Lycana
allerdings ebenfalls! Alisa war verwirrt. Ihr Blick begegnete dem des Dracas. Sein Lächeln verhieß nichts Gutes.
»Ah, du fühlst dich ihm überlegen. Du hältst dich für etwas Besseres. War das nicht, was du den Dracas immer vorgeworfen hast?«
»Das ist etwas ganz anderes!«, empörte sich Alisa.
»Ist es das?«
»Ja! Ich denke nicht darüber nach, welche Familie die stärkere oder bessere ist. Ich war nur erstaunt.«
»Dann kann sich die starke Alisa jetzt ohne fremde Hilfe in einen Wolf verwandeln«, stichelte der Dracas weiter.
Alisa schüttelte den Kopf. »Nein, aber du kannst es ohne Ivy auch nicht. Also spiel dich nicht so auf! Vermutlich könnte Ivy auch Luciano die Gestalt eines Wolfes geben!«
Sie funkelten einander an, bis Ivy einen Seufzer ausstieß. »Hört auf, ihr beiden. Wenn es euch so überaus wichtig ist, zu erfahren, wie groß die Fähigkeiten des anderen sind, dann verbindet euren Geist und wandelt euch zu Wölfen! Ihr verfügt beide über genug geistige Stärke, auch wenn euch noch die Erfahrung fehlt.«
Luciano klatschte in die Hände. »Ja, lasst mich sehen, ob es euch gelingt!«
Alisa sah Franz Leopold an. »Gut, dann versuchen wir es«, sagte sie zögernd und streckte zaghaft ihre Gedanken nach ihm aus. Er griff rüde nach ihnen und umklammerte sie mit seinem Geist, dass Alisa leise aufschrie.
»Fang an!«, drängte er ungeduldig. »Was ist?«
»So kann ich mich nicht konzentrieren«, herrschte sie ihn an.
»Gut, dann beginne eben ich mit dem Wechsel. Bleib hier und husche nicht so mit deinen Gedanken umher. Wie soll ich mich sonst deiner Geisteskräfte bedienen?«
Alisa holte tief Luft, sagte aber nichts, sondern schloss die Augen.
Franz Leopold sah zu Ivy und Luciano hinüber, die ihre Aufmerksamkeit ganz auf ihn und Alisa gerichtet hatten. Ja selbst Seymour schien ihn interessiert zu mustern. Franz Leopold reckte sich ein wenig und bemühte sich um eine überlegene Miene. Er würde es schaffen - wenn die Vamalia nicht zu schwach war! Er umklammerte den Energiefluss, den sie ihm zur Verfügung stellte, und verband ihn mit seinem eigenen. Dann rief er den Nebel. Dieses Mal kam er gleich in dichten Schwaden und wirbelte um ihn, dass er Ivy und Luciano aus den Augen verlor. Er fühlte, wie sich seine Glieder zu winden begannen. Ein Gefühl von Triumph und Macht breitete sich in ihm aus. Er war brillant! Das bisschen, was er von Alisas Kräften brauchte, konnte man vernachlässigen. Er war ein Dracas und er konnte sich nun in einen Wolf verwandeln! Dass Alisa vor Anstrengung stöhnte und zu wanken begann, beachtete er nicht.
Die stolze Miene beherrschte noch immer seine Züge, als er sich wieder in seine normale Gestalt zurückgewandelt hatte. Alisa presste die Hände gegen die Brust und atmete stoßweise.
»Nun du, oder fühlst du dich zu schwach?«
»Ich schaffe das!«, keuchte Alisa. »Nun öffne mir deinen Geist.«
Franz Leopold gehorchte, obwohl auch er sich ausgelaugt fühlte. Er spürte, wie sie an ihm zog, doch überraschenderweise zweigte sie nicht so viel von seiner Energie ab, wie er erwartet hätte, was bedeutete, dass sie den größten Teil aus sich selbst schöpfte. Franz Leopold sah sie neugierig an. Nicht nur ihr Gesicht drückte Konzentration aus, ihr ganzer Körper bebte. Sie war wild entschlossen, es zu schaffen und dabei so wenig fremde Hilfe wie möglich anzunehmen. Wider Willen musste Franz Leopold ihr Respekt zollen. Das hatte er nicht erwartet.
Alisas Wolf war mittelgroß, sein Fell von dunklem Grau, die Augen blau. Sie sprang mit heraushängender Zunge auf Seymour zu, der den Kopf an ihr rieb und dann an ihrer Seite eine Runde durch die Höhle jagte. Dann kam sie zurück und nahm ihr menschliches Äußeres wieder an.
»Ihr wart beide gut«, sagte Ivy.
»Ja, viel zu gut«, ergänzte Luciano mit Sehnsucht in der Stimme.
Ivy legte ihm tröstend den Arm um die Schulter. »Du wirst es auch schnell lernen. Hab Vertrauen in deinen Geist und deine Kräfte.«
»Mich würde interessieren, was die Lycana herausgefunden haben und wie ihre Vorsichtsmaßnahmen für den Tag aussehen«, mischte sich Alisa ein, und die anderen waren einverstanden, sich die Arbeiten an der neuen Höhle anzusehen und ein paar Gespräche zu führen.
»Schließlich haben wir ein Recht darauf, zu erfahren, was sie planen«, verteidigte Luciano ihre Neugier. »Ich will heute Abend nicht erwachen und feststellen, dass jemand in die Höhle eingedrungen ist und unsere Existenz für
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