Lycana
würden einen Ruheplatz finden.
»Solange die Arbeiten andauern, können wir in der großen Halle weiter unseren Unterrichtslektionen folgen«, sagte Ainmire und forderte sie auf, mit ihm zu kommen.
»Gehen wir heute Nacht gar nicht nach draußen?«, wollte Alisa wissen. Sehnsucht schwang in ihrer Stimme.
Ainmire schüttelte den Kopf. »Nein, das ist zu gefährlich. Solange wir nicht wissen, womit wir es zu tun haben, üben wir hier drinnen. Und ihr werdet euch heute auch nicht von der Gruppe entfernen!«
Franz Leopold schnaubte missmutig und auch Malcolm stieß einen ärgerlichen Laut aus.
»Und wann bekommen wir unsere Blutration?«, fragte Luciano.
Ainmire schüttelte bedauernd den Kopf. »Dafür ist heute Nacht keine Zeit.«
»Was?«
»Wir werden weder auf die Jagd gehen noch werden wir euch Blut in die Höhle bringen können. Diese Nacht müssen wir unseren Blutdurst bezähmen«, sagte er, als sei dies die leichteste Übung. Auf Lucianos Miene breitete sich Entsetzen aus und auch sein Vetter murrte. Hier in den Tiefen des Berges schaffte es nicht einmal sein Kater Ottavio, ihm Beute zu bringen. Ja, vermutlich musste selbst er in diesen Nächten hungern. Anna Christina schimpfte natürlich lautstark und beschwerte sich über die primitiven Bedingungen, denen sie ausgesetzt war. Marie Luise und Karl Philipp unterstützten sie, bis Ainmire Ruhe gebot.
»Reißt euch zusammen! Widmet euch eurer Aufgabe, als ob eure weitere Existenz davon abhinge. Wie schnell kann aus dieser Übung Ernst werden? Dessen solltet ihr euch immer bewusst sein. Dies kann der entscheidende Unterschied sein, der euch vor der Vernichtung bewahrt.«
Es kehrte Ruhe ein, und entschlossen machten sich die jungen Vampire daran, seine Anweisungen zu befolgen. Alisa und Franz Leopold schafften es bald, jeder für sich eine Fledermaus zu führen, und auch einige andere gingen schließlich sicher in raschem Schritt durch die finstere Höhle. Als Donnchadh und Catriona später von ihrer Erkundung zurückkehrten, zeigten sie sich überrascht und erfreut von den Fortschritten.
»Dann können jene, die bereits so weit sind, mit dem Gestaltwandel beginnen«, sagte er. Catriona nickte. Sie ging zwischen den Schülern umher, sah ihnen bei ihren Übungen zu und entschied dann, wer mit ihr kommen sollte. Zu Tammos großer Enttäuschung wählte sie zwar Joanne und Fernand aus, er selbst jedoch musste bei Ainmire bleiben.
»Du quälst die Tiere«, sagte Ainmire vorwurfsvoll, als sich die nächste Fledermaus schleunigst davonmachte, sobald Tammos Konzentration für einen Moment nachließ. »Du sollst sie nicht mit deinem Geist zerquetschen. Du sollst ihre Sinne nutzen!« Tammo seufzte und sah sehnsüchtig zu den anderen hinüber, die nun in der Mitte der Höhle um das Torffeuer saßen, das Catriona wieder entzündet hatte.
»Konzentriere dich! Willst du der Einzige sein, der später zurückbleiben muss, wenn wir uns in eine Schar Fledermäuse wandeln oder ein Rudel Wölfe, um die nächtlichen Weiten zu erkunden?«
Seufzend strengte sich Tammo an, eine neue Fledermaus zu rufen.
Um das Feuer versammelten sich derweil Alisa und Ivy, Franz Leopold, Fernand, Joanne, Rowena und kurze Zeit später auch Malcolm und Ireen. Catriona ließ den Blick über die gespannten Gesichter wandern.
»Wir sollten Anna Christina noch zu uns rufen. Franz Leopold, würdest du sie bitte holen?«
Er sah die Lycana verblüfft an. »Anna Christina? Ihr ist es doch nicht einmal gelungen, ein Schaf zu sich zu rufen, geschweige denn eine Fledermaus!«
Ein leichtes Lächeln huschte über das Gesicht der schönen Servientin. »Ihre Abscheu und ihr Trotz verbieten es ihr, uns zu gehorchen, aber sie ist nicht dumm und hat wohl erkannt, dass ihr diese Fähigkeiten von Nutzen sein können. Daher hat sie gut zugehört und ihre Kräfte trainiert, wenn keiner es gemerkt hat.«
»Keiner außer Catriona«, murmelte Franz Leopold. »Ich fürchte, ich habe sie unterschätzt.«
»Catriona oder Anna Christina?«, fragte Alisa.
»Vermutlich beide.«
»Es kam mir gleich seltsam vor, sie in dieser weit entfernten Grotte anzutreffen«, meinte Alisa nachdenklich. »Schon dort hätten wir merken müssen, dass sie sich auf Täuschung und Tiefstapelei versteht.«
Franz Leopold nickte und ging dann, seine Cousine zu holen. Mit versteinerter Miene trat sie zu den anderen. Alisa sah zu der restlichen Gruppe um Ainmire hinüber und fing Lucianos sehnsüchtigen Blick auf. Sie hätte ihm gern
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