Lux perpetua
Bedřich ze Strážnice?«
»Der bin ich«, bestätigte Bedřich und hörte kurz auf, in seinen Zähnen zu bohren. »Ihr hingegen seid Spytek Leliwaz Melsztyna,
der Woiwode von Krakau. Und Ihr, Herr, seid Mikołaj Kornicz Siestrzeniec, der Burggraf von Będzin. Wie Ihr seht, kenne ich
nicht nur Eure Namen und Wappen, ich weißauch, welche Funktionen Ihr ausübt. Gestattet mir also auch, mich in meiner Funktion vorzustellen. Gemäß dem heute geschlossenen
Bündnis und durch die gemeinsamen Aktionen wird bald ganz Oberschlesien erobert sein und Tábor, Zygmunt Korybut und dem hier
anwesenden Herzog Bolko gehören. Ich werde dann im Rang eines
director
, des Leiters der Außenstellen von Tábor in Schlesien, stehen.«
Wołoszek, der frisch gebackene Jünger der Lehren des Jan Hus, blickte aufmerksam in die Runde, um festzustellen, ob der anhaltende
Alkoholgenuss der anderen Gäste des Festschmauses es ihm gestatten würde, offen zu reden.
»Wie Ihr hört«, sagte er zu den beiden Polen, »haben wir Oberschlesien bereits unter uns aufgeteilt. Korybut bekommt Gleiwitz,
Bedřichs Taboriten Nimptsch und was sie dem Bischof sonst noch entreißen können. Das Herzogtum Oppeln muss dabei auch gewinnen.
Und zwar viel gewinnen. Ich will die Ländereien von Namslau, dazu Kreuzburg, Rybnik und Pleß. Und die Hälfte von Beuthen,
die derzeit dieser verdammte Ordensritter Konrad der Weiße, der jüngste Bruder des Bischofs, besitzt. Die Grenzpfosten werden,
wie man mir versprochen hat, zugunsten der Sieger versetzt. Also dann, wir werden siegen und werden sie versetzen!«
»Vielleicht besser erst morgen«, bat Mikołaj Kornicz Siestrzeniec. »Ich bin so vollgefressen und vollgesoffen, dass ich nicht
mehr aufstehen kann.«
»Und übermorgen machen wir uns dann auf den Weg«, erklärte Spytek z Melsztyna. »Ist es nicht so, Herr Bedřich? Herr Reynevan?
Wir werden doch gemeinsam reisen?«
Reynevan sah Bedřich an und hob fragend die Augenbrauen.
Der Prediger seufzte.
»Wir reisen zurück nach Ratibor«, sagte er, »und von dort aus folgen wir der Straße nach Krakau.«
»Die Straße nach Krakau, sagst du. Also nach Polen?«
»Das wird sich weisen.«
»Reynevan, du sitzt immer noch so traurig da«, stellte Wołoszek fest, dessen Wangen sich vom Wein schon recht gerötet hatten.
»Es ist Ostern. Der Tag der Auferstehung des Herrn. Frühling, Erneuerung in der Natur, Erneuerung in der Politik, das Neue
kommt, das Alte vergeht, das
lux perpetua
erhellt das Dunkel, das Gute siegt, das Böse flieht, die Macht erzittert. Die Engel frohlocken und singen jauchzend
Gloria, Gloria in excelsis,
mein Windspiel hat Junge geworfen, und die hübscheste Zofe meiner herzoglichen Gemahlin hat mich endlich rangelassen. Mit
einem Wort, der Körper frohlockt, die Seele frohlockt, frohlockt auch ihr alle, frohlocke auch du, Reynevan. Frohlocken sollst
du, Teufel noch mal! Trink, ich trinke dir zu. Und sag mir, was dich quält, mein Studienkollege.«
Reynevan sagte, was ihn quälte.
»Die Inquisition hat dein Mädchen entführt?« Der Herzog runzelte die Stirn. »Gregor Hejncze soll sich zu einer Entführung
verleiten haben lassen? Nicht zu fassen. Wenn es Bischof Konrad gewesen wäre, der schreckt doch vor nichts zurück
. . .
Aber Gregorius? Unser Kommilitone an der Karls-Universität? Ha, die Zeiten ändern sich, die Menschen auch. Hör mal, Bruder,
du hast mich unterstützt, du hast mir geholfen, meine Entscheidung zu treffen. Daher helfe ich auch dir. Ich habe meine Informationsquellen,
ich habe meine Leute, der Bischof würde sich wundern, wenn er wüsste, wie nah sie an ihm dran sind, auch Hejncze würde sich
wundern. Jutta de Apolda, sagst du? Ich werde Befehl geben, bei diesem Namen die Ohren zu spitzen. Am Ende wird einer von
uns eine Spur finden, auf Dauer bleibt nichts verborgen, das Sprichwort stimmt:
quicquid nix celat, solis calor omne revelat.
«
»Dies ist die heilige Wahrheit«, bestätigte Bedřich ze Strážnice mit einem seltsamen Lächeln.
Der Aufbruch in der Morgendämmerung war für die Teilnehmer an dieser Mission schon zur Tradition geworden, auch diesmal war
es nicht anders. Bevor sich noch die Sonne überdie Nebelschwaden erhoben hatte, waren sie bereits ein gutes Stück hinter Oberglogau und ritten schnell gen Osten. Wenig später
kamen sie an eine Kreuzung.
»Bedřich? Wo geht es jetzt lang?«, fragte der Demerit mit Unschuldsmiene.
»Nach Ratibor. Von dort aus
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