Luzifers Hammer
Jackie starrte in die Nacht hinaus, seine Stimme klang ruhig, aber Alim spürte, daß Jackie lange darüber nachgedacht hatte. »Das ganze verdammte System ist im Eimer«, sagte Jackie. »Das, was wir wollten, ist eingetroffen, das System ist hin, der Hammer hat all den Bullen und dem Rathaus und den reichen Bastarden den Garaus gemacht … aber uns hat es nichts gebracht, weil wir einfach zu wenige sind.«
»Scheiße. Ich habe alles herausgeholt, was nur irgend ging«, sagte Alim. »Oder vielleicht nicht?«
»Nee, du hast getan, was du konntest«, sagte Jackie. »Es ist nicht dein Fehler, daß es nicht gereicht hat. Alim, komm mal hier rauf und schau runter.«
Durch den Nieselregen schimmerte Licht. Es mußte ein Lagerfeuer sein, irgendein Lagerfeuer, das nordwärts am Ufer brannte.
»Ich sehe besser als du«, sagte Jackie, »vielleicht siehst du nicht, daß es zwei Feuer sind. Zwei. Wie viele Leute müssen es sein, bis es sich lohnt, zwei Feuer anzumachen?«
»Jede Menge. Glaubst du, daß sie unser Feuer gesehen haben?«
»Nee. Da ist keiner langgegangen. Und sie kümmern sich einen feuchten Kehricht darum, ob man sie sieht oder nicht. Überleg dirs mal.«
Macht. Diese Gruppe brauchte sich nicht zu verstecken. Sie besaß Macht. »Polizei?
Ein Trupp, der uns sucht? Nee, wir waren nicht weiter nördlich, keiner hat Interesse daran, hinter uns her zu sein.«
»Vielleicht wird es Chick davon abbringen, mich zu töten«, sagte Jackie.
»Warum willst du mich ablenken? Du hast diese Feuer gesehen und bist nicht gekommen, es mir zu sagen.«
»Ich mußte Wache halten. Und keiner ist hier heraufgekommen. Ich hielt Wache.« Er schien wegen Chick ehrlich beleidigt. »Gut. Du bleibst hier oben und paßt auf. Ich schicke dir Gay mit dem Fernglas.«
Im grauen Morgenlicht kam Jackie den Hügel herunter. Alim hatte seine Leute bereits auf die Beine gebracht. Sie hatten ihre Sachen gepackt, und nun standen die Brüder herum und warteten, und die Waffen wogen schwer in ihrer Hand.
Jackie ging zuerst zu Chick und Cassie. Alim konnte nicht hören, was sie sagten, aber Chick hatte eine Waffe in der Hand und machte keinen Gebrauch davon. Dann wandte sich Jackie ab und kam, um Bericht zu erstatten.
»Sie sind da, und sie sind organisiert. Fünfzig, sechzig, vielleicht auch mehr. Viel mehr vielleicht, sie sitzen nicht alle auf einem Haufen. Da ist eine Frau und ein Weißer. Sieht aus wie ein Kaninchen, trägt die Reste eines Anzugs und einen Schlips. Der Rest ist Militär.«
Jackie machte eine Pause.
»Militär? Ach, Scheiße!« sagte Alim Nasser.
»Merkwürdiges Volk«, sagte Jackie. »Sie tragen Uniform und leichte Waffen, aber sie benehmen sich nicht wie Armeeangehörige. Und da sind auch ein paar Zivilisten darunter.«
Alim runzelte die Stirn, und Jackie fuhr fort: »Sie haben aber auch noch andere Waffen, Alim. Maschinenpistolen und solche Dinger, die aussehen wie ein Ofenrohr …«
»Panzerfäuste«, sagte Alim.
»Tja. Und ein Ding so groß wie eine Kanone, das von zwei Mann getragen wird. Die können, glaube ich, mit diesem Ding ein Haus in die Luft jagen. Ich habe so was mal im Fernsehen gesehen. Und ich glaube, sie wollen nach Norden.«
Alim mußte die Nachricht erst verdauen. Das hieß, daß diese Gruppe von Osten hergekommen sein mußte, weil sie sie bis jetzt noch nicht gesehen hatte. Sicher waren sie nicht aus dem See gekommen, von Westen her, wo San Joaquin unter Wasser lag.
»Vielleicht ist es besser, wir folgen ihnen«, sagte Swan. Er hatte alles mitgehört. »Das scheinen zähe Burschen zu sein.«
»Und bevor wir’s uns versehen, ist alles kahlgefressen«, sagte Alim. Er hütete sich, zuviel zu sagen. Er war sich unschlüssig darüber, was zu tun sei, und er wollte lieber hören, was die anderen sagten, bevor er sich äußerte. »Ich gehe am besten hinauf und schaue nach.«
Er übergab Swan das Kommando und schärfte ihm ein, was zu tun sei, wenn sich die Militärpatrouille nähern sollte, und ließ sich dann von Jackie den Berg hinaufführen. Das war nun nichts gegenüber den Schwierigkeiten, mit denen er bisher hatte fertig werden müssen. Das hatte ihm noch gefehlt, mit einer Handvoll Wochenendkriegern und ein paar Gewehren gegen eine militärische Formation anzutreten! »Jetzt wissen wir’s«, sagte er. Jackie schaute ihn an. »Wir wissen, warum sich alle versteckt hielten«, sagte Alim.
Keine Lebensmittel. Vor zwei Tagen hatten sie einen halb versunkenen Supermarkt ausgeräumt, der
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