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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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herabgesunkenen Stadt
     geblieben waren.
    Advenisti, desiderabilis ,
    quem expectabamus in tenebris,
    ut educeres hac nocte vinculatos de claustris.
    Te nostra vocabant suspiria;
    te larga requirebant tormenta . . .
    Alleluia!
    Die Prozession erreichte das Franziskanerkloster. Wołoszek hatte diesen Ort mit Bedacht ausgewählt. Der Anblick der zertrümmerten,
     brandgeschwärzten, jedoch noch stehenden Mauern sollte eine Botschaft übermitteln. Er sollte daran erinnern, wem und welchem
     Umstand es diese Mauern verdankten, dass sie immer noch standen.
    Aus der Formation löste sich ein Herold, der ein Wams mit dem goldenen polnischen Adler trug. Er wartete, bis das Geflüster
     und andere Geräusche verstummten und Stille eintrat, und entrollte dann ein mit vielen Siegeln versehenes Pergament.
    » In nomine Sancte et Individue Trinitatis, amen« ,
las er laut und vernehmlich.
»Nos , Boleslaus filius Boleslai, Dei gratia dominus Glogoviae et dux futurus Oppoliensis, significamus praesentibus litteris nostris,
     quorum interest, universis et singulis.«
    »Wir geben bekannt und zu wissen, dass Wir zur Rettung des Friedens, Unserer Ländereien und Unserer Untertanen der Gemeinschaft
     von Tábor und allen Verbündeten von Tábor ein Bündnis, Waffenbrüderschaft und Glauben gelobenund schwören. Wir schwören, getreu an der Seite Tábors zu stehen und mit ihm gemeinsam für Frieden und Sicherheit zu kämpfen,
     das heißt, gemeinsam andere zu überfallen, die Gegner jener Sicherheit sind.«
    Der Guardian der Franziskaner erbleichte, er wurde weiß wie ein Leichentuch, die anderen Mönche und Geistlichen verfärbten
     sich ähnlich. Obwohl der Herzog sie zu Beginn auf das, was kommen würde, vorbereitet hatte, war der Schock für sie nicht weniger
     groß.
    »Als Lohn und zur Genugtuung für obiges Bündnis überantworten Wir Tábor die nachstehend aufgeführten Ländereien und Städte,
     mit Ausnahme derjenigen, die Wir Uns selbst vorbehalten. Als Gegenleistung sichert Uns Tábor nachstehend aufgeführte Ländereien
     und Städte zu, die noch anderen gehören und die Wir im Kampf um den Frieden ihren derzeitigen Eigentümern abnehmen werden.«
    » Factum est« ,
schloss der Herold,
» in dominica resurrectionis anno domini MCCCCXXIX ad laudem omnipotentis Dei. Amen.«
    Kein einziger Laut durchbrach die Stille.
    Aus der Formation heraus trat Herzog Bolesław Wołoszek, der Sohn Bolesławs, der Enkel Bolesławs, der Urenkel Bolesławs, ein
     Piast aus dem Geschlecht der schlesischen Piasten. Er war in voller Rüstung, die goldene Kette auf der Brust und der Hermelinkragen
     seines Mantels verliehen ihm das Aussehen eines Königs. Zu seiner Rechten stand der Hofmarschall, ebenfalls in voller Rüstung,
     hinter ihm der Seneschall, daneben die Gäste des Herzogs, polnische Ritter, der eine ein Leliwa, der andere ein Kornicz. Zur
     Linken des Herzogs stand der kreidebleiche Guardian der Franziskaner. Hinter ihnen ein Fähnrich mit der den Adler aufweisenden
     Fahne.
    Bevor der Herold erneut das Wort ergriff, wartete er, bis wieder Stille eintrat.
    »Weiterhin geben Wir allen und jedem Einzelnen kund und zu wissen, dass Wir für die Festigung des Bündnisses mit Tábordie heilige Kommunion nach Christi Gebot, also in beiderlei Gestalt,
sub utraque specie
, empfangen werden. Wir werden aber keinen Unserer Untertanen zu dieser Kommunion zwingen und garantieren freie Wahl des Abendmahls.
     Wir schwören ebenfalls auf die Vier Artikel, die von den freien Menschen im Königreich Böhmen verkündet und angenommen worden
     sind.«
    Der Herold entfernte sich. Wołoszek trat einen Schritt vor, der Seneschall und der Guardian blieben zurück. Aus der Formation
     trat Bedřich ze Strážnice, der kaum wiederzuerkennen war, denn er trug eine schwarze, von einem Ledergürtel zusammengehaltene
     Kutte. Der Hussitenprediger hielt einen Hostienteller und einen goldenen, fein ziselierten Kelch in den Händen. Wołoszek hob
     seine rechte Hand.
    »Ich schwöre, dass in dem mir von Gott verliehenen Herzogtum Gottes Wort sicher und ohne Hinderungen verkündet werden wird.
     Dass Leib und Blut Unseres Herrn Jesus Christus den Gläubigen in beiderlei Gestalt, als Brot und Wein, gemäß der Heiligen
     Schrift und der Lehre des Erlösers verabreicht werden. Dass den päpstlichen Geistlichen alle weltliche Macht über irdischen
     Reichtum und irdische Güter genommen ist und dass irdische Güter und irdischer Reichtum ihnen weggenommen werden, weil

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