Lycana
Vampire weg. Widerstrebend gehorchten sie.
»Geht mit Ainmire und Ciarán hinaus. Eure Servienten sollen euch zum Schutz begleiten.«
»Wir sollen wieder üben?«, rief Luciano entsetzt und presste sich beide Hände gegen die Brust. »Ich kann mich nicht konzentrieren. Ich kann an nichts mehr anderes denken als an Blut!« Er sah trotzig in die Runde. Vielleicht erwartete er, die anderen würden ihm widersprechen, doch selbst Alisa musste zugeben, dass die Nacht ohne Blut sie ausgelaugt hatte und sie ebenso dringend danach verlangte.
Donnchadh schenkte ihnen so etwas wie ein Lächeln. »Ja, ihr werdet auch heute Nacht trainieren, denn dieser Vorfall führt uns deutlich vor Augen, wie wichtig es ist, die Erben zu stärken!« Seine Hand wies auf die Überreste des Vampirs, die bereits begannen, zu Staub zu zerfallen. Luciano stieß einen Protestschrei aus.
»Aber zuerst«, unterbrach Donnchadh jedes weitere Widerwort, »zuerst werden sie euch zu einer Schafweide im Tal führen. Sobald ihr euch gestärkt habt, können wir den Unterricht fortsetzen. Und wir werden inzwischen untersuchen, was genau hier vorgefallen ist, und dafür sorgen, dass keiner in Gefahr gerät.«
Luciano strahlte. »Das ist das Beste, was ich seit Langem höre!«
»Und damit meint er nur den ersten Teil von Donnchadhs Aussage!«, betonte Franz Leopold, dem es schwerfiel, bei dem Gedanken an frisches Blut nicht ebenso erleichtert dreinzuschauen wie die anderen.
Ivy entschuldigte sich und ging mit Seymour ein Stück den Gang entlang, bis sie nicht mehr zu sehen waren. Franz Leopold blickte ihr nach und überlegte gerade, ob er ihr folgen sollte, als Seymour alleine zurückgetrottet kam. Seltsam. Er starrte den Wolf an. Wo war Ivy ohne ihn hingegangen?
Alisa an seiner Seite bewegte die gleiche Frage. Sie blickten sich an. Plötzlich stieß ihm Alisa in die Rippen. Eine Maus huschte die Steine hinauf und verschwand in der Spalte. Die beiden beugten sich ein wenig vor, um sie nicht aus den Augen zu verlieren. Seymour sprang zu Donnchadh und tat anscheinend alles, um den Clanführer für einige Augenblicke abzulenken. Mit angehaltenem Atem beobachteten Alisa und Franz Leopold, wie die Maus an der Blutlache schnüffelte und dann den Toten umrundete.
»Ivy-Máire!«, erklang Catrionas ungewöhnlich harsche Stimme. Alisa und Franz Leopold wandten sich erschrocken ab und postierten sich zwischen der Servientin und dem Loch im Felsenschutt. Franz Leopold spürte, wie die Maus hinter ihm aus der Spalte huschte. Nur wenige Augenblicke später trat Ivy auf Catriona zu.
»Du hast nach mir gerufen?« Ihre Miene war freundlich, aber undurchdringlich.
Auch Catriona ließ sich nicht anmerken, was sie dachte. So musterten sich die beiden Lycana eine Weile schweigend, bis Catriona sich den anderen Erben zuwandte, die inzwischen vollzählig versammelt waren:
»Es wird Zeit, dass ihr euch auf den Weg macht. Wir kümmern uns derweil um diese«, sie machte eine kleine Pause und sagte dann, »Unannehmlichkeit.«
So blieb ihnen nichts anderes übrig, als Ainmire und Ciarán die sich windenden Gänge bis vor die Höhle zu folgen.
»Tut das gut!«, rief Alisa, als sie über die Kalksteinfelsen ins Tal hinunterliefen. Sie sog die Nachtluft tief in sich ein und ließ sie genießerisch wieder entweichen. »So spannend ich solch ein Höhlenlabyrinth finde, ich vermisse doch schnell den Duft des Nachtwindes.«
Ivy stimmte ihr zu, während Luciano brummte, er habe nicht gerade den Nachtwind am meisten vermisst.
Franz Leopold holte Ivy ein, die leichtfüßig über die ausgewaschenen Spalten sprang, und raunte: »Was hast du herausgefunden?«
»Ich weiß nicht, was du meinst«, entgegnete sie und lief noch schneller, aber er ließ sich nicht abschütteln.
»Alisa und ich haben dich gesehen, mein kleines Mäuschen!«
Ivy wurde langsamer und stieß einen Seufzer aus. »Ich nehme an, das sollte kein Kosename sein, den du nun für mich zu verwenden gedenkst?«
»Nicht wenn er dir nicht gefällt.«
»Nein, er gefällt mir nicht!«, gab sie zurück. »Sprich nicht darüber.«
»Nur wenn du mir alles berichtest, was du gerochen und gesehen hast.«
»Und mir auch!«, mischte sich Alisa ein, die die beiden eingeholt hatte. Nur Luciano war wieder einmal weit zurückgefallen. »Mir spukt ein Einfall im Kopf herum, der ganz und gar unmöglich ist.«
Sie erreichten das Gatter zu einer Schafweide und hielten an, um auf die anderen zu warten.
»Leandro!«, sagte Ivy
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