LYING GAME - Mein Herz ist rein: Band 3 (German Edition)
zweifellos tonnenweise Fotos machen und auf Facebook und Twitter posten. Es war schon komisch: In ihren bisherigen Schulen hatte Emma sich immer heimlich gewünscht, zu den beliebten Kids zu gehören, deren Aktivitäten auf allen sozialen Netzwerken die Runde machten. Aber jetzt war sie eins dieser Mädchen, und prompt wünschte sie sich nur, dass man sie in Ruhe ließ.
Man will eben immer das, was man nicht hat, dachte ich.
Laurel und Emma folgten Madeline durch den langen Flur, der in die riesige Küche der Chamberlains führte. Sie sah genauso aus wie die Küchen in den Dekorationszeitschriften, die Alex’ Mom Glenda immer verschlungen hatte. Sie hatte ihre Lieblingsseiten immer ausgerissen und in einen Ordner mit der Aufschrift »Traumhaus« geheftet. Es duftete nach Braten, frischem Brot und – natürlich – Charlottes Chanel Chance. Emmas Blick wanderte kurz zu der Kochinsel, an der sie ein unbekannter Angreifer überwältigt und mit Suttons Medaillon gewürgt hatte.
Aber jetzt war der Angreifer nicht mehr namenlos. Es war Thayer gewesen. Emma schaute Madeline unbehaglich an. Was würde sie tun, wenn sie herausfand, dass ihr geliebter Bruder ein Mörder war? Sie wäre am Boden zerstört, denn sie würde nicht nur erfahren, dass ihre beste Freundin nicht mehr am Leben war, sondern obendrein noch Thayer verlieren.
»Wollt ihr was trinken, Mädels?« Charlotte schaute hinter der offenen Kühlschranktür hervor. Sie trug ein enges schwarzes Kleid, das an ihrer nicht gerade schmalen Taille mit Lederdreiecken besetzt war. Das Kleid stand ihr Emmas Meinung nach nicht besonders gut, aber sie wagte nicht, etwas zu sagen.
»Schade, dass ihr keinen Champagner trinken dürft«, trällerte Mrs. Chamberlain, die aus dem Esszimmer gekommen war. Sie legte Charlotte eine Hand auf die Schulter. »Wenn ihr Mädels die Party sausen lassen und heute Abend hierbleiben würdet, könntet ihr mit mir ein Fläschchen Veuve Cliquot leeren. Aber ich kann euch ja nicht betrunken Auto fahren lassen.«
»Das macht nichts, Mom«, sagte Charlotte verlegen. Gäbe es die Real Housewives of Tucson , wäre Charlottes Mom auf jeden Fall dabei gewesen. Sie sah zehn Jahre jünger aus, als sie war – Charlotte behauptete, das liege an ihren monatlichen Botoxspritzen und der Tatsache, dass sie täglich Stunden auf dem Ellipsentrainer verbrachte –, und sie trug schickere Outfits als die meisten Kids der Hollier. Heute war sie in ein enges schwarzes Kleid gehüllt, das ihren chirurgisch aufgepeppten Busen betonte. Außerdem wollte sie unbedingt Charlottes beste Freundin und nicht ihre Mutter sein. Ein himmelweiter Unterschied zu den Pflegemüttern, die ihre Schützlinge nur beachteten, wenn sie sie gerade anschrien oder ihnen Lügen eintrichterten, die sie beim Sozialamt von sich geben sollten, damit die monatlichen Schecks weiter eintrafen.
»Ich freue mich, dass ihr gekommen seid«, fuhr Mr. Chamberlain fort und führte die Mädchen ins Esszimmer. Der Tisch war für fünf gedeckt und neben jedem Glas stand eine Platzkarte wie auf einer Hochzeit. Emma war neben Charlotte und gegenüber Madeline platziert.
Als Mrs. Chamberlain in die Küche ging, um Wassergläser zu holen, beugte sich Emma vor. »Wo sind die Twitter-Zwillinge?« Ihr war plötzlich aufgefallen, dass am Tisch gar nicht gesmst wurde.
Laurel warf Madeline und Charlotte einen Blick zu und sagte dann achselzuckend: »Weißt du das nicht? Sie sind beim Friseur. Ich sage dir, dass sie zu ihrer ersten Geheimparty als Mitglieder des Lügenspielclubs eingeladen sind, ist ihnen ziemlich zu Kopf gestiegen.«
Charlotte studierte die Platzkarten und blickte dann zu ihrer Mutter auf, die gerade zurückgekommen war. »Brauchen wir nicht noch ein Glas für Dad?«
Mrs. Chamberlain wirkte plötzlich gestresst. »Er kommt nicht«, sagte sie schnell. »Er muss heute länger arbeiten.«
»Schon wieder?« Charlottes Tonfall war scharf.
»Würdest du mir die Flasche Sancerre holen, Charlotte?«, bat Mrs. Chamberlain angespannt. Verlegenes Schweigen senkte sich über den Tisch. Emma erinnerte sich daran, dass sie Mr. Chamberlain kurz nach ihrer Ankunft in Tucson im Sabino Canyon gesehen hatte, obwohl er eigentlich auf Geschäftsreise hätte sein sollen. Vielleicht hatte er ein Geheimnis – und wahrscheinlich hatten Charlotte und ihre Mutter Verdacht geschöpft.
Charlotte holte eine pinkfarbene Flasche aus dem Weinkühlschrank neben dem Waschbecken, entkorkte sie und schenkte ihrer Mutter ein
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