LYING GAME - Mein Herz ist rein: Band 3 (German Edition)
ohne mich dabei zu verraten.«
Ethan tat so, als sei er von den Nähten an seiner Hose geradezu fasziniert. Zwei Schülerinnen aus dem Designkurs fuhren auf Fahrrädern an ihnen vorbei. Offenbar schwänzten sie auch.
»Ethan«, sagte Emma frustriert. »Bitte rede mit mir! Es tut mir leid. Ich weiß nicht, was ich sonst sagen soll. Sei nicht mehr wütend auf mich, bitte.«
Endlich atmete Ethan lange aus. Er starrte auf seine Handflächen und sagte: »Okay. Mir tut es auch leid. Ich glaube, als du gesagt hattest, Suttons Freundinnen wollten mir einen Streich spielen … bin ich einfach ausgerastet.«
»Aber warum hast du mir nicht geglaubt, dass ich nichts damit zu tun hatte?«
Ethan schüttelte den Kopf. Als er weitersprach, klang seine Stimme gequält. »Du siehst einfach ganz genau so aus wie sie. Du trägst ihre Kleider. Du hängst mit ihren Freundinnen ab. Ihr Medaillon hängt um deinen Hals.«
»Na und?«
Ein Muskel an Ethans Hals zuckte. Als er wegsah, kapierte Emma, dass da noch etwas sein musste, was er ihr nicht sagte. Er schaute sie wieder an und sie sah Schmerz in seinen Augen.
»Ich habe dir das noch nicht erzählt, aber in der neunten Klasse war ich eins der ersten Opfer des Lügenspielclubs. Sutton und ihre Freundinnen spielten mir einen schlimmen Streich und ruinierten damit meine Chance auf ein Stipendium für ein naturwissenschaftliches Förderprogramm, an dem ich unbedingt teilnehmen wollte. Meine Familie hatte nicht genug Geld, um mich auch so hinzuschicken. Ich hatte den Platz quasi sicher, aber nach dem Streich … bekam ich ihn nicht.« Er klopfte mit dem Fuß auf den Metallboden. Es schepperte. »Ich dachte, ich sei schon längst drüber weg, aber das stimmt wohl nicht.«
Ich schwebte neben den beiden und fühlte mich schrecklich. Schon wieder ein Beispiel dafür, dass meine Streiche echten Schaden angerichtet hatten. Ich versuchte, mich daran zu erinnern, was wir Ethan angetan hatten, aber ich konnte nichts sehen. Ich hatte nur eine einzige Erinnerung an Ethan. Als meine Freundinnen mich entführt und meine Hinrichtung simuliert hatten, war Ethan dazwischengeplatzt und hatte mich gerettet. Einen Moment lang war ich ihm unendlich dankbar dafür gewesen … aber dann ärgerte ich mich nur noch darüber, dass er gesehen hatte, wie verängstigt ich gewesen war.
»Was genau haben sie denn gemacht?«, fragte Emma.
»Das ist jetzt egal«, sagte Ethan achselzuckend. »Jedenfalls haben sie meine Chancen auf das Stipendium zerstört.«
Emma nahm Ethans Hand und drückte sie fest. »Hör mir mal zu. Ich bin nicht Sutton, okay? Es kann sein, dass wir uns in mancher Hinsicht ähnlich sind, aber ich würde dir niemals wehtun. Das musst du mir glauben.«
Ethan nickte langsam, verschränkte seine Finger mit ihren und erwiderte ihren Händedruck. »Das weiß ich auch. Ich schwöre es. Und es tut mir leid, dass ich dir die kalte Schulter gezeigt habe. Ich hätte dir glauben sollen.«
Sie schwiegen eine Weile und beobachteten ein paar Amseln, die in der Mitte der Aschenbahn landeten und dann wieder aufflogen. »Weißt du was?«, sagte Emma langsam und lächelte unwillkürlich. »Wir sollten sie mit ihren eigenen Waffen schlagen.«
»Suttons Freundinnen?« Ethan schaute sie skeptisch an. »Bist du sicher?«
»Oh ja. Ich mag sie gern, aber ich glaube, sie hätten eine Lektion verdient. Ich habe keine Lust mehr darauf, Leuten Streiche zu spielen. Wenn wir sie überlisten, verliert das Lügenspiel vielleicht seinen Reiz für sie.« Sie drehte sich Ethan zu. »Im Moment planen Suttons Freundinnen, dir vor deiner Lesung ein paar Gedichte zu klauen und sie unter anderem Namen online zu stellen. Sie wollen, dass du als Plagiator dastehst.«
Ethan pfiff durch die Zähne. »Wow. Das ist schäbig.« Seine hellen Augen verdunkelten sich und er schaute auf die Bahn hinaus. »Warum wollen sie mir das antun?«
Eine Wolke schob sich vor die Sonne, und Emma beobachtete, wie ihr Schatten verschwand. »Laurel ist stinksauer auf mich, weil ich Thayer in Schwierigkeiten gebracht habe. Das ist ihre Rache. Sie weiß, dass ich dich …«, sie schluckte verlegen, »… dich mag, und sie will mich an meinem wunden Punkt treffen.«
Ethan lächelte leicht. »Verstehe. Sollen wir uns heute Abend an unserem üblichen Platz treffen und Pläne schmieden?«
»Ich fürchte, wir müssen uns einen neuen Platzsuchen, da Laurel jetzt weiß, dass wir uns dort treffen«, sagte Emma. Ihr war warm und entspannt zumute. Gott sei Dank
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