LYING GAME - Mein Herz ist rein: Band 3 (German Edition)
dachte nach. »Haben Sie Fingerabdrücke im Auto gefunden?«
Quinlan seufzte. »Nur deine und die deines Vaters. Das Auto gehört euch gemeinsam, richtig?«
»Ja«, sagte Emma abwesend. Mr. Mercer hatte ihr erzählt, dass er und Sutton den Volvo gemeinsam restauriert hatten.
Quinlan hustete. »Nun, da wir keinen Grund mehr haben, dein Auto noch länger hierzubehalten, kannst du es jederzeit abholen«, sagte Quinlan knapp.
»Danke«, sagte Emma, aber er hatte bereits aufgelegt.
Emma starrte ihr Handy an, als sei es eine außerirdische Lebensform. Der Wind blies ein kaltes, nasses Blatt gegen ihren Knöchel und in der Ferne heulte ein Motor auf. Die Welt drehte sich einfach weiter, aber Emma kam sich völlig verändert vor. Es war Thayers Blut? Aber … wieso?
Ich war ebenso geschockt wie sie und dachte wieder an die Erinnerung, die ich gerade erhalten hatte. Es ergab keinen Sinn: Thayer war doch durchgedreht und hatte mich angegriffen – und nicht umgekehrt. Es gab nur eine mögliche Erklärung: Irgendwie musste ich es geschafft haben, in mein Auto zu steigen und Thayer anzufahren, bevor er mich umbrachte. Das machte mich froh. Thayer mochte mir das Leben geraubt haben, aber ich hatte mich vorher wenigstens noch kräftig zur Wehr gesetzt.
21
Mom wird’s schon richten
In dieser Nacht warf sich Emma schlaflos im Bett umher. Irgendwann schaute sie auf die neongrünen Ziffern auf Suttons Wecker. Es war zehn nach zwei Uhr morgens. Sie war mit einem Taxi nach Hause gefahren und hatte seitdem nur geheult. Ihre Kehle war so trocken, dass sie kaum schlucken konnte. Sie war noch nie so verstört und einsam gewesen. Nicht einmal, als sie aus Henderson wegziehen und sich von Alex trennen musste. Nicht einmal, als sie einen ganzen Monat lang im Waisenhaus verbringen musste, weil keine geeignete Pflegefamilie zur Verfügung stand. Und nicht einmal, als Becky sie bei den Nachbarn zurückgelassen hatte und auf Nimmerwiedersehen verschwunden war. Das alles waren traurige und schwere Zeiten gewesen, aber als sie aus Henderson weggezogen war, konnte sie wenigstens noch mit Alex telefonieren. Im Waisenhaus konnte sie mit dem Mädchen spielen, das mit ihr das Stockbett teilte. Und als Becky sie verlassen hatte, konnte sie sich bei der Mutter ihrer Freundin ausweinen und ihr sagen, wie sehr sie Becky vermisste.
Aber jetzt lebte sie mit einem riesigen Geheimnis, das tonnenschwer auf ihr lastete. Und jetzt, da Ethan auf sie sauer war – so sauer, dass er nie wieder mit ihr reden würde –, hatte sie niemanden mehr, an den sie sich wenden konnte. Sie durfte niemandem sonst erzählen, wer sie wirklich war. Sie konnte sich nicht einmal eine Liste mit den Dingen, die sie an Suttons Leben hasste und an Emmas Leben vermisste, machen, denn jemand hätte sie entdecken und ihre wahre Identität herausfinden können.
Und die Neuigkeit, dass das Blut an ihrem Auto von Thayer stammte, jagte ihr Angst ein. Bedeutete das, Sutton hatte ihn überfahren? Hinkte er deshalb jetzt? Madelines Stimme hallte in Emmas Kopf wider: Er wird nie wieder Fußball spielen können. Das war sein Lebenszweck – seine Berufung – und jetzt ist seine Zukunft ruiniert. Vielleicht war das ja ein mögliches Motiv? Vielleicht war Thayer so wütend darüber gewesen, dass Sutton ihn angefahren hatte, dass … er sie aus Rache tötete?
Emma ließ den Kopf wieder auf Suttons Daunenkissen sinken, dessen weiche Federn sich ihrer Kopfform perfekt anpassten. Sie war völlig überwältigt. Warum tat sie sich das eigentlich an? Vielleicht sollte sie einfach abhauen und alles hinter sich lassen. Jetzt wäre der Zeitpunkt günstig. Thayer saß hinter Gittern und konnte ihr nicht nachspionieren. Sie wäre endlich frei. Sie war volljährig und konnte ihren Schulabschluss auch durch eine Prüfung erwerben. Sie konnte sich irgendwo anders niederlassen und sich um einen Platz an einem staatlichen College bewerben …
Aber Emma wusste, dass sie nicht weggehen würde. Sie lebte das Leben eines Menschen, den sie unbedingt kennenlernen wollte, und versuchte, den Mord an ihrer Schwester aufzuklären. Wenn sie jetzt einfach aufgab, würde sie sich das nie verzeihen. Denn aufzugeben bedeutete, dass die Person, die Sutton ermordet und Emma der Chance beraubt hatte, ihre Zwillingsschwester kennenzulernen, ungeschoren davonkäme.
Der Gedanke, dass mein Mörder unbestraft bleiben würde, war mir unerträglich. Ich konnte diese Vorstellung nicht akzeptieren und hoffte, dass Emma stark
Weitere Kostenlose Bücher