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Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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rennen. Ein Wild aufzuspüren, ihr Fell zu lecken, sie in ihrem menschlichen Körper unter dem Sternenhimmel zu lieben.
    Áine hatte nicht gewusst, dass ein Vampir sich so einsam und elend fühlen konnte. Und sie begann zu ahnen, dass dies nun für alle Ewigkeit ihr Schicksal sein würde.
    Sobald es dunkel war, verließ Áine die Burg, überquerte den Fluss und machte sich auf den Weg. Obwohl sie nicht darauf achtete, in welche Richtung sie lief, wusste sie, dass ihre Beine sie am Bergwerk vorbei zu dem Ort im Moor tragen würden, an dem Peregrine gestorben war. Oder musste sie sagen, ihre Sehnsucht? Oder ihre Verzweiflung? Oder ihre Wut?
    Áine wusste, was es hieß, den Geliebten zu verlieren. Hilflos hinnehmen zu müssen, dass sein Leben gewaltsam ausgelöscht wurde. Viel zu früh ausgelöscht wurde. Sie hatte es erlebt, als sie noch ein Mensch gewesen, als ihr Name noch Anne Devlin gewesen war. Die Engländer hatten Robert Emmet verhaftet und gehängt. Gerade einmal fünfundzwanzig Jahre alt war er geworden. Ihr Oheim Michael Dwyer, der die Partisanenkämpfe in den Wicklow Mountains befehligt hatte, war von seinen Anklägern nur nach Australien deportiert worden. Auch ihn hatte Anne niemals wiedergesehen. Und sie hatten ihr verwehrt, bei Roberts Hinrichtung dabei zu sein, um ihm in seiner schweren letzten Stunde Trost zu spenden. Sie war noch immer in einer Kerkerzelle gefangen gewesen. Gefoltert, geschwächt, dem Tode nah, weil sie sich geweigert hatte, Roberts Versteck preiszugeben. Noch heute fragte sich Áine, wie sie ihn dennoch hatten finden können. Hatte der Zufall sie auf seine Spur geführt oder hatte einer seiner Weggefährten ihn verraten? Einer, dessen Liebe nicht so groß gewesen war, Haft und Folter für ihn zu ertragen?
    So vermischten sich die Gesichtszüge ihrer Geliebten in ihren Gedanken, während ihre Füße über Sumpfgras und rosa blühendes Heidekraut flogen. Nur ein paar ihrer Sinne waren auf das nächtliche Land gerichtet, um sie rechtzeitig vor Gefahren zu warnen. Doch sie war allein. Völlig allein.
    Die anderen Bewohner von Aughnanure kümmerte es nicht, dass sie sich absonderte. Sie hatten vorher nicht gefragt und wollten auch jetzt nicht wissen, wohin sie ging und was sie tat. Es war ihnen egal. Oder etwa doch nicht? War ihre zur Schau getragene Gleichgültigkeit nur aufgesetzt?
    Áine starrte auf die Stelle, an der Peregrine den Tod gefunden hatte. Es war ihr, als atme der Boden noch immer den Geruch seines Todeskampfes aus.
    Ach Peregrine, warum musstest du sterben? War es meine Schuld oder warst du nur zur falschen Zeit am falschen Ort?
    Und wer hatte ihn getötet? Es waren zu viele Spuren um diesen Ort. Werwölfe, Menschen und ihre Hunde - und Vampire. Waren sie ihr gefolgt und hatten ihn getötet, nachdem sie sich voneinander verabschiedet hatten? Die beiden Altehrwürdigen auf Aughnanure behaupteten, Áthair Faolchu wisse sehr wohl, dass die Jungen aus seiner eigenen Sippe den Werwolf getötet hätten, aus Eifersucht, Missgunst oder Rache oder einem anderen Grund, der die Vampire nichts anging, und dass sie nun diesen Todesfall als Vorwand nutzten, die alten Feindseligkeiten wieder heraufzubeschwören.
    Áine sah auf die Erde hinab, die sein Blut aufgesogen hatte. Es war ihr egal, welche der beiden Seiten recht hatte und zu welchen Intrigen und Machtspielen sie seinen Tod missbrauchten. Ganz gleich, was sie nun reden oder tun würden, Peregrine konnten sie nicht zurückbringen. Er war für immer fort und sie musste die Ewigkeit ohne ihn verbringen. Áine wusste, dass es nichts mehr für sie gab, das Freude in ihr Dasein bringen könnte. Die Nächte, die vor ihr lagen, würden sich gleichen. Sie würde erwachen und ihren Blutdurst stillen, sie würde durch das Moor streifen, bis die Nacht sich neigte und es Zeit wurde, wieder in ihren Sarg zurückzukehren. Ein ewiger Kreislauf des Schmerzes. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn Tara sie in dieser Nacht nicht in der Scheune versteckt und sie stattdessen dem Feuer der Sonne überlassen hätte. Man sagte, es sei ein langes, qualvolles Sterben, und doch währte es nicht ewig. Dann läge der Schmerz nun hinter ihr und sie wäre nur noch ein wenig Asche im Wind, ein Nebelfetzen der Erinnerung: wie die Rebellen und Mitläufer, die Kinder und Frauen, die ihren Männern geholfen, sie versteckt und ihre Wunden versorgt und um sie gebangt hatten, wenn sie in den Kampf hinauszogen. Aber auch ihre Verräter und die Häscher, die nicht

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