Luzifers Kriegerin (Die Londoner Drakulia Vampire #3) (German Edition)
lieben, widerspricht meinem Naturell ... dem Naturell der Drakule. Luzifer zwingt uns, so zu sein.“
Sein Gesicht verfinsterte sich, und sie sah dort, verletzte Gefühle und auch Wut in seinen Augen. „Du hast die Wahl getroffen.“ Er sprach kaum laut genug, um über dem Geräusch der dahinrollenden Kutsche noch gehört zu werden. „So zu werden.“
Der Schmerz schnitt wie ein Messer durch sie – und diesmal rührte er nicht von ihrem Mal her; das Mal war seltsam still. Eine Wahl? Der Gedanke war lächerlich. Wie konnte jemand denn eine klare Entscheidung treffen, wenn er in seinen Träumen ausgetrickst und hinters Licht geführt wurde, und das von dem gerissensten aller Dämonen?
In ihrem Fall war es eine Wahl gewesen, entweder ewig zu leben – jung und unsterblich und als eine große Schönheit – oder eine Schönheit mit einem entstellten Gesicht zu werden, mit einer verbrannten Wange. Das Resultat wäre grauenvoll gewesen: vernarbtes, verschrammtes Fleisch, wo ihre Haut einmal makellos glatt gewesen war.
In ihren Träumen hatte Luzifer ihr überaus hilfreich gezeigt, wie sie aussehen würde, wenn ihre Verbrennung auf dem sterblichen Weg verheilt wäre ... und hatte ihr einen Ausweg angeboten. Für ein zwanzigjähriges Mädchen, deren Eitelkeit schier grenzenlos war, gab es eigentlich keine Wahl. Sie hatte auch nicht recht begriffen, auf was für einen Handel sie sich da einließ.
Und ... so hatte sie erst später dann begriffen: es war Cezar gewesen, der den Unfall arrangiert hatte, bei dem heißes Öl sich über sie ergoss. Es war aus einer Lampe gekommen, die hoch oben in einem Treppenhaus hing, das sie oft benutzte. Ihr Bruder wollte sein unsterbliches Leben nicht ohne Narcise verbringen ... sondern mit ihr.
Obwohl er sie immer beherrschen wollte und sie nur missbrauchte, betete er sie an.
„Hast du es jemals bedauert? Hast du es nie rückgängig machen wollen?“, setzte Chas noch einmal an und zog sie damit wieder aus ihren schrecklichen Erinnerungen hervor.
Sie unterdrückte ein angewidertes Schnauben. „Glaubst du denn, dass ich in Luzifers Schuld stehen möchte? Dass ich verdammt sein möchte?“ Sie schüttelte den Kopf, alles in ihr war plötzlich wüst und leer. Ein kalter Klumpen lag ihr schwer im Magen. „Nur weil Voss behauptet, ihm sei ein Wunder widerfahren, heißt das noch lange nicht, dass es auch mir passieren wird. Versucht Dimitri denn nicht schon seit über hundert Jahren seine Bande zu Luzifer zu kappen?“
Ihr Mal pochte nun wieder, und sie konnte fühlen, wie die wurzelähnlichen Linien durch ihre Haut wüteten, wie kleine Feuer glühender Lava. Sie atmete tief ein und versuchte den Schmerz zu bannen.
Chas sank wieder auf seinem Platz zusammen, sein Gesicht jetzt müde und trübe: ein weiteres, stillschweigendes Eingeständnis. „Ja. Es scheint keinen Weg zu geben.“ Seine Stimme war bitter und leise. Seine Augen waren geschlossen, und er badete dort in seiner Ecke der Kutsche in einem grauen Licht.
„Chas“, begann sie, und dann verstummte sie wieder. Was konnte sie noch hinzufügen, was zum Trost sagen? Das Herz wurde ihr schwer, eine Art weiches Gefühl, in dem keine Begierde oder Lust lag, und ihr Teufelsmal brannte auf einmal so heftig, dass sie ein Keuchen unterdrücken musste. Luzifer hatte keine Geduld, was Mitgefühl anbetraf.
Schweigend saßen sie da, in der schaukelnden Kutsche, der wolkenverhangene Tag angefüllt mit Klängen von Stadtleben: Rufe, Schreie, Bellen, Poltern, Krachen und Rattern. Den Gerüchen von frischgebackenem Brot, von Kohlerauch, von nassen Tieren und von gebratenem Fleisch, von Schlacke und verrottendem Abfall.
Chas blickte sie auf einmal an, von dort, wo er in seiner Ecke brütete. Seine Augen leuchteten in dem Halbdunkel des Kutscheninneren, und sie waren genau auf sie gerichtet, durchdringend und angespannt. „Du sagst, du hast von niemandem gehört, dem Luzifer erschienen sei und der dennoch den Handel mit dem Teufel ausgeschlagen hätte. Das entspricht nicht ganz der Wahrheit. Du kennst jemanden, der das fertiggebracht hat.“
Irgendwie, irgendwie schaffte Narcise es, nicht auf die erneute Welle von Schmerz zu reagieren, welche ihr das Mal auf ihrer Schulter hier durch den Leib jagte. Plötzlich hatte sie nur noch Angst, dass sie seine Worte richtig verstand.
„Mich.“
*
Sie kamen beim Rubey’s am Nachmittag eines verregneten, nebeligen Londoner Tages an.
Narcise war immer noch fassungslos und schwieg nach Chas’
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