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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Jan Královec schwieg niedergeschlagen vor sich hin.
    »Oh! Seht doch mal!« Salava deutete auf einen Reiter, der urplötzlich aufgetaucht war und über einen verschneiten Berghang
     nach Norden strebte. »Wer ist denn das? Doch nicht etwa der verwundete Deutsche? Hast du ihn freigelassen, Bruder Jan?«
    »Hab’ ich«, antwortete Královec unwillig. »Solch ein dürrer Kerl. Für den hätten sie kein Lösegeld gezahlt. Den soll doch
     gleich der Schlag treffen!«
    »Gott gibt’s, und der trifft ihn schon«, knurrte Piotr der Pole. »Der ist verwundet. Allein, ohne Hilfe, schleppt der sich
     nicht bis Breslau. Der kommt irgendwo in einer Schneewehe um.«
    »Der ist nicht allein und ohne Beistand«, erwiderte Jan Kolda und deutete auf den zweiten Reiter. »Ha! Das ist doch Reynevan
     auf seinem Trippler! Hast du ihm auch erlaubt, wegzureiten, Bruder?«
    »Ich hab’s ihm erlaubt. Ist der vielleicht kein freier Mann, oder was? Wir haben miteinander geredet. Der war hin- und hergerissen,
     ich hab’s gesehen, der trägt was mit sich rum. Schließlich hat er mir gesagt, dass er nach Breslau zurückmuss. Dann reite
     zurück, hab’ ich gesagt. Nichts weiter.«
    »Na, dann soll ’s Herrgöttl ihn in seine Obhut nehmen«, schloss Brázda und nieste. »Reiten wir, Brüder.«
    »Reiten wir.«
    Sie ritten den Hang hinab, holten mit einem kurzen Galopp die Kolonne ein und setzten sich an deren Spitze.
    »Ich würd’ gern wissen«, sagte Brázda zu dem neben ihm reitenden Jan Kolda, sein Pferd am Galoppieren haltend, »ich würd’
     gern wissen, was da so los ist, in der großen weiten Welt
. . .
«
    »Was ist denn jetzt schon wieder über dich gekommen?«Kolda wandte sich ihm zu. »Die Welt, die Welt. Was willst du denn von der Welt?«
    »Nichts«, gab Brázda zu. »Ich frag’ nur so aus Neugier.«
     
    Der Morgen war neblig, wenn auch für Februar ziemlich warm. Die ganze Nacht hatte Tauwetter geherrscht, und am Morgen hatte
     der Schnee zu schmelzen begonnen, die Abdrücke der Hufeisen und die von den Wagenrädern hinterlassenen Spurrinnen hatten sich
     eilends mit schwarzem Wasser gefüllt. Die Achsen und die Riemen der Zugstränge knarrten, die Pferde schnaubten, die Fuhrleute
     fluchten schläfrig. Die aus nahezu dreihundert Wagen bestehende Kolonne bewegte sich langsam vorwärts. Über der Kolonne lastete
     der schwere, drückende Geruch von Salzheringen.
    Sir John Fastolf wiegte sich schläfrig im Sattel. Die aufgeregte Stimme von Thomas Blackbourne, einem Ritter aus Kent, riss
     ihn aus dem Halbschlaf.
    »Was ist denn?«
    »De Lacy kommt zurück!«
    Reginald de Lacy, der Anführer der Vorhut, brachte vor ihnen sein Pferd so abrupt zum Stehen, dass sie wegen des Schlamms,
     der ihnen ins Gesicht spritzte, blinzeln mussten. In dem mit dem hellen Flaum der Jugend überzogenen Gesicht des jungen Ritters
     stand die Angst. Vermischt mit Aufregung.
    »Franzosen, Sir John!«, krähte er und zügelte sein Pferd. »Vor uns! Westlich und östlich von uns! Wir sind in der Falle! Eine
     große Streitmacht!«
    Wir sind hinüber, dachte Sir John Fastolf. Ich bin hinüber. Ich bin tot. Und dabei war es zum Greifen nah, so nah war es.
     Beinahe hätte es geklappt. Es hätte geklappt, wenn nicht
. . .
    Es hätte geklappt, dachte Thomas Blackbourne, wir hätten es geschafft, wenn du, John Fastolf, du widerlicher Saufbold, dich
     nicht in jeder Schenke am Wege bis zur Bewusstlosigkeit betrunken hättest. Wenn du, du schändliches Schwein, nicht in jedem
     Bordell der Umgebung herumgehurt hättest. Wäre dasnicht gewesen, hätten diese Froschfresser nie von uns erfahren und wir wären schon längst bei den Unsrigen. Und nun sind wir
     hinüber
. . .
    »Wie viele
. . .
«, Sir John befreite mit einem Räuspern seine Kehle, »wie viele sind es? Und wer? Hast du ihre Feldzeichen gesehen?«
    »Es werden
. . .
«, Reginald de Lacy wurde verlegen, schämte sich, dass er davongeprescht war, ohne sich die Feldzeichen der Franzosen genauer
     anzusehen, »etwa an die zweitausend werden es sein
. . .
Von Orléans, das ist gewiss der Bastard
. . .
Oder La Hire
. . .
«
    Blackbourne fluchte. Sir John seufzte insgeheim. Er blickte auf sein eigenes Heer. Auf hundert Panzerreiter. Hundert Reisige.
     Vierhundert walisische Bogenschützen. Auf die Fuhrleute und Wagenknechte. Und auf dreihundert Wagen. Dreihundert stinkende
     Wagen, angefüllt mit stinkenden Fässern voll stinkenden Salzheringen, in Paris gekauft und als Fastenspeise für das

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