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Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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mich heimkehren zu meinen beiden Geliebten, zu Robert und Peregrine. Sie warten auf mich in der Anderwelt, wo die Seelen sich finden und erfrischen, ehe sie zur Erde zurückgesandt werden.«
     
    Er saß auf einer Feldsteinmauer, den Blick in die Ferne gerichtet. Franz Leopold regte sich nicht, obwohl er spürte, wie sie sich näherte, bis sie neben ihm stehen blieb. Es kostete ihn viel Kraft, sie nicht anzusehen. Ivy ließ sich neben ihm auf der Mauer nieder.
    »Ich wollte dir danken. Dafür, dass du trotz deines Grolls Seite an Seite mit mir gekämpft hast. Unser Sieg ist auch dein Verdienst.«
    »Mein Degen gehört dem, der seiner bedarf«, sagte er rau. »Dachtest du, ich sei ein Feigling, der sich der Gefahr entzieht?«
    Ivy seufzte. »Nein, das ist mir nie in den Sinn gekommen. Ihr Dracas seid heldenhaft, mutig und sehr stolz.«
    Endlich schaute er sie an. »Ja, und diesen Stolz sollte man nicht mit Füßen treten. Wehe dem, der Spott mit ihm treibt!«
    »Ich habe dich nicht verspottet! Ich habe nur meinen Gefühlen nachgegeben. Meine Schwäche allein kannst du mir vorwerfen.«
    Franz Leopold zog eine Grimasse. »Ich kenne nur deine Worte, die du geschickt einzusetzen weißt. Die Wahrheit hältst du stets verborgen.«
    Ivy rutschte ein Stück näher und sah ihm offen in die Augen. »Gedanken lügen nicht, Leo. Lies in meinem Geist und in meinem Herzen. Du wirst keine Falschheit entdecken!«
    Franz Leopold war versucht, sich abzuwenden, doch da tastete sein Geist bereits nach dem ihren. Zum ersten Mal hatte sie die Barriere fallen gelassen, die ihre Gedanken schützend umgab. Was er las, beschämte und beunruhigte ihn. Rasch zog er sich zurück. Schweigend saßen sie da, während er nach Worten rang.
    »Es muss hier enden«, rief er endlich. »Ich bin vierzehn und du ein Jahrhundert alt! Und doch wirst du immer wie ein zartes Mädchen aussehen, während ich zum Mann werde. Deine Weisheit, deine Erfahrung, deine Stärke ist mir …«
    »Unheimlich?« Ivy nickte. »Ja, wie könnte es anders sein. Ich wünsche mir ja nur, dass wir weiterhin Freunde sind, die sich vertrauen können.«
    Franz Leopold sprang von der Mauer und verbeugte sich vor ihr. »Mein Degen ist der deine, solange wir auf dieser Welt weilen.«
    »Ich weiß nicht, ob es dein Degen ist, auf den ich hoffte«, sagte sie mit Wehmut in der Stimme. Ihre Hände fanden sich und hielten sich fest.
    Franz Leopold grinste. »Oh, sag das nicht. Wer weiß, was uns noch alles bevorsteht. Vielleicht verbringen wir das nächste Jahr in den unterirdischen Labyrinthen von Paris bei den Pyras, denen die Zivilisation noch ferner scheint als euren Werwölfen hier.« Er schauderte übertrieben.
    »Ja, dort könnten wer weiß was für Gefahren auf uns lauern!«, stimmte Ivy in seinen leichten Tonfall ein. Ihr Lächeln war unwiderstehlich, und es schmerzte ihn, sie anzusehen. Die Bitterkeit jedoch war aus dem Schmerz gewichen. Er erwiderte ihr Lächeln und beugte sich dann über ihre Hände. Zärtlich küsste er ihre Finger.
    »An deiner Seite sind mir alle Gefahren willkommen.« Widerstrebend ließ er sie los, wandte sich ab und kehrte zur Burg zurück.
     
    Die Räder der Kutsche ratterten über das Kopfsteinpflaster Dublins. Endlich zurück in der Zivilisation! Bram Stoker fühlte einen Hauch von Bedauern, als der Ruf des Droschkenkutschers ertönte und das Gefährt vor dem Stadthaus hielt, in dem sich seine Wohnung befand. Die Reise in den Westen war zu Ende.
    Bram beugte sich zum Abschied über die Hand der Lady und dankte artig, dass er sie auf dieser aufregenden Fahrt hatte begleiten dürfen.
    Die Dame neige den Kopf und lächelte huldvoll. »Es war mir ein Vergnügen, in ihrer Gesellschaft zu reisen.«
    »Eine recht aufschlussreiche Expedition«, sagte Bram, und die Lady nickte zustimmend, obwohl sie sicher an etwas anderes dachte als er.
    »Sir?« Der Kutscher hatte sein Gepäck bereits abgeladen und hielt ihm nun den Schlag auf. Bram hob noch einmal grüßend die Hand und stieg dann aus. Oscar erwartete ihn bereits. Er war abgestiegen und drückte nun dem Kutscher die Zügel seines Pferdes in die Hand, um sich von seinem Freund zu verabschieden.
    »Ich kann dir gar nicht sagen, wie ich mich auf mein weiches Bett freue, auf eine Badewanne mit heißem Wasser, einen Diener, der mir die Handtücher reicht, und natürlich auf ein gutes Abendessen!«, seufzte Oscar. »Ja, so eine Reise ist lehrreich und anstrengend, und die Beschwerlichkeiten lassen einen den

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