Lux perpetua
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«
»Einverstanden«, unterbrach sie ihn sogleich. »Es wird höchste Zeit, dass du es erfährst. Das kann nicht länger geheim bleiben.
Ich will von dir genau dasselbe, was Łukasz Bożyczko und die Inquisition von dir wollen: Zusammenarbeit und Informationen.
Bożyczko zwingt dich durch Erpressung und Drohungen zur Zusammenarbeit. Ich will dich davon überzeugen, mit mir zusammenzuarbeiten,
indem ich dir beweise, dass wir gemeinsame Interessen haben. Im Grunde habe ich es dir bereits bewiesen. Ich habe dafür gesorgt,
dass dir nichts Böses geschieht, ich habe als dein Schutzengel gewirkt. Jetzt werde ich dir helfen, Jutta zurückzugewinnen.
Ich biete dirmeine Hilfe an, und zwar meine sofortige Hilfe. Wir machen uns heute noch auf den Weg. Ist das zu wenig?«
»Das ist viel. Aber sprich zu Ende, bitte.«
»Du stehst Prokop nahe.« Sie zwinkerte. »Prokop, Puchała, Bedřich ze Strážnice, Korybut und Královec, du kennst Kolda von
Žampach, Piotr Szafaniec und Jan Čapek. Überall wirst du von ihnen ins Vertrauen gezogen. Du kommst an Geheimnisse heran.
Ich möchte diese Geheimnisse wissen. Verstehen wir uns?«
»Nein.«
»Du wirst mich darüber informieren, was die Hussiten planen. Aber ganz genau, Reinmar, ganz genau. Keine Prophezeiungen des
Malachias, keine diffusen Sterbedaten und ähnliche prophetische Enthüllungen.«
»Du hast uns in Ratibor belauscht, mich und Bożyczko.«
»Selbstverständlich habe ich euch belauscht. Da hast du mich beeindruckt, weißt du das?«
»Du hast ihm Informationen geliefert, bist aber deiner eigenen Überzeugung treu geblieben, hast keinen verraten und niemandem
geschadet. Es ist richtig, hätte ich mich damals nicht eingemischt, hätte Bożyczko dich schon noch zum Reden gebracht und
dich gezwungen, Einzelheiten preiszugeben. Und da ich ihn dabei gestört habe, ist es nur gerecht, wenn ich nun diese Einzelheiten
zu hören bekomme.«
»Eine merkwürdige Auffassung von Gerechtigkeit.« Er stand auf. »Hör zu, Rixa Fonseco. Ich will nicht dein Informant werden.
Von mir erfährst du nichts. Wenn das die Bedingung für unsere Zusammenarbeit ist, dann gibt es keine Zusammenarbeit.«
»Ich bin auf deiner Seite.« Rixa stand ebenfalls auf. »Das habe ich dir bewiesen. Ich werde dich nicht zur Untreue anstiften.
Ich will dich nicht zum Verrat aufrufen. Ich will Zusammenarbeit. Kooperation zu unser beiderseitigem Nutzen.«
»Zu unser beiderseitigem Nutzen. Unerhört!«
»Ich sag’ noch einmal, ich bin auf deiner Seite. Auch auf der Seite der Ideale, denen du treu bist.«
»Na klar«, er lachte laut auf, »du unterstützt aus voller Überzeugung den Kelch und liebst die Revolution der Hussiten und
willst deswegen aus purer Liebe Prokop ausspionieren und Tábor infiltrieren. Das ist Politik auf allerhöchster Ebene, wie
ich sehe. Ich kenne mich ein bisschen aus in der Politik, ich weiß, dass sie zwei einander abwechselnde Ziele hat: Das eine
ist die Verständigung, das andere der Konflikt. Eine Verständigung erreicht man, wenn eine Seite vorgibt, an den Unsinn zu
glauben, den die andere Seite erzählt. Wir beide haben leider einen Konflikt. Ich glaube nämlich nicht an den Unsinn, den
du erzählst. Und ich denke gar nicht daran, so zu tun, als glaubte ich ihn.«
Sie durchbohrte ihn mit ihren Blicken.
»Ich verlange gar nicht, dass du mir glaubst. Ich möchte eine Zusammenarbeit, keinen Glauben.«
»Ich werde nicht dein Informant werden. Schluss jetzt. Danke für deine Hilfe. Danke für deine bisherigen Bemühungen, mein
Schutzengel.«
»Hast du nicht noch etwas vergessen? Und Jutta?«
»Mit Erpressung erreichst du bei mir gar nichts. Leb wohl. Gott mit dir.«
»Leiser!« Sie lächelte. »Sonst hört das noch der Rabbiner. Reynevan, ich hab’ dich nur necken wollen.«
»Sag das bitte noch einmal.«
»Ich habe dich nur necken wollen. Ich war neugierig, wie du reagieren würdest. Ich bin auf deiner Seite. Ich will keine Informationen
von dir. Ich will dich nicht dazu verleiten, Geheimnisse preiszugeben. Ich werde dir helfen, Jutta zu finden und zu befreien,
ohne dass damit irgendwelche Versprechen oder Verpflichtungen verbunden sind. Willst du Jutta zurückhaben?«
»Das will ich.«
»Wir machen uns noch heute auf den Weg.«
»Ich habe eine Bitte.«
»Ich höre.«
»Neck mich nicht mehr. Nie wieder.«
Als sie die Stadt verließen, drehte sich Reynevan in Gedanken versunken noch ein paar Mal im Sattel um. Zum
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