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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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interessieren?«
    »Christine de Pisan, die französische Dichterin. Weißt du noch?
Seulete sui et seulete vueil estre . . .
Ach so, Witold ist auch gestorben, der Großfürst von Litauen. Ende Oktober 1430.«
    »Woran?«
    »Er hat sich bei einem Sturz vom Pferd verletzt, war lange krank
. . .
«
    »Hat er sich bei diesem Sturz an einem Eisen verletzt?«
    »Ich weiß nicht. Möglich ist es schon. Nun zu den anderen Geschehnissen: Sigismund aus dem Geschlecht der Luxemburger ist
     zum Kaiser gekrönt worden. Und in Pabianice hat König Jagiełło mit den Hussiten ein Abkommen und ein Schutz- und Trutzbündnis
     gegen den Deutschen Orden geschlossen. Im Juni letzten Jahres sind die Waisen von Jan Čapek ze Sán Seite an Seite mit den
     Polen in die Neumark eingedrungen
. . .
«
    »Das habe ich erfahren.« Reynevan nahm die Kompressen ab und zwinkerte. »Die Aufseher haben selten mit mir gesprochen, aber
     einer war auf die Deutschordensritter recht schlecht zu sprechen und musste seine Freude über den Sieg mit jemandem teilen.
     Und was war bei uns los? Hat Korybut sich sein Königreich Oberschlesien herausgepickt?«
    »Eigentlich nicht. Er residierte in Gleiwitz, das er zur Hauptstadt seines Königreiches machen wollte. Am vierten April 1431,
     drei Tage nach Ostern, haben die Herzöge von Oels die Burg durch Verrat genommen und die ganze Burgmannschaft ausgelöscht.
     Korybut hatte Glück, dass er zu dieser Zeit nicht in Gleiwitz war. Aber sein Traum von einem Königreich ist zerplatzt wie
     eine Seifenblase. Der Prinz ist nach Litauen zurückgekehrt. Also ins Dunkel und in die Vergessenheit.«
    »Bolko Wołoszek?«
    »Der hat recht großspurig begonnen. Er hat sein Territorium so erweitert, wie er es geplant hatte, und Städte und Burgen erobert,
     eine nach der anderen. Aber er hat sich nirgendwo lange gehalten, überall haben sie ihn davongejagt. Seine letzten Eroberungen,
     Beuthen und Rybnik, hat ihm Nikolaus von Ratiborvor einem Jahr wieder abgenommen. Das Rad der Geschichte hat sich weitergedreht, Wołoszek ist wieder da, wo er am Anfang war,
     also im Herzogtum Oppeln. Und dort bleibt er auch.«
    »Puchała? Bedřich? Piotr der Pole? Und die anderen?«
    »Puchała hatte Kreuzburg und Pitschen besetzt, von dort aus hat er gemeinsam mit einem gewissen Kochłowski aus Wieluń Überfälle
     unternommen, geraubt und gebrandschatzt und den Schlesiern schrecklich zugesetzt. Sie haben ihn bekämpft, ihn wochenlang belagert,
     vergeblich. Schließlich waren beide Seiten des Krieges müde und haben sich entschlossen, die Differenzen auf dem Verhandlungsweg
     beizulegen. Nach Abschluss der Verhandlungen hat Puchała Kreuzburg für tausendzweihundertfünfzig und Pitschen für fünfhundert
     Schock Groschen übergeben. Er hat die Burgen übergeben und ist aus Schlesien fortgezogen. Mit Čapeks Waisen war er in der
     Mark und vor Danzig. Aber er ist nicht mit nach Böhmen zurückgekehrt, sondern in Polen geblieben.«
    »Jan Pardus hält sich auf Burg Ottmachau auf, die er vor drei Jahren erobert hat. Und Bedřich ze Strážnice und Piotr der Pole
     haben ihre Stützpunkte in Nimptsch und Würben errichtet, die Schlesier versuchen ständig, sie von dort zu vertreiben.«
    »Wie denn das? Das verstehe ich nicht.«
    »Hast du nicht zugehört? Die Pläne, eine Herrschaft über Oberschlesien zu errichten, haben sich in nichts aufgelöst. Zu einer
     polnischen Intervention ist es nicht gekommen, und die Schlesier drängen die Hussiten, die sich selbst überlassen sind, aus
     ihren Gebieten hinaus. Auf Unterstützung aus Böhmen können die beiden nicht rechnen, denn dort hat sich die Situation entscheidend
     geändert.«
    »Inwiefern?«
    »Die Leute sind müde. Vom Krieg, Elend, Hunger, Chaos, von den lästigen Durchmärschen von Armeen, von Vergewaltigungen, vom
     Morden und von Plünderungen. Wenn alsoeiner anfängt, vom Frieden zu reden, von der Rückkehr zu Recht, Ordnung und dem alten Wertesystem, bekommt er sofort Anhänger.
     Und derartige Parolen geben die Vertreter einer gemäßigten Versöhnungspolitik aus. Und sie erhalten Zulauf. Auf Kosten Prokops
     und der Waisen, die ihre Anhänger verlieren. Die Revolution hat sich an ihren eigenen Kindern satt gefressen und deren Blut
     getrunken. Die Revolution ist zu revolutionär geworden, plötzlich sind die Revolutionäre selbst über sie erschrocken. Die
     Radikalen sind plötzlich über den Radikalismus erschrocken, die Extremisten über den Extremismus, die Fanatiker

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