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Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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heimischen Komfort wieder mit anderen Augen betrachten.«
    »Dann hast du vom Reisen vorerst genug?«, fragte Bram mit einem Augenzwinkern.
    Oscar senkte die Stimme. »In Gesellschaft meiner Mutter zu verschwörerischen Zusammenkünften? Für lange Zeit! Das versichere ich dir. Allerdings werde ich schon bald nach London übersiedeln. Ich denke, hier in Dublin hat mein literarisches Schaffen keine rechte Zukunft. Mein Platz ist in der großen Gesellschaft und die hält sich nun einmal nicht in Dublin auf!«
    Bram unterdrückte ein Lächeln und nickte in Richtung des Wagenschlags. »Weiß es die Lady bereits, dass du nicht nach Dublin  zurückkehren wirst, nun da dein Studium in Oxford sich dem Ende nähert?«
    Oscar seufzte. »Nein, ich werde es ihr aber bald schonend beibringen müssen.«
    »Vermutlich ist es für deine Mutter so etwas wie Landesverrat«, vermutete Bram.
    Oscar nickte mit tragischer Miene. »Das fürchte ich auch. Aber sie wird sich daran gewöhnen müssen, wenn sie der glanzvollen Karriere ihres Sohnes nicht im Wege stehen will.«
    Bram wusste, dass Oscar es ernst meinte. Er war von seinem Talent überzeugt, und davon, dass er die gute Gesellschaft nur bereichern konnte!
    »Und du mein Freund, hast du nun von großer Fahrt endgültig genug?«, wechselte Oscar das Thema.
    »Aber nein«, wehrte Bram ab. »Eine Weile werde ich in London wohl meinen Aufgaben nachgehen müssen, aber dann möchte ich wieder auf Reisen gehen.«
    »Wohin? Zum zweiten Mal nach Rom?«
    Bram zögerte. »Nein, ich denke, ich gehe nach Paris.«
    »Auch gut«, nickte Oscar. »Das könnte durchaus lohnenswert sein. Die Stadt der Boheme. Maler und Literaten zwischen Genialität und trunkener Verwahrlosung. Ja, das stelle ich mir spannend vor.«
    »Ich dachte eher an etwas anderes«, sagte Bram und warf seinem Freund einen raschen Blick zu. »Die Oper von Paris …«
    »Ich wusste nicht, dass du ein Opernliebhaber bist. Aber gut, Verdi ist nach Paris zurückgekehrt und ich finde auch diesen Jacques Offenbach sehr amüsant. Sein Orpheus ist grandios!«
    »Mir liegt nicht so sehr an den Aufführungen«, gab Bram ein wenig verlegen zu. »Hast du nicht auch von dem Gerücht gehört, dass ein finsterer Schatten im Opernhaus sein Unwesen treibt? Sie nennen ihn ›das Phantom‹.«
    Oscar sah seinen Freund verblüfft an, dann lachte er und klopfte ihm auf den Rücken. »Ach Bram, du bist ein seltsames Original.  Erst jagst du Blutsauger auf nächtlichen Friedhöfen und nun ein Phantom? Wenn ich die Zeit finde, werde ich dich begleiten. Das könnte sehr spaßig werden!«
    Er lachte noch immer, als er sich wieder in den Sattel schwang und grüßend die Hand hob. Die Kutsche rollte davon. Der Reiter folgte ihr.
     

EPILOG:
AUF DEM GRUND DES LOUGH CORRIB
    Die Vampirin beobachtete die Zusammenkunft aus einem sicheren Versteck. Sie rührte sich nicht vom Fleck. Nur ihre Wimpern zuckten. Noch hatte niemand ihre Anwesenheit bemerkt, und das sollte auch so bleiben. Von ihrem Platz in einem hohen Baum aus sah sie die Versammlung zwar, so nah, dass sie die Worte, die gesprochen wurden, verstehen konnte, kam sie leider nicht heran. Wäre sie eine Lycana, hätte sie sich in ein kleines Tier verwandeln und sich näher heranschleichen können, um unbemerkt zu lauschen. So aber blieb ihr diese Möglichkeit verwehrt. Ein seltsames Gefühl stieg in ihr auf. Sollte das etwa Neid sein? Unmöglich.
    Die Vampirin kniff die Augen zusammen. Was ging dort auf der Lichtung vor sich? Es sah aus, als würde sich eine friedliche Lösung anbahnen. Natürlich, die Werwölfe hatten kläglich versagt. Mac Gaoth war gefallen, die alten Machtverhältnisse wiederhergestellt. Es war trotz ihrer sorgfältigen Planung nicht so gelaufen, wie sie es sich ausgemalt hatte. Und dann waren auch noch die Erben erschienen und hatten sich in den Kampf eingemischt. Waren zwischen die silbernen Geschosse geraten! Sie schloss für einen Moment gequält die Augen. Nein, das war etwas, das sie nicht vorhergesehen hatte. Wie hatten die Lycana so etwas zulassen können? Ja, es waren die Erben gewesen, die das Blatt gewendet hatten. Es wunderte die Vampirin nicht, den Stein nun in den Händen der Druidin zu sehen. Welche Möglichkeiten blieben ihr noch? Sie konnte geradezu spüren, wie ihr die Fäden entglitten, die sie so fest in ihrer Hand geglaubt hatte. Eine Welle der Panik stieg in ihr auf. Sie konnte nicht zurückkehren und dem Meister sagen, sie habe noch einmal versagt! Was würde

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