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Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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müde wurden, ihnen nachzujagen und sie an den Galgen zu bringen, um die englische Herrschaft zu festigen. Sie alle waren Staub. Wie Robert Emmet, der irische Patriot und Held, und Peregrine, der Werwolf aus den Mooren von Connemara.
     

DER WEG NACH CONNEMARA
    Tara ritt durch die Nacht. Obwohl sie wusste, wie schmal die Mondsichel bereits geworden war, wanderte ihr Blick immer wieder nach oben. Sie war erschöpft, was kein Wunder war, nachdem sie die vergangenen Tage fast nur auf dem Rücken des Pferdes verbracht hatte. Nein, es war eher ein Wunder zu nennen, dass sie sich trotz ihres hohen Alters noch immer aufrecht hielt und es ihr gelang, den Wunsch nach körperlicher Ruhe zurückzudrängen. Das Einzige, was jetzt zählte, war, die Lycana zu finden und mit Ivy und Seymour zu den Twelve Bens zurückzukehren, bevor das Ultimatum verstrichen war, das Áthair Faolchu ihr gesetzt hatte.
    Tara ließ die Stute eine Weile im Schritt gehen. Sie durfte das Tier nicht zu sehr drängen. Sie wusste, dass Álainn bereit wäre, ihr Leben zu geben, doch was würde sie gewinnen, wenn das edle Tier vor Erschöpfung unter ihr zusammenbrach? Sie würde nicht nur einen treuen Gefährten verlieren. Sie würde damit auch die letzte Chance verspielen, ihr Ziel rechtzeitig zu erreichen.
    Die Reiterin überquerte einen grasigen Hügel und folgte dann einem schmalen steinigen Pfad ins Tal hinab. Der Regen hatte den Lehm aufgeweicht und ihn schlüpfrig gemacht. Tara ließ die Zügel locker und neigte sich ein wenig nach vorn. Sie vertraute dem Tier, dass es seine Reiterin sicher ins Tal bringen würde. Endlich hatte die Schimmelstute wieder festen Grund unter den Hufen. Sie wieherte und fiel von sich aus in einen flotten Trab. Tara klopfte den schimmernd weißen Hals.
    »Álainn, meine Schöne, meine treue Freundin, uns bleibt nur zu hoffen, dass Tapaidh seinem Namen gerecht geworden und wie ein Pfeil nach Süden geflogen ist. Vielleicht sind sie ja schon auf dem Weg zu uns.«
    Ihre Augen suchten den Nachthimmel nach einem Zeichen des Seeadlers ab, konnten ihn jedoch nicht entdecken. So blieb Tara nichts anders übrig, als weiterzureiten und zu hoffen.
    Später, als der Himmel bereits verblasste, gönnte die Druidin ihrem Pferd eine weitere Verschnaufpause. Sie ließ sich im Takt der Hufschläge hin und her wiegen. Plötzlich schnaubte Álainn. Tara war sofort hellwach. Die Stute hatte etwas Ungewöhnliches bemerkt, das sie beunruhigte, und die Druidin kannte das Pferd gut genug, um diese Ahnung ernst zu nehmen. Im Schatten der hoch aufragenden Weißdornbüsche links des Pfades hielt sie inne und wandte sich im Sattel um. Da sah sie ihn, den alten Wolf, der so dürr war, dass seine Rippen unter dem räudigen Fell hervorstachen. Er kam um die Ecke getrottet und ließ sich dann auf den Hinterbeinen nieder, ohne den Blick von Pferd und Reiterin abzuwenden. Tara erstarrte. Die Stute schnaubte wieder, machte aber keine Anstalten zu fliehen. Ein Lächeln huschte über das faltige Gesicht der alten Frau, als sie ihn erkannte.
    »Turlough! Ich hätte es mir denken können. Ein Barde muss da sein, wo die großen Geschichte stattfinden. Mögen die Götter mit uns sein und ein gutes Ende für uns bereithalten!«
    Sie grüßte in seine Richtung und neigte den Kopf. Der Wolf erwiderte die Geste, kam aber nicht näher. So setzte Tara ihren Weg fort. Bis zum Morgen würde der filí ihr nun folgen, dann würde die aufgehende Sonne ihn bis zum Abend in ein Versteck treiben. Doch Tara war sich sicher, dass er sie im Laufe der nächsten Nacht wieder einholen würde. Er hatte ihre Spur aufgenommen und würde ihr folgen, um die Wende der Zeiten mit eigenen Augen zu sehen.
     
    Wie sie insgeheim befürchtet hatten, war es nicht möglich, unbemerkt in Hörweite zu gelangen. Catriona entdeckte sie und schickte sie weg. Nur Seymour durfte an Ivys Seite bleiben, was ihnen natürlich nichts half.
    »Warum können wir uns nicht mit ihm austauschen, wenn es uns gelingt, Fledermäuse für uns die Dunkelheit vertreiben zu lassen?«, schimpfte Luciano.
    »Erstens gelingt dir nicht einmal das«, widersprach Franz Leopold mit einem Blick auf seine neuen Schrammen, »und zweitens ist der Geist eines Wolfes höher entwickelt und sein Wille ausgeprägter als der einer Fledermaus, schon vergessen?«
    »Ich kann es schon«, wehrte Luciano ab. »Ich war nur zu sehr in Eile, um mich zu konzentrieren. Und was die Geisteskräfte eines Wolfes angeht, meint ihr, sie seien größer

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