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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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wurde.
    Als sie sahen, was geschah, liefen sie schnell weg und suchten nach einem Versteck. Der Mauerläufer zielte nicht auf einen
     von ihnen: Er warf nur die Feuerkugel in die Luft. Dort explodierte sie wie ein gewaltiger Blitz.
    Die entstehende Verwirrung nutzend, galoppierte der Mauerläufer zu Douce, die gerade aufstand, zog sie zu sich aufsPferd und raste auf den Hügel zu, auf dem die Windmühle stand. Rixa zielte mit der Handkanone auf sie, verfehlte sie jedoch.
    Reynevan aber verfehlte sie nicht.
    Der von einem Bolzen getroffene schwarze Hengst schrie, schwankte, warf sich hin und her und schleuderte dabei seine Reiter
     herunter. Der Mauerläufer und Douce wandten sich zur Flucht. Douce hinkte.
    Reynevan packte eines der auf dem Anger umherirrenden Pferde am Zügel, brachte es zum Stehen, sprang in den Sattel und nahm
     die Verfolgung auf. Der Mauerläufer drehte sich um; als er das Maul des Pferdes dicht über seinem Kopf schweben sah, heulte
     er vor Schreck auf, wich aber geistesgegenwärtig nach hinten aus, hob die Hand und stieß einen Spruch hervor. Aus seinen Fingern
     sprühte ein Regen von Feuerfunken und glühenden Nadeln. Das Pferd wieherte und bäumte sich auf. Reynevan fiel herunter und
     riss dabei die Stange des Zaumes mit. Der Mauerläufer ergriff die Zügel und sprang in den Sattel. Er galoppierte in wilder
     Flucht davon.
     
    Douce von Pack stand ganz oben auf der Treppe, die zur Windmühle führte. Mit gezücktem Schwert, wehenden Haaren und gebleckten
     Zähnen. Ihrer Kehle entstieg ein unmenschliches Röcheln, dem wütenden Fauchen einer gereizten Katze ähnlich.
    Scharley hatte bereits den Mund geöffnet, um sie aufzufordern, die Waffe wegzuwerfen und sich zu ergeben, aber Rixa hielt
     ihn zurück und schüttelte den Kopf. Sie blickte ihm eindringlich in die Augen, und er begriff.
    Es gab kein Pardon.
    Sie packten das Türchen des Schweinekobens, das Tybald herausgerissen hatte, nutzten es als Schild und drangen die Stufen
     empor. Sie drängten Douce gegen die Tür, stießen sie ins Innere und stürmten hinterher.
    Der Wind wehte, die Windmühlenflügel setzten sich in Bewegung,die Räder innen griffen ineinander, begannen sich zu drehen und zu klopfen.
    Scharley packte Douce am Arm und zwang sie, indem er ihre Finger presste, das Schwert fallen zu lassen. Douce riss sich los
     und zog ein Messer heraus. Rixa versetzte ihr mit dem Griff ihrer Axt einen Hieb. Dann stieß sie das Mädchen. Direkt in das
     Mahlwerk mit Zahnradgetriebe.
    Ein leichter Wind war aufgekommen.
    Das Räderwerk aus hartem Eichenholz erfasste Douces Arm und fraß sich hinein wie ein Wolfsgebiss, Zahn für Zahn. Knochen knackten.
     Douce brüllte auf. Sie versuchte, sich loszureißen, aber das Gewinde hielt sie fest. Wieder kam ein leichter Wind auf, der
     Mechanismus arbeitete, die Übersetzung brachte das Räderwerk erneut in Gang, es näherte sich Douces Brust. Douce schrie so
     laut, dass der Staub aus allen Ritzen rieselte.
    Scharley und Rixa sahen sich an. Sie zuckten mit den Achseln. Und gingen hinaus.
    An den Stufen wartete Tybald. Etwas weiter weg half Samson dem sich mit Mühe erhebenden Reynevan wieder auf die Beine.
    »Ja und?«, fragte Tybald und deutete mit dem Kopf auf die Mühle. »Ja und?«
    »Nichts«, erwiderte Rixa kühl. »Wir warten auf Wind.«
     
    Die Luft vibrierte, man spürte den aufkommenden Wind.
    Der Mauerläufer hatte bereits ein gutes Stück Weg zurückgelegt. Jetzt hielt er an und wendete sein Pferd. Er sah sich um.
    Er lauschte. Die Entfernung war zwar bedeutend, aber er hörte es.
    »Lass mich nicht allein! Verlass mich nicht! Lass mich nicht allein!«
    Das Gesicht des Mauerläufers blieb reglos. Und nach einer Weile erhob sich ein riesiger Vogel flügelschlagend aus dem Sattel.
     Er schlug die Flügel, stieg empor und flog in den Himmel,in die niedrigen Wolken. Er schwebte davon und verschwand.
    »Lass mich niii
. . .
«
    Der Wind heulte. Die Flügel der Windmühle zitterten. Dann bewegten sie sich mit einiger Mühe, einen Widerstand überwindend.
     Und schließlich drehten sie sich einwandfrei und ohne die geringste Störung.
     
    Den letzten schwarzen Reiter, ohne Waffen und Helm, trieben Rixa und Tybald zur Tür eines verfallenen Schuppens. Er fiel auf
     die Knie und flehte um Gnade. Aber an diesem Tag wurde kein Pardon gegeben. Tybald packte den Reiter bei den Haaren, Rixa
     setzte ihm mit einer ruckartigen Bewegung das Stilett unters Kinn. Dann stieß sie zu und trieb die

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