Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lydia Strong 01 - Im Herzen die Sünde

Lydia Strong 01 - Im Herzen die Sünde

Titel: Lydia Strong 01 - Im Herzen die Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
Vom Netzwerk:
verspürte den übermächtigen Wunsch, auf Lydia aufzupassen, erinnerte sich an ihr Gesicht vor wenigen Minuten, an seine Hände an ihren Oberarmen. Für sie würde er sein Leben opfern.
    Vor ihm tanzte ein Lichtkegel durch die Nacht. Er kniff die Augen zusammen und versuchte etwas zu erkennen, als er Lydias Stimme hörte.
    »Ich bin hier«, rief er, »bleib stehen. Ich komme zu dir.«
    »Hast du dir weh getan?«, fragte sie.
    »Nein, ich sehe nur nichts und bin außer Puste.«
    Als sie ihn entdeckte, rannte sie auf ihn zu, hielt jedoch inne und fiel ihm nicht um den Hals. Vorsichtig berührte sie seine verletzte Schulter. Ihren Revolver trug sie in einem Halfter an der Hüfte.
    »Hast du ihn erkannt?«
    »Nein. Er ist entkommen. Ich weiß selbst nicht, wie. Er war groß und ziemlich ungeschickt. Er lief direkt vor mir, aber plötzlich war er weg. Kurz darauf habe ich in der Nähe ein Auto gehört.«
    »Ich habe die Polizei gerufen.«
    »Gut gemacht.«
    Lydia schmiegte sich an ihn, und Arm in Arm gingen sie zum Haus zurück.
    »Was glaubst du, wer es war?«, fragte sie.
    »Was denkst du?«, fragte er zurück. Ihr Tonfall verriet ihm, dass sie einen konkreten Verdacht hatte.
    »Er war es.«
    »Das kannst du nicht wissen.«
    »Ich kann es fühlen.«
    »Du klingst überzeugt.«
    »Das bin ich auch.«
    Sie gingen schweigend weiter, bis das Haus zwischen den Bäumen auftauchte.
    »Was glaubst du, Jeffrey?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Aber sie kannte ihn zu gut, und sein Schweigen sagte mehr als tausend Worte. Der beschützerische Arm um ihre Schulter. Sie blieb abrupt stehen und berührte seine Wange.
    »Wie immer bist du da, um mich zu retten.«
    »Mein Gott, du hast mich schon mehr als tausendmal gerettet.«
    »Du bist immer da, wenn es brenzlig wird.«
    »Es ist mir eine Ehre, Lydia.«
    »Ich weiß nicht, was ich tun soll, Jeffrey. Gib mir noch Zeit.«
    »Wie viel Zeit brauchst du denn, Lydia? Wovor hast du Angst?«
    Er strich ihr das Haar aus der Stirn und hob ihr Kinn mit sanftem Druck an. Das uralte Verlangen nach ihm brannte in ihr wie ein unstillbarer Hunger, und ihre Knie wurden weich. Er zog sie an sich. Nirgendwo fühlte Lydia sich so geborgen wie in seinen Armen. Das wurde ihr jeden Tag deutlicher. Sie erschauderte. Ihr Verlangen und ihre Angst überwältigten sie – so wie warnende Sirenen, die sich von allen Seiten näherten.
    »Lydia.«
    Sein Tonfall klang, als wollte er ihr etwas gestehen, und auf einmal wusste sie, dass sie das Gleiche fühlten. Aber kurz bevor seine Lippen die ihren berührten, zerrissen heulende Polizeisirenen und pulsierende, rot-blaue Warnlichter die dunkle, stille Nacht. Innerhalb von Sekunden tauchten mindestens zehn Uniformierte zwischen den Bäumen auf wie Gespenster.
    »Hier!«, rief Jeffrey ihnen zu. Immer noch hielt er Lydia an sich gedrückt. »Wir sind hier!«
    Sie liefen über die Einfahrt. Jeffrey ließ sich das Handy eines Officers geben, um Simon Morrow zu benachrichtigen. Während Lydia mit einer jungen Polizistin sprach, blieb ihr Blick an der Haustür hängen. Sie sprach nicht weiter, sondern ging zum Haus. Jeffrey folgte ihr. Auf der steinernen Stufe vor dem Eingang lag eine in Zeitungspapier eingewickelte Schachtel.
    »Ich brauche Einmalhandschuhe, einen Brieföffner oder ein Messer und eine Pinzette«, sagte Lydia zu dem Officer, der ihr gefolgt war.
    »Sei vorsichtig«, sagte Jeffrey.
    »Er ist nicht der Unabomber«, antwortete Lydia.
    »Wir wissen nicht, wer er ist.«
    Lydia zuckte die Achseln und trat einen Schritt zurück. Sie musterte die Schachtel mit etwas Abstand und bemerkte, dass sie in die Zeitungsseite mit dem Artikel über Maria Lopez’ Verschwinden eingewickelt war. Der Officer kam mit den Sachen zurück, und Lydia näherte sich dem Paket.
    »Wir sollten das Bombenentschärfungskommando rufen«, sagte Jeffrey und berührte ihren Arm.
    »Damit wir in zwei Stunden erfahren, was drin ist? Das Risiko gehe ich ein. Er ist ein Serienmörder, kein Bombenbastler.«
    Jeffrey setzte sich neben Lydia auf die Treppe, während sie vorsichtig das Klebeband zerschnitt und das Zeitungspapier auseinanderschlug. In der Schachtel lag ein rotgoldener Montblanc-Füller. Auf der kleinen, schlichten Grußkarte stand nur ein einziger Satz: Mein ist die Rache .

SECHZEHN
    L ydia lag auf ihrem Doppelbett unter weichen Laken aus ägyptischer Baumwolle und einer cremeweißen Chenilledecke. Die Daunendecke war zu einem unordentlichen Haufen auf den Boden gerutscht, weil Lydia

Weitere Kostenlose Bücher