Luzifers Hammer
ich bin’s«, sagte Corrigan. »Wollen wir mal miteinander reden?« »Ich weiß nicht, Chef.«
»Vor etwa einem Monat hätte ich geschworen, daß Sie verliebt sind. Sie liefen mit einem merkwürdigen Gesicht herum, und manchmal waren Sie todmüde und grinsten übers ganze Gesicht. Ich glaubte, Ihre Leistung würde nachlassen, aber das war nicht der Fall.«
»Es war Liebe«, sagte sie und lächelte. »Er heißt Tim Hamner. Er ist immens reich. Er will, daß ich ihn heirate. Das hat er mir gestern Abend gesagt.«
»Hm«, sagte Corrigan, dem dies gar nicht gefiel. »Die Frage ist natürlich, ob der Betrieb ohne Sie zusammenbricht.«
»Natürlich war dies das erste, woran ich gedacht habe«, sagte Eileen und sah dabei so nachdenklich aus, daß Corrigan nicht wußte, was er davon halten sollte.
»Berufsrisiko«, sagte er brüsk. »Lieben Sie ihn?«
»Oh … ja. Nur … ach, nichts. Ich habe es mir bereits überlegt«, sagte sie, »schließlich geht es nicht allein um mich.« Und sie begann, so wild auf die Tasten zu hämmern, daß Corrigan wieder an seinen Schreibtisch flüchtete.
Sie mußte dreimal bei Tim anrufen, bis sie ihn erreichte. Ihre ersten Worte waren: »Tim? Es tut mir leid, aber die Antwort ist nein.«
Lange Pause. Dann: »Okay. Kannst du mir sagen, warum?«
»Ich will’s versuchen. Es ist … ich glaube, es klingt albern.«
»Wieso das?«
»Kurz bevor wir uns kennen lernten, wurde ich stellvertretender Geschäftsführer bei Corrigan’s Plumbing Supplies.«
»Das hast du mir gesagt. Hör zu, wenn du befürchtest, deine Unabhängigkeit zu verlieren, so bin ich bereit, sagen wir hunderttausend Dollar zu spendieren, dann kannst du so unabhängig sein wie irgendeiner.«
»Irgendwie habe ich geahnt, daß du so was sagen würdest … aber das ist es nicht. Es geht um mich. Ich habe mich viel mehr verändert, als mir lieb ist. Was ich bin, habe ich mir selbst zu verdanken, und ich möchte auf meinen Erfolg stolz sein können.«
»Du willst deinen Job behalten?« Tim fiel es schwer, dies zu sagen. Der Gedanke war einfach absurd. Aber – »Okay.«
Eileen stellte sich vor, wie sie jeden Morgen in einer Limousine mit Chauffeur bei Corrigan’s vorfuhr – und sie lachte. Schließlich würde eines Tages doch alles der Teufel holen.
Colleen las in einem Taschenbuch, mit Lockenwicklern im Haar. Sie hatte das Stereo eingeschaltet, und manchmal klopfte sie im Rhythmus der Musik auf das Tischchen, das neben ihrem Lehnsessel stand.
Fred fragte sich sehnsüchtig, was sie wohl hören mochte. Er wußte, was sie las. Er konnte zwar den Buchtitel nicht lesen, aber auf dem Deckel stand eine Frau in langem, fließendem Gewand im Vordergrund, dahinter ein Schloß, wo eins der Fenster erleuchtet war. Diese mittelalterlichen Geschichten glichen wie ein Ei dem anderen, innen und außen.
Die Lockenwickler störten ihn nicht. Sie sah sogar hübsch damit aus.
Vorfreude ist die schönste Freude. Bald, bald würden sie sich treffen.
Manchmal nahm sein Schuldgefühl überhand. In solchen Stunden meinte Fred Lauren, alles zerstören zu müssen: das Fernrohr, sich selbst, bevor er Colleen etwas antun konnte. Doch das war wirklich verrückt. In einem Monat oder in einer Woche würde er sowieso tot sein, und sie auch. Alles, was er ihr antun würde, wäre nur vorübergehend und würde aus Liebe geschehen. Aus Liebe. Fred redete mit dem Mädchen durchs Fernrohr.
Seine Hände glitten zärtlich über die kleinen Räder, mit denen er das Bild einstellte, und seine Finger zitterten. Es war noch zu früh, viel zu früh.
JUNI
ZWO
General, Sie haben überhaupt keinen Kriegsplan! Alles, was Sie haben, ist eine Art grauenhafter Krampf!
Verteidigungsminister Robert S. McNamara, 1961
Die Politik der Vereinigten Staaten bleibt unverändert. Bei einem Atomangriff auf dieses Land werden wir rücksichtslos zurückschlagen.
Sprecher des Pentagon, 1975
Sergeant Mason Jefferson war beim SAC { * } und mächtig stolz darauf. Er war stolz auf seine Bügelfalten, auf seine blaue Krawatte und auf seine weißen Handschuhe, und er war stolz auf die 38er an seiner Hüfte.
Es war später Nachmittag in Omaha. Der Tag war heiß gewesen. Mason warf wieder einen Blick auf seine Uhr, und im selben Augenblick schwebte die KC-135 vom Himmel und auf die Rollbahn. Sie tuckerte hinüber zum Verladeplatz, wo Manson stand. Der erste, der ausstieg, war ein Oberst, der ständig in Offutt stationiert war. Mason erkannte ihn sofort.
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