Luzifers Hammer
Schutz gegen den Nieselregen. Er setzte sich zu Hugo Beck. Dem Mann dürfte es inzwischen gereicht haben, gemieden zu werden. Mark und Gillcuddy bestiegen das gleiche Boot. Horrie Jackson setzte sich auf den Führersitz und schaute sich dann um, während Johnny Baker die Cindy Lu kommandierte.
»Ich nehme nicht an, daß sie für einen Astronauten zu schnell ist!« rief er. »Aber unter dem Zelt bleiben Sie zumindest trocken!«
Baker lachte. »Was macht schon das bißchen Regen für einen verliebten Mann aus?« Und er setzte die Cindy Lu mit einem Kavaliersstart in Bewegung.
Die kleine Flotte legte vorsichtig vom Ufer ab und stach in den Binnensee. Das Wasser war gefährlich durchsetzt mit Baumwipfeln, schwimmendem Unrat und Telefonmasten. Horrie Jackson fuhr mit dem Kabinenboot voraus, langsam und vorsichtig. Das Dach eines Silos zeigte an, wo eine Scheune unter Wasser liegen mußte. Er machte einen großen Bogen. Es sah so aus, als wüßte er genau, wo er die Fahrrinne zwischen all den Inseln und Hindernissen finden konnte.
Die Nacht war nicht kohlrabenschwarz. Ein schwacher Glanz über dem Nieselregen zeigte an, wo der Mond hinter der Wolkendecke stand.
Mark kramte Maiskörner hervor und reichte sie herum. Sie hatten ganze Säcke voll Maismehl bei sich und eine ganze Menge von kleinen runden Maiskuchen, die ausreichten, um sie zu ernähren, während sie über das Wasser fuhren. Bis dann Hugo Beck einen dieser Maisfladen in Horrie Jacksons Hand legte.
»He!« schrie Horrie. Er biß hinein, stopfte den Brocken in den Mund und versuchte, dabei zu sprechen. »Da liegt getrockneter Fisch genau mir zu Füßen. Reicht ihn rum! Es gehört alles euch! Ich hatte das alles für mich aufgehoben, alles für mich allein.« Mark war verblüfft. »Was findest du so Besonderes an Maisfladen?«
Horrie schluckte seinen Bissen runter. »Weil es eben kein Fisch ist! Schau, die ganze Welt rundum ist am Verhungern, nur wir nicht. Wir verhungern nicht. Wir haben ein paar Monate gehungert, und urplötzlich gab es dann überall Fisch, aber nur zwei Arten: Wels und Goldfisch. Das Problem ist nur, ihn zu kochen. Wir …«
»Moment mal!« sagte Mark. »Ihr habt doch nicht etwa wirklich Goldfische gesehen?«
»Sie sahen aus wie Goldfische, aber groß. Das, was Sie gerade essen. Gary Fisher sagt, Goldfische können ganz schön groß werden. Den Wels hat es in den Flüssen immer schon gegeben. Wollen Sie, daß ich den Mund halte? Dann geben Sie mir mal den Beutel mit den Maisdingern rüber.«
Sie reichten Horrie den Beutel. Tim aß mit Genuß. Er hatte seit langer Zeit keinen Fisch mehr gegessen, und er schmeckte gut, selbst im getrockneten Zustand. Er fragte sich, woher plötzlich die vielen Fische kamen, dann überlegte er, wie sehr ihre Nahrungsmittelzufuhr explodiert war. All die toten Dinge, die im Wasser herumschwammen. Doch das störte ihn nur für einen Augenblick.
»Aber warum Goldfische ?« wunderte sich Mark Cescu.
Gillcuddy lachte ihn an. »Kann man sich leicht vorstellen. Da ist ein steigender Süßwassersee, und da ist ein Wohnzimmer mit einem Goldfischglas. Das Wasser steigt, drückt die Panoramascheibe ein, und plötzlich werden all die niedlichen kleinen Haustierchen aus ihren Käfigen gerissen und in die weite Welt verstreut. ›Endlich frei!‹ erschallt ihr Ruf.« Gillcuddy biß in ein Goldfischfilet und setzte hinzu: »Freiheit hat natürlich ihren Preis.«
Horrie stopfte schweigend Maisfladen in sich hinein.
Mark wühlte in den Taschen und holte ein kleines Zigarrenende heraus. Er steckte es in den Mund und kaute darauf herum.
»Ich könnte meilenweit gehen für eine Lucky Strike«, sagte er.
»Vielleicht wäre ich sogar zu einem Mord fähig.«
»Sie werden recht bald Gelegenheit dazu haben«, sagte Jason Gillcuddy.
Mark grinste in der Finsternis. »Das will ich hoffen. Deswegen habe ich mich freiwillig gemeldet.«
»Wirklich?« fragte Tim.
»Nicht ganz. Alles geht über Steineklopfen.«
Jason Gillcuddy mußte lachen, ihm war ein Gedanke gekommen. »Laß mal sehen«, sagte er. »Sie würden jemanden für eine Lucky Strike töten. Würden Sie jemanden wegen einer Tayreton zum Krüppel schlagen?«
»Sicher«, stimmte Mark lachend zu.
»Und wegen einer Barlton Verwünschungen ausstoßen?« fragte Hugo Beck. Alle lachten, doch das Lachen ebbte plötzlich ab. In Becks Nähe waren sie immer noch nervös.
»Nun wissen Sie also, warum ich da bin«, sagte Mark. »Aber Sie, Tim?«
Tim schüttelte den Kopf.
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