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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Blackbourne hatten zwar kaum etwas von den Hussiten gehört, begriffen aber im Nu, was zu tun war. An der Spitze
     ihrer hundert Mann umfassenden Reiterei sprengten sie hinter den Wagen zum Gegenangriff und zur Verfolgung hervor. Sie waren
     den Schotten auf den Fersen und hieben so um sich, dass das Echo auf der Ebene davon widerhallte. Die Waliserauf den Wagen schrien triumphierend, stießen Lästerungen aus und zeigten den Fliehenden zwei erhobene Finger.
    Die Heringe stanken.
    Ich danke dir, Herr. Sir John Fastolf hob die Augen zum Himmel. Dank euch, ihr Wagen. Ruhm euch, ihr tapferen asiatischen
     Böhmen, Ruhm dir, Anführer Sheeshka, wenn auch dein Name heidnisch klingt, dein Kriegsgeschick ist wahrhaft groß.
I’ll be damned,
Ruhm auch mir, Sir John Fastolf. Schade, dass Bardolph und Pistol das nicht sehen konnten, meinen Jahrhundertsieg. Ha, diese
     Schlacht vor Rouvray am Samstag vor dem ersten Fastensonntag Anno Domini 1429 wird für immer als die Heringsschlacht berühmt
     sein. Und über mich
. . .
    Theaterstücke wird man schreiben über mich.

Zweites Kapitel
    in dem Reynevan in Breslau eine Verschwörung anzettelt. Aus Mängeln, sowohl in der Theorie wie auch in der Praxis der Verschwörung,
     führen anfängliche Erfolge zu einer Intrige, und zwar zu keiner geringen.
    Pater Felician, in der Welt vormals Hans Gwisdek, genannt die Laus, zurzeit Dechant an zwei Breslauer Gotteshäusern, weilte
     möglichst regelmäßig, etwa einmal im Monat, für gewöhnlich dienstags, in der wallonischen Siedlung um die St.-Mauritius-Kirche.
     Gründe dafür gab es mehrere. Zum einen waren die Wallonen dafür bekannt, dass sie schändliche schwarze Magie ausübten, und
     wenn man ihren Behausungen zu nahe kam, konnte es durchaus geschehen, dass man Gefahr lief, sich deren Wirkung auszusetzen.
     Für Fremde, die ungebeten oder in feindlicher Absicht des Weges kamen, war der
vicus sancti Mauritii
gefährlich, und die Eindringlinge hatten mit Konsequenzen zu rechnen – bis hin zum spurlosen Verschwinden. Eindringlinge,
     besonders Spione und Spitzel, trieben sich daher nicht in der wallonischen Siedlung herum. Und das kam Pater Felician sehr
     zupass.
    Die beiden anderen Gründe für den Aufenthalt des zweifachen Dechanten bei den Wallonen hatten ebenfalls mit der Magie zu tun.
     Auch untereinander. Pater Felician litt an Hämorrhoiden. Sein Leiden zeigte sich nicht nur durch blutigen Stuhl und unerträgliches,
     höllisches Brennen am Hintern, sondern zugleich auch durch eine erhebliche Schädigung seiner Manneskraft. Die Wallonen – genauer
     gesagt, die wallonischen Huren im Hurenhaus »Zur roten Mühle« – setzten, um Pater Felicians Beschwerden zu lindern, auf magische
     Heilmittel. Vonmagischem wallonischem Weihrauch umschwenkt, mit einem Klistier aus magischem wallonischem Balsam und mit einem magischen
     wallonischen Kataplasma behandelt, erreichte Pater Felician, um es klar und deutlich zu sagen, eine Steife, die es ihm immerhin
     mehr oder weniger ermöglichte, zu kopulieren. Die Huren in den städtischen Hurenhäusern verschwendeten keinen Gedanken an
     etwaige Heilmittel, sie jagten den Geistlichen einfach davon, lachten ihn aus und kümmerten sich einen Dreck um seine Schmerzen
     und seinen Kummer. Pater Felician wanderte also aus der Stadt hinaus. Zu den Walloninnen.
    Ein ernst zu nehmendes Hindernis für seine Ausflüge nach St. Mauritius war die Tatsache, dass er die Stadt verlassen musste,
     dazu noch heimlich, also nach Einbruch der Dunkelheit und nach dem
ignitegium
. Pater Felician hatte so seine Methoden, um insgeheim zu verschwinden und ebenso insgeheim zurückzukehren. Das Hauptproblem
     war die Entfernung von drei Stadien, die es zurückzulegen galt. Unter den nachts durch die Vorstädte schleichenden Beutelschneidern
     gab es auch welche, die der schlimme Leumund der Wallonen und die Fama von ihren schrecklichen Zauberkünsten nicht abschreckten.
     Auf seinen üblichen Ausflügen zur »Roten Mühle« zwängte Pater Felician sich daher in ein Kettenhemd, hängte sich ein Schwert
     um und nahm eine geladene Handfeuerwaffe mit, unterm Gehen hütete er sorgfältig die brennende Lunte, die er in seiner Kutte
     verbarg, und betete dabei laut auf Latein, übrigens ohne dieses zu beherrschen. Dass ihm bisher noch kein Unheil zugestoßen
     war, schrieb Pater Felician ebenjenen Gebeten zu. Und er hatte recht damit. Selbst die kühnsten Räuber, die weder Gesetz noch
     Gott fürchteten, nahmen beim

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