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Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Moment eines Werwolfes. Nun stand der graue Wolf vor ihr und sah sie aus seinen gelben Augen an. Sie konnte seine Ungeduld spüren.
    »Warte, mein Liebster. Ich bin gleich bereit.« Áine schloss die Augen und hob die Arme. Ihre Finger krümmten sich, ihre Lippen bewegten sich lautlos. Eine Wolke aus Nebel hüllte sie ein und begann, um sie zu kreisen. Als die nächste Böe des Nachtwindes sie vertrieb, enthüllte er eine Wölfin. Sie war ein wenig kleiner,  das Fell einen Ton heller als bei dem großen Grauen, der den Blick noch immer auf sie gerichtet hielt. Nun stieß er ein freudiges Heulen in die Nacht. Die Wölfin rieb sich an seiner Seite und leckte ihm über die Schnauze, dann schoss sie plötzlich davon. Ihr freudiges Bellen erklang zwischen den Büschen. Peregrine ließ sich nicht lange bitten. Er antwortete ihrem Ruf und folgte ihr dann mit kräftigen Sprüngen.
     
    Erst in der nächsten Nacht kamen auch die Vyrad aus London an, obwohl sie den kürzesten Weg gehabt hatten. Vielleicht traf Mervyns Einschätzung zu, dass dies absichtlich geschah und eine Botschaft an die Gastgeber sein sollte. Jedenfalls kam es Alisa so vor, als sei Donnchadhs Stimme ein wenig kühler, als er Malcolm, Raymond, Ireen und Rowena und ihre Servienten begrüßte. Es gab für sie auch keine Vorführung, stattdessen schickte er sie gleich zu den anderen, die sich im großen Hof hinter dem Gatehouse, das den Eingang an der Zugbrücke bewachte, versammelt hatten. Gespannt warteten die jungen Vampire, wer die erste Lektion übernehmen und was man ihnen beibringen würde.
    Alisa versuchte unauffällig, in Malcolms Nähe zu gelangen. Er sah noch immer sehr gut aus - vielleicht sogar noch ein wenig männlicher. Er war groß und kräftig, seine Augen von strahlendem Blau, sein Haar blond mit einem Schimmer von Kupfer. Malcolm war jetzt siebzehn und würde bald in einem großen Ritual in die Reihen der erwachsenen Vampire aufgenommen werden. Alisa war froh, dass er überhaupt noch zu diesem gemeinsamen Akademiejahr kam. Ein seltsam warmes Gefühl durchflutete sie, als sie vor ihm stand und er sie freundlich anlächelte.
    »Alisa, wie schön, dich wiederzusehen.«
    »Das finde ich auch«, sagte sie mit belegter Stimme, die nicht nach der ihren klang. »Ich meine natürlich, dass ich dich wiedersehe, nicht andersherum, also nicht, dass du meinst …« Alisa brach ab und schwieg verlegen. Was war nur mit ihr los?
    Malcolm lächelte noch ein wenig breiter, aber nicht etwa beleidigend und voller Hohn, wie Franz Leopold es getan hätte. Nun war es an ihr, etwas zu sagen, das diesen Funken der Faszination in seine blauen Augen zaubern oder ihn zum Lachen bringen würde. Doch ihr Kopf war wie leer gefegt. Sie konnte ihn nur stumm anstarren und sich fragen, was da Seltsames in ihr vorging.
    »Hattet ihr eine gute Reise?«, fragte Malcolm schließlich. Vermutlich, um die peinliche Stille zu beenden.
    Alisa nickte. »Ja, es war sehr spannend. Ich bin zuvor noch nie zu Wasser gereist, obwohl wir im Hafen von Hamburg wohnen. Allerdings waren wir auf demselben Schiff wie die Dracas. Ich habe Franz Leopold zufällig an Deck getroffen.«
    »Welch tragische Begegnung!« Nun war der Spott in seiner Stimme deutlich zu hören.
    »Nicht tragisch!«, wehrte Alisa ab. »Dennoch hätte es nicht sein müssen, den Dracas früher als notwendig über den Weg zu laufen!«
    Malcolm hob die Augenbrauen. »So schlimm? Das kann ich mir bei dir gar nicht vorstellen. Ich vermute eher, du hast deine Wortgefechte mit ihm über den Sommer vermisst.«
    »Franz Leopold vermisst?«, rief sie lauter als beabsichtigt. »Ganz sicher nicht! Wenn ich jemand vermisst habe, dann Ivy und Seymour und Luciano« - und dich mit deinen blauen Augen, bei deren Anblick mir die Knie so seltsam weich werden - »aber ganz sicher nicht diesen arroganten …«
    »… eleganten und eloquenten Vampir, dessen Geist und Wortgewandtheit du nicht gewachsen bist?« Franz Leopold trat zu ihnen und zwinkerte ihr zu. Und zu Alisas Ärger fiel ihr tatsächlich einige Augenblicke nichts ein, was sie hätte erwidern können. Zu sehr war sie mit der Furcht beschäftigt, was er in ihren Gedanken gelesen haben mochte. Und wieder war es Malcolm, der die Situation rettete.
    »Dein Bruder scheint von den Verteidigungsanlagen der Burg fasziniert zu sein.«
    Alisa sah zu Tammo hinüber, der auf das Rohr einer mächtigen, alten Kanone geklettert war und sich gerade vorbeugte, um hineinsehen zu können.
    Alisa

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