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Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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unsere Kleider sind ja schon ganz durchweicht.«
    Ein paar Mal wand sich der Höhlengang noch nach rechts und nach links, verzweigte sich, stieg an und fiel ab, dann sahen sie plötzlich einen Lichtschimmer. Zuerst dachte Alisa, die Wände würden leuchten, doch dann erkannte sie, dass es der Widerschein von Lampen oder Fackeln sein musste.
    »Sieh an, unser gemütliches Schlafgemach«, sagte Franz Leopold, der so lange geschwiegen hatte, dass Alisa seine Anwesenheit fast vergessen hatte.
     
    Die Druidin eilte den Berg hinunter. Es war nicht der Moment, ehrfurchtgebietend einherzuschreiten, den Druidenstab als Zeichen ihrer Macht in der Hand. Nun galt es, keine Zeit zu verlieren. Ihre beiden Wölfe waren immer ein Stück voraus, suchten den besten Pfad und wandten sich dann um, um auf sie zu warten.
    »Ich komme ja schon! Ich weiß, wenn ich euch nicht aufhalten würde, wärt ihr schon längst am Ufer unten.« Tara schimpfte leise vor sich hin, als sich der Saum ihres Umhangs wieder einmal in den Dornen eines Busches verfing.
    »Närrin«, schalt sie sich. »Du bist kein junges Ding mehr - und auch kein Vampir, der sich in eine Fledermaus oder einen Greif wandeln kann. Leider!«
    Sie zügelte ihr Tempo ein wenig, da ihr Atem inzwischen zu einem Keuchen geworden war. Zum ersten Mal seit unzähligen Jahren hatte sie das Gefühl, die Ereignisse nicht mehr in der Hand zu haben. Sie entglitten ihren Fingern, und sie konnte nur ohnmächtig zusehen, wie damals als sie ihre Kinder verloren hatte - sie ihr mit List genommen worden waren!
    Tara blieb stehen und presste die Hand auf die schmerzende Seite. Nein, es war nicht wie damals. Sie hatte nicht nur an Alter, sondern vor allem an Erfahrung und Wissen gewonnen, und sie würde nicht zulassen, dass so etwas noch einmal passierte!
    »Nein, ich kann mir keine Flügel oder flinken Beine wachsen lassen«, sagte sie zu den beiden Wölfen, die sie fragend ansahen. »Aber ich kann mich derer bedienen, die von Mutter Natur damit ausgestattet wurden. Kommt! Wollen wir hoffen, dass er nicht beim Fischen draußen ist.«
    Tara ging weiter, bis sie die armselige Hütte am Ufer des Lough Corrib erreichte. Ein Mann saß auf einer rohen Bank in der Morgensonne und leerte eine Schale Mus. Auf dem Tisch lagen auf einem Brett ein Stück Brot, Käse und ein geräucherter Fisch. Der Tonkrug daneben enthielt vermutlich Bier. Er nickte ihr stumm zur Begrüßung zu.
    »Du bist schon zurück?«, fragte Tara, bemüht, sich nicht zu erschöpft auf ihren Stab zu stützen.
    »Wie Ihr seht, Tirana«, antwortete der Fischer und schob sich ein Stück Brot in den Mund. Es bereitete ihm Mühe, es zu kauen, mit den wenigen Zähnen, die er noch hatte.
    »Wie war der Fang?«
    »Wie es für einen alten Mann angemessen ist. Wollt Ihr mein Frühstück mit mir teilen oder raus auf die Insel?«
    Er kannte die Antwort anscheinend schon, denn er nahm den Krug in die eine Hand, Schale und Brett in die andere und brachte sie in die Hütte. »Ihr habt es eilig.« Es war eine Feststellung, keine Frage, und Tara nickte nur. Der Alte ging die wenigen Schritte zum Steg voran, an dem sein Boot vertäut auf dem glitzernden Wasser schaukelte. Tara sprang geschickt an Bord, ohne nach der dargebotenen Hand des alten Fischers zu greifen. Die Wölfe folgten ihr. Noch ehe sich Tara auf der schmalen Ruderbank niederließ, hatte der Alte bereits die Taue gelöst und das Segel gesetzt. Gemächlich glitt das Fischerboot auf den Lough Corrib hinaus.
    »Wenn es schneller gehen soll, bräuchten wir mehr Wind«, sagte er teilnahmslos, den Blick in die Ferne gerichtet. Er schien sich nicht einmal zu wundern, als eine Böe das Segel blähte und das Boot rasch an Fahrt gewann. Bald schon kam die Insel, wie der Fischer sie nur genannt hatte, in Sicht. Inchagoill lag auf halbem  Weg zwischen Oughterard und Cong im Norden des Lough und hatte in den frühen Jahren des Christentums Mönche beherbergt: Einsiedler und Asketen, die es zu dieser Zeit viele in Irland gegeben hatte, immer auf der Suche nach den einsamsten Plätzen für ihre Klöster und Einsiedeleien. Bald schon erreichten sie die Anlegestelle.
    »Soll ich warten?«
    Die Druidin nickte. »Ja, es wird nicht lange dauern.«
    »Und wohin wird es gehen?«
    »Nach Cong hinüber. Ich reise in den Norden.«
    Er fragte nicht weiter nach, sondern vertäute sein Boot und setzte sich dann auf die hölzerne Reling, um auf ihre Rückkehr zu warten.
    Tara schritt auf die Ruine des Klosters zu, neben

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