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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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belagerte
     Orléans bestimmt, für die achttausend Mann starke Armee des Earl of Suffolk. Heringe, dachte Sir John resigniert. Ich werde
     wegen Heringen aus dem Leben scheiden. Ich sterbe auf einem Haufen von Heringen. Mein Grab werden Heringe sein, ein Hering
     mein Grabstein.
By God!
Ganz London platzt vor Lachen.
    Dreihundert Wagen mit Heringen. Dreihundert Wagen. Wagen.
    »Pferde ausspannen!«, brüllte Sir John Fastolf wie ein Stier und stand in den Steigbügeln. »Die Wagen in einem Rechteck aufstellen!
     Deichseln und Räder aneinanderbinden! Bögen an alle ausgeben!«
    Jetzt ist er verrückt geworden, dachte Thomas Blackbourne. Oder noch nicht wieder nüchtern. Aber er rannte, um die Befehle
     auszuführen.
    Nun werden wir uns gleich davon überzeugen, was davon wahr ist, dachte Sir John, während er zusah, wie sich seine Armee in
     Bewegung setzte und aus den Wagen eine Schanze bildete.Davon, was sie über die Böhmen erzählt haben, über diese Hussites, dort irgendwo in Osteuropa oder Kleinasien
. . .
Von ihren triumphalen Siegen, von den vernichtenden Niederlagen, die sie den Sachsen und den Bayern zugefügt haben
. . .
Von ihrem berühmten Anführer, wie hieß der doch gleich
. . . Goddamned . . .
Sheeshka?
    Es war der zwölfte Februar Anno Domini 1429, der Samstag vor dem ersten Fastensonntag. Die Sonne blitzte hervor und zerstreute
     den niedrig hängenden Nebel. Die Heringe, schien’s, stanken noch stärker als zuvor. Von Osten her, vom Städtchen Rouvray,
     erklang, immer lauter werdend, das Trommeln von Hufen.
    »Bögen in die Fäuste!«, donnerte Thomas Blackbourne und zog sein Schwert.
»They’re coming!«
    Weder Blackbourne noch Sir John Fastolf hatten auch nur die geringste Ahnung davon, dass sie aus reinem Zufall noch am Leben
     waren, dass lediglich ein glücklicher Umstand sie gerettet hatte. Wäre dieser nicht gewesen, hätten sie das Morgenlicht nicht
     mehr erblickt. Jean Dunois, der Bastard von Orléans, hatte schon vor ein paar Tagen von diesem Heringstransport erfahren.
     Seine eineinhalbtausend Mann zählende Reiterei von Orléans und mit ihr La Hire, Xantrailles und der Schotte John Stuart warteten
     in einem Hinterhalt bei Rouvray, um kurz vor Tagesanbruch die englische Kolonne zu überfallen und zu vernichten. Obwohl man
     ihm eindringlich davon abgeraten hatte, stützte Dunois sein Vorgehen auf den vor Rouvray liegenden Grafen Clermont. Dieser
     sollte als Erster angreifen. Clermont war ein hübscher Jüngling, schön wie ein Mädchen. Er umgab sich stets mit anderen hübschen
     Jünglingen. Vom Krieg hatte er keine Ahnung. Aber er war ein Cousin König Karls VII., und man musste mit ihm rechnen.
    Das Jüngelchen Clermont, wie La Hire ihn nannte, hatte natürlich auf der ganzen Linie versagt. Er hatte den richtigen Augenblick
     versäumt und den Überraschungseffekt verpatzt. Er hatte den Befehl zum Angriff nicht gegeben, denn er war beschäftigt.Er frühstückte. Nach dem Frühstück wurde sein Haar mit Pomade eingerieben und frisiert. Während des Frisierens lächelte der
     Graf einem der ihm Gesellschaft leistenden Jünglinge zu, schickte ihm Küsschen und klimperte mit den Wimpern. Dunois’ Boten
     ignorierte der Graf. Die Engländer hatte er vergessen. Er hatte wichtigere Dinge und Pläne.
    In dem Wirrwarr und heillosen Durcheinander, als klar wurde, dass der richtige Moment verpasst worden war und man die Engländer
     nicht mehr überraschen konnte, als Dunois fluchte und La Hire und Xantrailles tatenlos herumstanden, hielt es John Stuart
     nicht mehr aus. Mit seinen schottischen Rittern ging er eigenmächtig zum Angriff gegen die englischen Wagen über. Hinter ihnen
     stürmte ein Teil der ungeduldig gewordenen Franzosen in den Kampf.
    »Zielt!«, schrie Dikkon Wilby, der Anführer der Bogenschützen, als er den heranstürmenden gepanzerten Keil erblickte, »zielt!
Remember Agincourt!«
    Ächzend spannten die Bogenschützen ihre Langbögen. Die gespannten Sehnen knarrten. Sir John Fastolf nahm seinen Helm ab, sein
     feuerrotes Haar glänzte wie eine Standarte.
    »Jetzt!«, brüllte er wie ein Auerochse.
»Fuck them good, lads! Fuck the buggers!«
    Drei Salven genügten, drei Pfeilhagel, um die Schotten aufzureiben. Bis zu den Wagen gelangten nur einige wenige, und auch
     nur, um dort den Tod zu finden. Speere und Spieße durchbohrten sie, Hellebarden und Streitäxte zerstückelten sie. Die Schreie
     der Sterbenden stiegen in den Winterhimmel empor.
    De Lacy und

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