Luzifers Kathedrale
Schäfer wusste genau, dass ihm allein diese Bewegung galt. Er war längst gesehen worden, und er rechnete damit, dass Plummer seine Macht voll ausspielen würde.
Er starrte ihn schon an, sagte aber noch nichts, sondern kam mit schaukelnden Bewegungen auf den Schäfer zu. Dabei tat er überrascht, und auch seine Frage klang so.
»He, Julian, mein Freund, was machst du denn hier?«
»Ich bin nicht dein Freund, Luke. Bin es nie gewesen, verstehst du das?«
»Weiß ich doch. Wir mögen uns nicht.«
»Stimmt. Aber lass die alten Sachen ruhen. Was willst du von mir?«
Plummer fuhr mit einer Hand über seine Mütze hinweg. »Ich wundere mich nur, Julian.«
»Worüber?«
»Dass du nicht bei deinen Schafen bist.«
»Lass den Quatsch.«
»Das ist kein Quatsch. Das ist nur ein guter Ratschlag, den ich dir gebe, obwohl du nicht mein Freund bist, wie du ja selbst behauptet hast. Du solltest mir dankbar sein.«
»Sehr schön. Aber ich lasse mir von dir nichts vorschreiben. Ich stehe nicht auf deinem Grund und Boden. Ich kann hier tun und lassen, was ich will.«
»Ab morgen wieder, Julian.«
»Nein, auch jetzt!«
Luke Plummer stöhnte und schüttelte den Kopf. »Dass man immer so einen Zirkus mit manchen Menschen hat, das verstehe ich ganz und gar nicht. Es ist wirklich besser...«
»Darf ich auch mal was fragen?«
»Bitte. Wenn du willst.«
»Was tut ihr hier mitten in der Nacht? Was habt ihr vor? Das ist doch nicht normal, dass eine Horde vom Ort hierher zur Kathedrale zieht. Worum geht es?«
»Um eine Sache, die dich einen Scheißdreck angeht, mein Lieber. Du steckst nicht drin. Es ist etwas, das wir durchziehen müssen. Du haust am besten ab. Es ist meine letzte Warnung. Versteck dich in deinem Stall bei den dämlichen Schafen.«
»Manche sind intelligenter als du, Fischkopf.« Es gab eine Grenze bei Julian, und die war jetzt erreicht.
Im Hintergrund lachte einer der Männer, verstummte aber schnell wieder, weil er nicht in Ungnade fallen wollte.
Plummer musste die Antwort erst verdauen, was ihm nicht eben leicht fiel. Alle hörten die Worte des Schmieds, die er in die Stille hineinrief. »He, Luke, warum fragst du ihn nicht, ob er die beiden Vögel gesehen hat. Das müsste er eigentlich.«
»Sehr gute Idee.«
»Ich habe auch keine Vögel gesehen«, erklärte der Schäfer.
»In diesem Fall sind es Menschen.«
»Na und?«
»Zwei Fremde.«
»Rede weiter, Plummer.«
»Sie wollten zur Kathedrale.«
»Und? Siehst du sie?«
»Nein, aber du hast sie bestimmt gesehen.«
Julian McBell erwiderte nichts. Er schaute den Mann an, der vom Widerschein der Flammen umspielt wurde, die ihn zu einer schattenhaften Figur machten oder zu einer Erscheinung, die plötzlich aus der Hölle gesprungen war, weil man sie dort nicht mehr haben wollte. Er würde einen Teufel tun und die Wahrheit erzählen. Er schaffte vor seiner Antwort sogar ein Grinsen und schüttelte den Kopf.
»Tut mir nicht mal Leid, Plummer, aber ich bin allein hier. Oder siehst du jemanden?«
Der Schäfer bekam vorerst keine Antwort. Oder hörte nur ein wütendes Zischen. »Wenn du mich verarschen willst, bist du schief gewickelt, das schwöre ich dir.«
»Du bist doch nicht blind. Siehst du jemanden? Wo können die beiden stecken? Ich habe keine Ahnung. Oder in der Kathedrale?« Der Schäfer lachte. »Da traut sich doch kaum jemand hinein. Ihr armen Sünder müsst ja eine schreckliche Angst haben.«
Plummer konnte seine Wut kaum unterdrücken. »Treibe es nur nicht zu weit«, flüsterte er, »irgendwann ist Schluss mit dem ganzen Gerede. Ach ja, da fällt mir etwas ein. Warum treibst du dich eigentlich um diese Zeit hier herum?«
»Ich liebe die Nächte im Freien.«
»Auch bei dieser Kälte?«
»Da ist der Sternenhimmel besonders prächtig. Ihn zu beobachten, ist für mich das Höchste.«
Plummer schüttelte den Kopf. Der Schein des Schmiedefeuers um tanzte ihn noch immer. Manchmal sah er aus, als würde er sich im Stehen zuckend bewegen. Sein Gesicht verzerrte sich und wirkte in diesem Widerschein noch böser.
»Okay, ich habe es im Guten versucht, Julian. Du hast nicht hören wollen. Was jetzt auf dich zukommt, wirst du selbst zu verantworten haben. Ist das klar?«
»Ich habe es gehört!«
Plummer gab den anderen ein knappes Handzeichen. Sie reagierten wir auf einen Befehl hin und setzten sich in Bewegung. In einer breiten Front kamen sie näher. Als der Schäfer das Bild sah, konnte er nur den Kopf schütteln. Er dachte, im falschen Film
Weitere Kostenlose Bücher