Luzifers Hammer
sagte Harvey. »Ich weiß, wo sie wohnen. In einer kurzen Seitenstraße, eine halbe Meile von hier entfernt. Die Straße ist einen halben Block lang. Sie hatten das Schild in ›Snow Mountain‹ umgemalt.« Er hielt inne.
»Sie werden jetzt nicht da sein«, sagte Mark. »Sie fuhren nach Norden, Richtung Mulholland.«
»Frank, Mark und ich«, sagte Joanna, »wir hatten unsere Motorräder dabei.« »Sie kamen aus deiner Straße«, sagte Mark. »Ich wollte wissen, was hier vor sich geht. Ich hielt an und hob die Hand, du weißt schon, so wie es Motorradfahrer zu tun pflegen, wenn sie ein freundschaftliches Gespräch führen wollen. Und einer dieser Hunde hat mit einer Flinte auf mich geschossen!«
»Sie haben Mark verfehlt und Frank getroffen«, sagte Joanna.
»Frank fiel sofort um. Wenn ihn der Schuß nicht getötet hatte, dann wohl der Sturz. Die Motorradfahrer brausten weiter. Wir wußten nicht, was wir tun sollten, und da sind wir so schnell wie möglich hierher gekommen. Wir ahnten schon so was.« »Mein Gott«, sagte Harvey. »Ich bin eine halbe Stunde vor euch eingetroffen. Sie müssen irgendwann da gewesen sein. Ganz in der Nähe, während ich … während ich …«
»Tja«, sagte Joanna. »Wir werden sie bestimmt Wiedererkennen. Schwere Maschinen, etwas demoliert. Und Aufschriften am Auto. Wir werden sie erkennen.«
»Ich habe diese Gang nie vorher gesehen«, fügte Mark hinzu.
»Wir haben im Augenblick keine Möglichkeit, sie zu fangen.
Harv, wir können nicht hier bleiben. Das Los Angeles-Becken ist überflutet, alle Leute dort unten sind in der Flutwelle umgekommen, aber rundherum in den Bergen müssen mindestens eine Million Leute stecken, und es ist so gut wie sicher, daß nicht genug Lebensmittel vorhanden sind. Es wird bestimmt einen günstigeren Platz geben, wo wir hinkönnen.«
»Frank wollte in die Mohawe«, sagte Joanna. »Aber Mark dachte, wir sollten nach Ihnen schauen …«
Harvey sagte nichts. Er stellte das Gewehr hin und starrte auf die Wand. Sie hatten ja so recht. Es war im Augenblick unmöglich, die Motorradfahrer aufzutreiben, und er war müde.
»Vielleicht haben sie eine Spur hinterlassen«, meinte Mark.
Harvey antwortete nicht.
»Wir werden sowieso alles durchsuchen«, sagte Mark. »Jo, du nimmst das Haus. Ich werde mich draußen umsehen, in der Garage und sonst wo. Aber den Karavan können wir nicht unbeaufsichtigt lassen. Los, Harv, komm!« Er packte Harvey am Arm und stellte ihn auf die Füße. Mark erwies sich als überraschend kräftig. Harvey leistete keinen Widerstand. Mark führte ihn zum Wagen, verfrachtete ihn auf dem Beifahrersitz und legte ihm die Olympiapistole in den Schoß. Dann schloß er alle Türen und ließ Harvey im Wagen sitzen, während er immer noch in den Regen hinausstarrte.
»Kommt er wieder zu sich?« fragte Joanna.
»Ich weiß es nicht. Aber er ist einer von uns«, sagte Mark.
»Los, schaun wir mal nach, ob wir was finden können!«
Mark fand Harveys Chlorox-Flaschen mit Wasser in der Garage. Da lag noch anderes Zeug rum, Schlafsäcke, feucht, aber brauchbar. Offensichtlich hatten die Motorradfahrer ihre eigenen und hatten sich nicht darum gekümmert. So was Dummes! dachte Mark. Harveys arktischer Armeeschlafsack war besser als alles, was die Motorradfahrer haben konnten.
Nach einer Weile schleppte er seine Beute zum Wagen und öffnete die Hecktür. Dann holte er die kleinen, verschmutzten Motorräder, die er und Joanna gefahren hatten. Zuerst wollte er Harvey um Hilfe bitten, doch dann fand er eine schwere Planke und benutzte sie als Rampe. Mit Joannas Hilfe wuchtete er eins der Räder in den Fond und legte allerhand Zeug drüber.
»Harv, wo ist Andy?« fragte er schließlich.
»Er ist in Sicherheit. Oben in den Bergen. Mit Gordie Vance … Marie!« rief Harvey aus. Er sprang aus dem Wagen und rannte zu Gordies Haus hinüber. Dann blieb er stehen. Die Vordertür war offen. Harvey stand da und hatte nicht den Mut, ins Haus zu gehen. Was, wenn sie in Gordies Haus gewesen wären … während Harvey um Loretta trauerte? Himmel, was bin ich für ein nutzloser Niemand …
Mark betrat das Vance-Haus und kam wenige Minuten später wieder heraus. »Ich habe alles durchsucht, aber es ist keiner zu Hause. Kein Blut. Nichts.« Er ging zur Garage und versuchte, die Tür zu öffnen. Die Tür ging ganz leicht auf, das Schloß war kaputt. Als die Tür aufschwang, stellte sich heraus, daß die Garage leer war. »Harv, welchen Wagen fährt dein
Weitere Kostenlose Bücher