste. Das ist
     gar nicht gut für dich, noch schlechter aber ist es für deine Jutta. Den Luxus, den sie jetzt hat, können wir ihr schnell
     nehmen. Und aus Gemütlichkeit Ungemütlichkeit machen. So ungemütlich, dass es schmerzt.«
    »Du hast geschworen, ihr tut ihr nichts an! Du brichst deinen Schwur!«
    »Dann klag mich doch vor Gericht an.«
    »Ich weiß etwas«, platzte es aus Reynevan heraus, »das euchinteressieren könnte. Wenn euch die Zukunft der Welt interessiert.«
    »Sprich.«
    »Im Jahre 1431, höchstwahrscheinlich im Februar, wird Papst Martin V. sterben. Am vierten Sonntag nach Ostern wird das Konklave
     Gabriele Condulmer, den Bischof von Siena, der in der Prophezeiung des Malachias als
lupa coelestina
– die himmlische Wölfin – erscheint, zum Papst bestimmen. Bevor dies jedoch geschieht, stirbt Witold, der Großfürst von Litauen.
     Er stirbt als Fürst, die Königskrone erhält er nicht, die geheimen Machenschaften des Luxemburgers sind erfolglos. Der Tod
     Władysław Jagiełłos, des Königs von Polen, erfolgt Anno Domini 1434, Ende Mai oder Anfang Juni. Zygmunt Korybut wird seine
     beiden Oheime überleben.«
    »Von wem hast du diese Informationen?«
    »Wenn ich sage, von einer ganz bestimmten Hexe oder von einem Geist aus dem Jenseits, wirst du mir dann glauben?«
    Die verscheuchte Katze miaute. Bożyczko maß Reynevan lange mit einem durchdringenden Blick.
    »Ich glaube dir«, erwiderte er schließlich. »Denn woher solltest du es sonst haben, wenn nicht aus dem Jenseits oder durch
     Zauberei? Ich weiß etwas darüber, denn wie du bin auch ich ein Adept der Arkana. Das ist keine Schande, denn schließlich haben
     die drei Magier Jesus in Bethlehem als Erste begrüßt und ihm Myrrhe, Weihrauch und Gold gebracht. Danke für dieses Wissen,
     wir werden es
sine dubio
verwenden. Aber das ist zu wenig. Entschieden zu wenig. Ich will wissen
. . .
«
    Er verstummte, richtete sich auf, hob den Kopf und bedeutete Reynevan zu schweigen. Reynevan spitzte seine Ohren, aber er
     vernahm nur das Miauen der Katze, den Lärm von den nahe gelegenen Tuchlauben und das Knarren der hölzernen Ratschen vor der
     Himmelfahrtskirche. Er schnupperte, denn es schien ihm, als mische sich in den Gestank des Hinterhofs plötzlich ein schwacher
     Duft nach Rosmarin.
    »Was ist denn? Bożyczko?«
    Statt zu antworten, fasste Łukasz Bożyczko Reynevan am Ärmel und zerrte heftig daran. Reynevan verlor das Gleichgewicht, versuchte,
     an einem Torpfosten Halt zu finden, erwischte stattdessen aber einen Menschen. In der Dunkelheit vollkommen unsichtbar und
     flink wie ein Schatten, stieß dieser Mensch ihn heftig von sich; noch bevor

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