LYING GAME - Mein Herz ist rein: Band 3 (German Edition)

Fahrertür und ließ sich in den Ledersitz fallen. Ein seltsames Gefühl überkam sie. Dieses Auto brachte ihr Sutton so nahe, als sei ihre Zwillingsschwester auf einmal bei ihr. Sie schloss die Augen und sah ihre Schwester hinter dem Steuer sitzen, ihr Haar zurückwerfen und über etwas lachen, das Charlotte oder Madeline gesagt hatte. Emma berührte den silbernen Schutzengelanhänger am Rückspiegel und glaubte, einen Hauch von Suttons Parfüm zu riechen. Sie wusste, wie sehr es ihre Schwester geärgert hätte, dass Polizisten ihr Ein und Alles durchsuchten und betatschten.
    Ich werde gut für ihn sorgen, Sutton , dachte Emma und legte die Hände an das lederbezogene Lenkrad.
    Ich lächelte. Das wollte ich ihr auch geraten haben.
    Jemand klopfte ans Fenster. Emma zuckte zusammen und schaute auf. Officer Moriarty. Sie kurbelte das Fenster herunter.
    »Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Miss?«, fragte er in ruppigem Ton.
    »Nein, danke. Alles in Ordnung«, sagte Emma so naiv-unschuldig als möglich. »Vielen Dank für Ihre Hilfe.«
    »Dann sollten Sie jetzt losfahren«, sagte der Officer, die Daumen in seine Gürtelschlaufen gehakt.
    Emma nickte, kurbelte das Fenster wieder hoch und steckte den Zündschlüssel ins Schloss. Sie musste weder den Spiegel noch den Sitz verstellen – sie waren perfekt für sie, genau wie für Sutton. Als sie von dem umzäunten Gelände fuhr, fiel ihr etwas auf dem Beifahrersitz auf. Zwischen Rückenlehne und Sitzpolster steckte etwas. Ein winziges Stück Papier.
    Sie fuhr so lange weiter, bis die Polizeiwache nicht mehr zu sehen war, und hielt dann am Straßenrand. Mit gefurchter Stirn zog sie an dem Stückchen Papier, bis es schließlich herausrutschte. Auf dem kleinen Fetzen standen die Worte: Dr. Sheldon Rose.
    Sie erkannte die kantige Schrift sofort, denn sie hatte sie auf den Briefen in Suttons Spind gesehen. Thayer hatte das geschrieben. Ihr Herz klopfte laut. Sie blickte sich um, und in diesem Augenblick fuhr ein Polizeiauto vom Parkplatz, schaltete Blaulicht und Martinshorn ein und fuhr in ihre Richtung los. Ein paar schreckliche Sekunden lang war Emma davon überzeugt, dass die Bullen hinter ihr her waren. Vielleicht war es ein Test gewesen, dieses wichtige Beweisstück im Auto zu lassen. Dann bekam sie jetzt Ärger, weil sie es nicht sofort ausgehändigt hatte. Aber der Streifenwagen fuhr an ihr vorbei und der Beamte hinterm Steuer starrte stur geradeaus.
    Emma atmete aus. Die Bullen waren nicht hinter ihr her. Sie hatten keine Ahnung, was sie da gerade gefunden hatte.
    Ich hoffte nur, dass es uns Antworten bringen würde.

23
    Psycho-Test
    Emma fuhr ziemlich genau zwei Kilometer, dann hielt sie wieder an, und zwar diesmal auf dem Parkplatz des Botanischen Gartens von Tucson. Hinter dem Zaun waren bunte Blüten zu sehen und Kolibris, die zwischen ihnen umherschwirrten. Aber der Garten war bereits geschlossen und der Parkplatz beinahe leer. Der perfekte Ort, um in Ruhe nachzudenken. Emma konnte nicht erst zu Hause nachsehen, wer Dr. Sheldon Rose war. Sie musste es jetzt wissen.
    Sie nahm Suttons iPhone vom Beifahrersitz und tippte Dr. Sheldon Rose in die Suchmaschine. Sekunden später erschienen die Ergebnisse, eine ganze Handvoll Ärzte aus dem ganzen Land. Gastroenterologen, Kardiologen. Ein Typ, der sich auf Chakra-Reinigung spezialisiert hatte. Artikel, die von Wissenschaftlern namens Sheldon Rose verfasst worden waren und Titel wie Das Gehirn in Bewegung und Gesunde Leber, Gesundes Leben trugen.
    Es folgten die Doktoren der Geisteswissenschaften – ein Sheldon Rose unterrichtete viktorianische Literatur an der University of Virginia, ein Sheldon Rose arbeitete in einem Raucherentwöhnungsprogramm in New Hampshire und der nächste war Chef des Informatiklehrstuhls des MIT .
    Emma klickte einen Hausarzt an. Vielleicht hatte Thayer sich eine Grippe oder eine andere Infektion eingefangen. Die Website zeigte sechs Ärzte, die in einer Klinik namens Wyoming Health arbeiteten, einem alten Backsteinbau. Dr. Sheldon Rose aus Casper, Wyoming, schaute sie mit einem selbstzufriedenen Grinsen auf seinem mit Aknenarben übersäten Gesicht an. Irgendwie passte das nicht.
    Ein Auto hupte auf der Straße und ein paar Kids fuhren auf BMX -Rädern vorbei. Ein Schatten an der Seitenmauer der Tankstelle auf der anderen Straßenseite beunruhigte Emma kurz, aber als sie noch einmal genauer hinsah, war nichts mehr dort. Beruhig dich , dachte sie. Dir ist niemand gefolgt. Niemand weiß, dass