Lycana
haben. Du hast die Stärke und die Intelligenz. Nun brauchst du nur noch die Zuversicht. Glaube an dich und deinen Geist. Catriona verlangt nichts Unmögliches. Es ist bei euch über Generationen hinweg nur in Vergessenheit geraten. Hab Vertrauen!
Vertrauen? In seine eigenen Fähigkeiten? Franz Leopold straffte die Schultern. Ja, das konnte er. Er war ein Erbe der Dracas, die weit über den anderen Familien standen. Warum also sollte er nicht alles erlernen können, was die Lycana auszeichnete? Er sah zu Catriona hinüber, die gerade mit Malcolm den ersten Versuch startete. Aber Vertrauen zu jemand anders? Zu einer Lycana? Einer Unreinen?
Franz Leopold spürte einen kurzen, stechenden Schmerz. Er wandte sich um. Ivy sah ihn noch immer an. Und plötzlich erkannte er, dass er ihr vertraute. Ein Strahlen huschte über ihr Gesicht, dann wandte sie sich hastig Alisa zu.
Warum vertraute er ihr? Weil sie so überirdisch schön war? So perfekt, dass ihr Anblick fast schon wehtat? Weil ihr Wesen seine Seele berührte?
Vampire haben keine Seele, dachte er, und das gewohnt sarkastische Lächeln umspielte seine Lippen, während er Malcolms vergebliche Anstrengungen beobachtete. Nach einer Weile war er sichtlich erschöpft und Catriona wandte sich Rowena zu. Das Mädchen schloss die Augen und imitierte die Handbewegung, die die Lycana ihnen gezeigt hatte. Und tatsächlich umhüllten sie dünne Nebelschwaden, und ihr Gesicht begann, sich mit grauem Fell zu überziehen, doch dann ließ ihre Konzentration nach und sie riss die Augen auf. Das war vermutlich der Moment, in dem Catriona eingriff und ihr half, ihr normales Aussehen zurückzuerlangen. Sie lobte Rowena und kam dann zu Alisa, Ivy und Franz Leopold. Ihr Blick richtete sich auf das Mädchen mit den silbernen Locken.
»Ivy?«
Zu Franz Leopolds Erstaunen setzte diese eine trotzige Miene auf.
»Nun gut, dann hilf deinen Freunden. Es wäre vielleicht ganz gut, wenn ihr zu zweit zusammengeht und den, der sich an der Verwandlung versucht, mit eurer Kraft unterstützt.«
Schon stand Franz Leopold an Ivys Seite und sah Alisa herausfordernd an, doch da diese gerade von Malcolm angesprochen wurde, musste er sich keinem Widerstand stellen.
»Ihr könnt anfangen«, forderte sie Catriona auf und wandte sich dann ab, um Malcolm und Alisa zu helfen.
»Zeige es mir!«, forderte Franz Leopold Ivy auf. »Ich möchte sehen, wie du dich in einen Wolf verwandelst.« Sie würde Seymour sicher ähnlich sehen, mit einem weißen Fell, das silbern wie ihr Haar schimmerte. Ob ihre Augen türkis blieben? Doch Ivy schüttelte den Kopf.
»Nicht ich soll es lernen. Du musst üben und ich werde dir dabei helfen.«
»Ah, du kannst es gar nicht!« Sein Versuch, sie zu provozieren, lief ins Leere. Sie ging nicht darauf ein.
»Fang an! Konzentriere dich! Ich will zumindest sehen, wie du mit einem pelzigen Gesicht aussiehst.« Sie lächelte ihn an. In diesem Moment vergaß er alles. Wo sie waren, was sie hier taten. In seinem Inneren trugen sich merkwürdige Dinge zu, und ein Schwindel erfasste ihn, der nichts mit den wirbelnden Nebeln des Formwandels zu tun hatte. Er sah nur noch Ivy, ihr Gesicht, ihr wundervolles Haar und dieses Lächeln, das sich schmerzhaft wie ein Dolch in ihn zu bohren schien. Er hatte nicht gewusst, wie wundervoll Schmerz sein konnte! Franz Leopold stand nur da, völlig bewegungslos, und starrte sie an.
Ivys Lächeln wandelte sich erst in Verwunderung, dann in Verlegenheit. Wie konnte er annehmen, dass ihr auch nur eine seiner inneren Regungen entging! Der Gedanke hätte ihm unangenehm sein müssen, und er hätte sie mit einer hochmütigen Geste zurückstoßen sollen, doch er tat es nicht. Er hatte nicht einmal den Wunsch, es zu tun. So war es an Ivy, das Band zu zerreißen. Es tat weh. Und dieses Mal war keine Süße in dem Schmerz.
»Versuche es, Leo«, sagte sie sanft. »Ich werde dir helfen, wenn deine Kräfte nicht ausreichen.«
Wovon sprach sie? Franz Leopold schüttelte sich, wie um sich aus einer Trance zu befreien. »Ach ja, die Verwandlung.« Er sah sich um. Alisa schien Fortschritte zu machen und ein Stück weiter hockte ein kleiner grauer Wolf. War das etwa Rowena? Catriona half gerade Anna Christina, die wie üblich abweisend dreinsah und sich nicht zu bemühen schien. Vielleicht war es der Anblick seiner Cousine und ihre Überheblichkeit, die den Ehrgeiz in ihm weckte. Man konnte von den Lycana halten, was man wollte, sich in einen Wolf, eine Fledermaus
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