LYING GAME Und raus bist du
zittriger Schrift eilig geschrieben. Und ich glaube, ich weiß auch, wer.
Emma las den Eintrag wieder und wieder. Sie hatte das Gefühl, als habe jemand in ihre Brust gegriffen und würde ihr Herz zusammendrücken.
Ich konzentrierte mich nach Kräften, aber mir fiel nichts dazu ein.
Emma legte das Tagebuch auf Suttons Schreibtisch neben den Computer. Sie bewegte die Maus auf dem himmelblauen Pad, und der Bildschirm erwachte zum Leben. Sie öffnete den Browser und klickte auf Facebook. Suttons Profil lud automatisch. Emma las wieder alle Einträge und Nachrichten, und langsam erkannte sie eine Art Muster. Im August hatte Sutton Ich kann dich sehen an Laurels Pinnwand geschrieben. Im Juli hatte sie die Nachricht Du freche kleine Spionin an Madeline geschickt. Im Juni hatte Charlotte eine private Nachricht von ihr erhalten: Du bist hinter mir her, richtig? Sogar auf die Profile der Twitter-Zwillinge hatte sie etwas Ähnliches gepostet: Hört doch endlich mit euren Intrigen gegen mich auf.
»Was machst du da?«
Emma fuhr herum. Laurel lehnte am Türrahmen, ihr iPhone in der Hand. Sie hatte das blonde Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden und trug ein pinkfarbenes Frottee-Strandkleid und schwarze Zehensandalen. Ihre Augen waren hinter schwarzen Ray-Bans verborgen, aber auf ihrem Gesicht lag ein breites Lächeln.
»Meine Mails checken«, sagte Emma so lässig wie möglich.
Das iPhone in Laurels Hand piepte, aber sie ignorierte es, starrte Emma weiterhin an und drehte dabei einen silbernen Ring am Finger. Dann fiel ihr Blick auf das offene Vorhängeschloss auf dem Bett. Das Tagebuch auf dem Schreibtisch. Die Mitgliedskarte auf Emmas Schoß. Emma schlug das Herz bis zum Hals.
Schließlich sagte Laurel achselzuckend: »Ich gehe gleich in den Pool, falls du auch rauswillst.« Sie schloss die Tür hinter sich, als sie ging.
Emma schlug noch einmal die Tagebuchseite mit dem Eintrag auf: Manchmal glaube ich, dass meine Freundinnen mich hassen. Und zwar ausnahmslos alle. Sie knirschte mit den Zähnen. Emma hatte ihren Vater nie gekannt. Ihre Mutter hatte sie verlassen. Und jetzt war ihr auch noch ihre Schwester genommen worden, bevor sie die Chance gehabt hatte, sie kennenzulernen. Emma wusste nicht, ob sie Sutton überhaupt gemocht hätte, aber das würde sie jetzt nie erfahren. Suttons Freundinnen – oder ihre Schwester – würden mit ihrem Verbrechen nicht davonkommen. Jetzt hatten sie es schließlich mit Emma zu tun. Sie würde herausfinden, was sie Sutton angetan hatten, und beweisen, dass sie für den Tod ihrer Schwester verantwortlich waren. Sie musste ihre Rolle weiterspielen, bis sie die nötigen Informationen gesammelt hatte.
Sie drehte sich zum Computer um, klickte Suttons Statusleiste an und tippte: Lasst das Spiel beginnen, ihr Biester.
Drei Antworten auf ihre Statusmeldung erschienen beinahe sofort auf dem Schirm. Der erste Kommentar stammte von Charlotte: Ein Spiel? Erzähl. Ich bin dabei! Dann Madeline: Ich auch! Und Laurel fügte hinzu: Dito! Es ist ein Geheimnis, richtig?
So in etwa , tippte Emma als Antwort. Aber diesmal würde der Streich auf ihre Kosten gehen. Und es ging dabei um Leben und Tod.
21 – Fruchtlose Spionage
»Wo willst du zu Abend essen?«, fragte Garrett und lenkte seinen Jeep Wrangler einen Hügel hinab.
»Hm, keine Ahnung.« Emma knabberte an ihrem Zeigefinger. »Such du doch was aus.«
Garrett sah sie geschockt an. »Ich?«
»Wieso nicht?«
Ein glasiger, ratloser Ausdruck legte sich auf Garretts Gesicht. Er erinnerte Emma an die kaputte Elmo-Puppe, die sie bei ihrer ersten Pflegefamilie von einem älteren Mädchen bekommen hatte. Manchmal hatte der Elmo in die Luft gestarrt und nicht mehr gewusst, was er als Nächstes tun sollte. »Aber du suchst doch immer die Restaurants aus«, sagte Garrett.
Emma drückte sich die Fingernägel in die Handfläche. Sie hätte ihm gerne gesagt, dass sie verdammt noch mal kein Restaurant aussuchen konnte, weil sie sich hier überhaupt nicht auskannte. Dann sah sie einen Delikatessenladen an der Straße. »Lass uns doch ein paar Sachen kaufen und auf dem Berg ein Picknick machen.«
»Cool.« Garrett überquerte drei Fahrspuren und schafft e es gerade noch auf den Parkplatz des Ladens.
Es war Samstagabend kurz nach 19 Uhr, und die Sonne stand tief über dem Horizont. Garrett war vor einer halben Stunde vor der Tür der Mercers aufgetaucht, einen Strauß Blumen in der Hand und über und über nach verschiedenen Parfüms riechend – Deo,
Weitere Kostenlose Bücher