Luzifers Kriegerin (Die Londoner Drakulia Vampire #3) (German Edition)
auf all das hier nicht zu deuten. Was bedeutete das? Warum war er hier? Und warum verspürte sie auf einmal eine solche Wärme und eine Heiterkeit in sich?
„Ich habe dir doch gesagt, du kannst mir vertrauen, Narcise“, sagte er, wie er da auf dem Schemel hockte. „Hol deine Zeichenbögen und fang an, oder ich fürchte, Belial wird Verdacht schöpfen. Wenn er wieder fort ist, erzähle ich dir mehr.“
Sie tat wie geheißen und spürte seine Augen auf ihr ruhen, als sie Bögen grob geschöpften Papiers hervorzog, die sich immer noch zusammenrollten, weil man sie so gelagert hatte. Ein Klumpen von schwarzer Kohle und ihre italienischen Bleistifte – zu schmal und zu kurz, um als Holzpflock durchzugehen – kam noch zu den Bögen auf ihrem Zeichentisch hinzu, sowie ein paar Steine, um die Ecken zu beschweren, und dann machte Narcise sich an die Arbeit.
Ihr fiel auf, dass Cale sich den Stuhl so hingestellt und so darauf Platz genommen hatte, dass er nicht direkt zur Tür schaute, noch war sein Gesicht von dem Tisch aus zu sehen, auf dem Belial das Tablett mit dem Kaffee und dem Gebäck abstellen würde, wenn er zurückkam. Und nachdem sie diese Details seiner umsichtigen Planung entsprechend gewürdigt hatte, zusammen mit dem absichtlich geneigten Kopf, um sein Gesicht noch tiefer unter der Krempe verschwinden zu lassen, konzentrierte sie sich auf ihre eigene Arbeit.
Trotz seiner Verkleidung, was war es doch für ein Vergnügen diesen Mann jetzt hier als Modell vor sich zu haben, den sie zuvor nur aus dem Gedächtnis hatte zeichnen können. Sie sah da auch, dass er seiner fein geschnittenen eine Art falsche Nase aus Pappmaché übergestülpt hatte, was sie etwas breiter machte, und als sie ganz genau hinsah, sah sie auch schwache Tupfer auf seinem Gesicht, welche Falten und Grübchen, also ein alterndes Gesicht vortäuschen sollten, wo keines war.
Narcise war so vertieft in ihre Arbeit, gerade dabei, die Winkel und Perspektivlinien für den Hut zu malen, die der Skizze eine räumliche Tiefe und ein genaue Abbildung vom dreidimensionalem Raum geben würden, dass sie hochschreckte, als sich die Tür öffnete und Belial hereinstolzierte.
Aber sie spürte, ohne hinzusehen, wie seine Augen den Raum erneut absuchten, und ihre Zeichnung betrachteten, und war sehr erfreut, dass sie schon so weit damit gekommen war. Der Haushofmeister setzte das Tablett auf dem Tisch ab und näherte sich ihr mit einem Gebaren, als wäre er der Herr im Hause, schaute ihr über die Schulter – etwas was er gelegentlich tat, aber niemals, wenn Cezar zugegen war. Sie hörte und spürte, wie er an der Luft um sie schnupperte, mit diesem langen Atemzug. Die Härchen an ihrem Nacken richteten sich ihr auf und prickelten, aber sie rührte sich nicht, außer, um ihre Arbeit fortzusetzen.
„Du bist sehr begabt“, sagte er, leise und viel zu nahe an ihrem Ohr, und Narcise erstarrte. „Vielleicht gibst du mir einmal Privatunterricht?“
Sie unterdrückte das Verlangen, herumzuwirbeln und diesen Hund für seine Frechheit zu Boden zu werfen. Cezar war vor drei Tagen abgereist und hatte Belial für die Zeit seiner Abwesenheit zum Oberhaupt des Haushalts ernannt. Anscheinend war dieser Vertrauensbeweis dem Mann hier aus unerfindlichem Grund zu Kopf gestiegen.
„Vielleicht lässt du mich einfach in Ruhe ... meine Arbeit machen“, entgegnete sie ihm mit zusammengebissenen Zähnen. „Dein Geruch stört mich.“
Sie spürte, wie er sich hinter ihr versteifte und dann wieder etwas entspannte. „Ist dem so?“, sagte er, offensichtlich bemüht, seine Stimme unbeschwert klingen zu lassen. „Ich kann nicht dasselbe von dir behaupten, Narcise.“ Er sog neben ihrem Ohr noch einmal tief die Luft ein. „Dein Duft ist so verlockend wie du selbst.“
„Cezar schätzt dich nicht so hoch ein, Belial“, warnte sie ihn. „Du bist ersetzbar, und ich bin es nicht.“ Es war nicht Furcht, sondern Wut, die ihre Hand hier zittern ließ. Als ob ihr Bruder es einem Diener gestatten würde, sie anzufassen. Selbst er sank nicht so tief.
Der Haushofmeister gab einen arroganten Laut von sich, aber Narcise machte sich keine Sorgen darüber, was auch immer er versuchen würde, es würde ihm nichts bringen. Und trotz ihrer Verärgerung war sie dankbar, dass er nur auf sie achtete, und nicht auf Cale.
Sie wagte einen Blick zu ihrem Modell auf seinem Schemel hin und erhaschte dort zornige Augen unter der Hutkrempe. Sie presste die Lippen zusammen, schoss ihm einen
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