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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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auf der Straße nach Krakau bis nach Zator. Das habe ich doch gesagt.«
    »Wir wissen, was du gestern gesagt hast. Aber ich frage dich, wohin wir heute reisen?«
    »Übertreib es nicht, Scharley.«
    Also ritten sie nach Ratibor, um von dort aus die Straße nach Krakau zu erreichen. Sie bildeten eine Gruppe, der sich die
     beiden polnischen Ritter und ihre Knappen angeschlossen hatten. Und um sie herum feierte der Frühling ein ausgelassenes Fest.
    »Herr Reynevan?«
    »Ich höre, Herr z Melsztyna.«
    »Ihr seid Deutscher
. . .
«
    »Ich bin kein Deutscher. Ich bin Schlesier.«
    »Ihr seid kein Böhme«, folgerte Spytek. »Warum fühlt Ihr Euch zur Lehre der Hussiten hingezogen? Wie ist es gekommen, dass
     Ihr auf der Seite der Hussiten steht?«
    »Es hat einen Kampf des Guten gegen das Böse gegeben. Als ich eine Wahl treffen musste, habe ich mich für das Gute entschieden.«
    »Musste? Man hätte sich auch für keine der beiden Seiten entscheiden können.«
    »Bleibt man beim Kampf des Guten gegen das Böse unentschieden, spricht man sich für das Böse aus.«
    »Hör gut zu, Mikołaj.« Spytek z Melsztyna wandte sich an den anderen Ritter. »Hör gut zu, was er sagt.«
    »Ich hör’ ja zu«, beteuerte Siestrzeniec. »Aber ich habe auch von den Gerüchten gehört. Sie behaupten, dass Ihr Euch mit Magie
     beschäftigt, Herr von Bielau. Dass Ihr ein Magier seid.«
    »Die drei Magier waren die Ersten, die Jesus in Bethlehem begrüßt haben«, erwiderte Reynevan gelassen. »Sie haben ihm Myrrhe,
     Weihrauch und Gold gebracht.«
    »Erzählt das mal der Inquisition.«
    »Die Inquisition weiß das.«
    »Wechseln wir das Thema«, schlug Spytek z Melsztyna vor.
     
    »Mutig, sauber und ordentlich habt ihr Oberschlesien unter euch aufgeteilt«, meinte Siestrzeniec, nicht ohne Ironie. »Mutig,
     sauber und ordentlich. Tábor, Wołoszek und Korybut, zack, ist das Fell des Bären aufgeteilt. Und wo bleiben die Interessen
     der polnischen Krone?«
    »Liegen Euch diese Interessen denn so sehr am Herzen?«, gab Bedřich nicht weniger ironisch zurück. »Weil Ihr Euch gar so sehr
     sorgt?«
    »Es dürfte schwierig sein, Eure Pläne in die Tat umzusetzen, wenn Polen sie nicht fördert. Werdet Ihr denn auch die Interessen
     Polens fördern?«
    »Das ist schwer zu sagen«, gab Bedřich zu. »Das Problem mit Polen ist dasselbe wie immer: Man weiß nie, was es ist und wer
     es ist. Jagiełło? Jagiełłos Söhne? Sonka Holszańska? Witold? Bischof Zbigniew Oleśnicki? Szafraniec? In Polen verfolgt doch
     ein jeder, der über eine gewisse Macht verfügt, nur seine eigenen Interessen und bezeichnet diese dann stets als das Wohl
     des Vaterlandes, so geht es bei euch doch schon seit Jahrhunderten zu, und es wird auch noch jahrhundertelang so weitergehen.
     Ihr fragt, Herr Kornicz, wo die Interessen der polnischen Krone bleiben? Ich frage Euch: Welche konkreten Interessen meint
     Ihr eigentlich?«
    Siestrzeniec lachte laut auf und zog sein Pferd am Zügel.
    »Herr Bedřich! Wir sind nur Gesandte, die im Dienste bedeutender Persönlichkeiten stehen, eine Eskorte für Politiker, die
     sich wichtig nehmen. Wir haben sie nur zu begleiten. Wirklich wichtige Dinge werden diese Politiker mit ihresgleichen besprechen.«
    »Was sich in Luck ereignet hat«, entgegnete Bedřich, »das wissen nicht nur die Politiker. Und nicht nur Politiker sehen, was
     jetzt in Polen vor sich geht. Bischof Oleśnicki verfolgt die polnischen Hussiten und treibt Jagiełło in einen Kreuzzug gegen
     Böhmen. Witold wird sich bald zum König von Litauen krönen
. . .
«
    »Dazu wird es nicht kommen«, warf Reynevan ein. »Das könnt Ihr mir glauben.«
    »Natürlich nicht.« Siestrzeniec sah ihn durchdringend an. »Das lässt der Papst nicht zu. Aber vielleicht habt Ihr dabei an
     etwas anderes gedacht?«
    »Hat er nicht«, versicherte Bedřich an Reynevans Stelle. »Aber ich weiß immer noch nicht, in wessen Auftrag die werten Herren
     nach Böhmen reiten, die wir in Zator treffen sollen. Und wen wir eskortieren sollen.«
    »Sie reiten im Auftrag des Königreiches Polen.« Spytekz Melsztyna runzelte seine dunklen Augenbrauen. »Das sage ich Euch.
     Redet doch, was Ihr wollt, Polen ist eine Einheit, und sein Wohl ist allem anderen übergeordnet. Mit Königen, Fürsten und
     Bischöfen, gut und schön. Aber wenn es nötig sein sollte, dann auch ohne Könige und Bischöfe.«
    »Ohne?« Bedřich verzog schmunzelnd die Mundwinkel. »Sollte das gerade eben etwa ein Appell zum

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