LYING GAME - Mein Herz ist rein: Band 3 (German Edition)
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Sie scrollte durch die nächste Seite der Suchergebnisse. Was genau sie suchte – und wie lange es dauern würde, es zu finden –, wusste sie nicht, aber irgendetwas musste dort sein, und sie würde es erkennen, wenn sie es sah. Sie klickte Link um Link an und landete jedes Mal wieder in einer Sackgasse. Nach zehn Minuten war sie kurz davor, aufzugeben. Aber dann stieß sie plötzlich auf die Website eines Dr. Sheldon Rose, in Seattle, Washington. Als Emma sie öffnete, stockte ihr der Atem. Auf der Homepage sah sie das Emblem eines Adlers mit ausgebreiteten Schwingen und nach links gewandtem Kopf. Unter seinen Klauen standen die Buchstaben S.P.H. Es war der Adler aus Thayers Tätowierung.
Mit rasendem Puls klickte sie die Links an. Ein Foto von Dr. Rose, der sie aus schwarzen Augen hinter einer roten Hornbrille ansah. Sein rasierter Kopf und kräftiger Kiefer ließen ihn mehr wie den Rausschmeißer in einem Motorradclub als einen Arzt wirken. Emma wurde leicht übel, als sie seine biografischen Daten las: Dr. Sheldon Rose war ein Psychiater, der sich auf psychopathisches Verhalten und extreme mentale Störungen spezialisiert hatte. Er behandelte seine Patienten im Seattle Psychiatric Hospital – S.P.H. Eine Nervenklinik. Die Wörter auf dem winzigen Display verschwammen vor Emmas Augen. War Thayer in einer Nervenklinik gewesen? Trug er deshalb das Adler-Tattoo auf dem Arm? Und in welchem psychischen Zustand war er an dem Abend gewesen, an dem Sutton verschwunden war?
Ich dachte wieder daran, wie wütend Thayer gewesen war, als er mich auf dem Pfad verfolgte. Als sei ihm mehr als eine Sicherung durchgebrannt. Hatte er eigenmächtig seine Medikamente abgesetzt?
Mit zitternden Fingern wählte Emma die angegebene Nummer des Krankenhauses. Nach einem Klingeln hob eine Frau ab und meldete sich mit den Worten: »Seattle Psychiatric.«
»Ich rufe an, weil ich fragen möchte, ob jemand Patient bei Ihnen war«, sagte Emma. »Sein Name ist …«
»Tut mir leid, Miss. Das sind vertrauliche Informationen. Wir geben die Namen unserer Patienten nicht heraus.« Ein ärgerliches Klicken und das Freizeichen erklang wieder.
Hallo? Natürlich gaben sie solche Informationen nicht weiter. Emma fuhr sich durchs Haar und überlegte, wie sie die Wahrheit herausfinden sollte. Ein Müllauto rumpelte an ihr vorbei. Der Wind frischte auf und trug einen seltsamen Geruch ins Auto, eine Mischung aus altem Müll und Blumenduft aus dem Garten. Emma schaute wieder zu der Tankstelle gegenüber und hielt nach dem seltsamen Schatten Ausschau. Erst als sie sicher war, dass dort niemand stand, räusperte sie sich und drückte auf Wahlwiederholung.
»Seattle Psychiatric.« Diesmal war es eine Männerstimme. »Ich möchte Dr. Sheldon Rose sprechen«, sagte Emma in geschäftsmäßigem Tonfall.
»Und wen darf ich melden?« Die Stimme klang gelangweilt, als wäre der Sprecher am liebsten ganz woanders.
»Dr. Carole Sweeney«, sagte Emma und nannte damit den Namen der ersten Ärztin, die ihr einfiel. Dr. Sweeney war ihre Lieblingskinderärztin gewesen – und sie hatte mindestens ein Dutzend gehabt. Während der zehn Monate, die sie bei einer Pflegefamilie im Norden Nevadas gelebt hatte, waren sie und die sechs anderen Pflegekinder bei Dr. Sweeney in Behandlung gewesen. Ihre Pflegemutter konnte sich keinen Babysitter leisten, also schleppte sie immer, wenn eins der Kinder krank wurde, alle sechs in die Praxis. In Dr. Sweeneys Wartezimmer gab es Bauklötze in allen Farben des Regenbogens, Plüschtiere und Malbücher, die auf einem roten Plastiktisch in der Mitte des Zimmers lagen. Und selbst wenn Emma und ihre Pflegegeschwister sich um den Tisch jagten und dabei Lärm machten, war Dr. Sweeney immer sehr nett zu ihnen gewesen.
»Büro Dr. Rose«, meldete sich eine Frauenstimme.
»Ist der Doktor zu sprechen?« Emma versuchte, ungeduldig und gebieterisch zu klingen.
»Nein, er ist nicht im Haus. Kann ich ihm etwas ausrichten?«
»Mit wem spreche ich?«, fragte Emma.
Sie hörte, wie am anderen Ende der Leitung tief eingeatmet wurde.
»Hier ist Penny, Dr. Roses Assistentin«, sagte die Stimme schließlich.
»Hier spricht Dr. Carole Sweeney vom Tucson Medical«, sagte Emma. Sie sprach in so drängendem Tonfall, als gehe es um Leben und Tod. »Ich habe gerade einen Patienten namens Thayer Vega aufgenommen. Es geht ihm nicht gut.«
»Nicht gut? Was meinen Sie damit?«
Emma hatte Gewissensbisse. Sie hasste es, so zu lügen.
Aber ich
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