Luzifers Hammer
dieser Regen. Was war denn damit? »Oha. Bin ich also ein Mitglied des Establishments?«
»Das ist doch eine Uniform, nicht wahr?« sagte Beck, und die anderen lachten. Harry blickte zu Boden. »Irgendeiner hätte es mir sagen müssen. Also schön, Sie können mich nicht ernähren und können mich auch nicht weiterbefördern …« »Kein Benzin mehr da, vielleicht für alle Zeiten. Der Regen wird den Großteil der Ernte vernichten. Sie werden das einsehen, Harry.«
»O ja. Können Sie mir für fünf Minuten ein Beil borgen?«
»Tony, hol das Beil!«
Tony begab sich ins Haus, und Hugo fragte: »Was wollen Sie damit?«
»Ich möchte die Wurzeln von meinem Wanderstab abhacken.«
»Und was dann?«
Doch er brauchte nicht zu antworten, weil Tony bereits mit dem Beil zurück war. Die Shire-Leute schauten zu, und Hugo fragte erneut: »Was wollen Sie jetzt machen?« »Die Post zustellen«, sagte Harry.
»Warum?« rief ein hübsches blondes Mädchen. »Es ist alles vorbei, Mann! Keine Briefe mehr an deinen Kongreßabgeordneten. Keinen Playboy mehr. Keine Steuerformulare mehr – oder … Wahlpropaganda. Du bist frei. Zieh die Uniform aus und tanze!« »Dafür ist’s mir zu kalt. Und meine Füße schmerzen.«
»Nimm eine!« Der schweigsame Riese reichte ihm eine dicke selbstgedrehte Zigarette durch den Zaun, indem er sie mit Tonys Hut schützte. Harry sah zwar, daß die anderen nicht ganz damit einverstanden waren, aber er nahm sie. Er hielt seine Mütze drüber, während er die Zigarette anzündete und einen tiefen Zug nahm. Ob sie das Zeug hier anpflanzen? Harry hatte nicht danach gefragt. Aber … »es wird euch schwer fallen, irgendwelche Papiere zu bekommen.«
Sie sahen sich an. So etwas war ihnen noch nie passiert.
»Laß die übrige Post sein. Es gibt keinen Mülltag mehr.«
Harry reichte das Beil durch den Zaun zurück. »Danke. Danke auch für die Zigarette.« Er nahm das Baumstämmchen wieder zur Hand. Jetzt fühlte er sich leichter, irgendwie besser auf den Beinen. Er steckte den Arm durch den Riemen seine Posttasche.
»Immerhin, da ist die Post. ›Weder Regen noch Sturm, weder Hitze noch Nacht‹ und so weiter …«
»Was macht das schon?« fragte Hugo Beck, »angesichts eines Weltuntergangs?« »Ich denke, das bleibt jedem selbst überlassen. Ich werde jedenfalls die Post austragen.«
DER BRIEFTRÄGER
ZWO
Die italienische Post weist im Unterschied zur Post der Vereinigten Staaten folgende Merkmale auf:
Unzulänglichkeiten und verspätete Zustellung
altmodische Organisation
Fehler vom Amt und schlechte Bezahlung
Hohe Streikquoten
sehr hohes
Betriebsdefizit
Roberto Vacca, The Coming Dark Age
Carie Roman war eine Witwe in mittleren Jahren mit zwei großen Söhnen in Harrys Alter, die ihn aber um Kopfeslänge überragten. Carrie war fast so groß wie ihre Jungs, drei joviale Riesen, und es war eine von Harrys Kaffeestationen. Einmal hatten sie Harry sogar in die Stadt gefahren, um einen Defekt am Postauto zu melden. Harry war also sehr optimistisch, als er an ihrem Tor anlangte. Natürlich war das Tor mit einem Vorhängeschloß gesichert, aber Jack Roman hatte eine Klingelleitung zum Haus verlegt. Harry drückte auf den Knopf und wartete.
Der Regen ging leise und unerbittlich auf ihn nieder. Wenn es von unten nach oben zu regnen begonnen hätte, so hätte es Harry auch nicht gemerkt. Der Regen war überall.
Wo die Romans bloß steckten? Zum Teufel, natürlich hatten sie keinen Strom! Harry versuchte es noch einmal mit Klingeln.
Aus dem Augenwinkel bemerkte er eine Gestalt, die tief gebückt hinter einem Baum hervorsprang. Die Gestalt war nur für einen Augenblick sichtbar, dann verschwand sie zwischen den Büschen. Doch sie hatte etwas bei sich, was nach einer Schaufel oder nach einem Gewehr aussah, und sie war zu klein für einen der Romans. »Die Post ist da!« rief Harry freundlich. Was zum Kuckuck ging hier eigentlich vor? Dann war ein Schuß zu hören, und Harry spürte so etwas wie einen Aufschlag an seiner Taschenkante. Harry warf sich flach auf den Boden. Die Tasche kam über ihn zu liegen, während er nach einem Schutz suchte, und sie ruckte noch einmal, während gleichzeitig ein zweiter Schuß krachte. Eine Zier, dachte er. Keine große Waffe, sicherlich nicht zu groß für dieses Tal. Er robbte hinter einen Baum, und sein Atem schlug hastig und sehr laut an sein Ohr. Harry nestelte die Tasche von den Schultern und setzte sie ab. Er fingerte darin herum und holte
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