LYING GAME Und raus bist du
Cosette sein.«
»Ich erinnere mich«, wollte ich schreien. Das stimmte zwar nicht, aber ich wünschte mir, es wäre so. Das war doch alles nicht möglich. Laurel und ich hatten zusammen Les Miz nachgespielt – wie konnte es sein, dass wir uns jetzt hassten? Wie war es möglich, dass meine Schwester mich ermordet hatte?
Aber Emma war überzeugt davon, dass Laurel es getan hatte – sie würde niemals vergessen, wie Laurel sie heute Nacht fast erstickt hatte. Sie wusste nur nicht, warum. Eigentlich sollte sie doch wollen, dass Emma am Leben blieb, denn nur so würde niemand anfangen, Sutton zu vermissen. Vielleicht spielte Emma ihre Rolle nicht gut genug. Vielleicht stellte sie zu viele Fragen und stellte zu viele Nachforschungen an.
Etwas auf der anderen Seite der Veranda erregte Emmas Aufmerksamkeit. Ein großer Junge mit kurzem Haar, der ein schmal geschnittenes schwarzes Hemd und Jeans trug, kam durch die Hintertür herein. Unter dem Arm trug er eine Schachtel Godiva-Pralinen und sein Gesicht war angespannt. Er schaute sich um, als suche er jemanden. Emmas Herz machte einen Purzelbaum. Ethan. Emma reichte Madeline die Digitalkamera. »Bin gleich wieder da.«
»Aber Sutton«, jammerte Charlotte. »Wir wollten dir gerade unser Geschenk geben.«
»Gleich«, rief Emma ihr zu.
Als sie sich durch die Menge drängte, hörte sie Charlotte seufzen: »Was hat sie denn heute nur?«
Alle Gäste standen entweder am Buffet oder verrenkten sich auf der Tanzfläche. Emma stieg ein starker Geruch nach Rum in die Nase, als sie sich durch ihre Gäste drängte und Ethan dabei nicht aus den Augen ließ. Er hatte Schwierigkeiten, vorwärtszukommen. Gabriella bemerkte ihn und kicherte über die Pralinenschachtel unter seinem Arm. »Sieht so aus, als sei da einer immer noch in das Geburtstagskind verknallt, was?« Sie gab Emma einen Stups.
Emma ignorierte sie und stellte sich auf die Zehenspitzen. Ethan war zwischen Jennifer und Julia eingeklemmt, dem einzigen offen lesbischen Paar der Schule, zwei sehr beliebten Mädchen. Direkt daneben standen drei Fußballer, die offenbar ein Turnier nachspielten. Emma sah, dass er allmählich die Geduld verlor.
Sie schlug Haken um die Mädchen am Schminktisch. Schließlich stand sie vor ihm, gerade als er die Pralinen auf einen Stuhl stellte und sich wieder zur Tür wenden wollte. Sie packte ihn am Handgelenk. Ethan verspannte sich, aber als er sah, dass sie es war, lächelte er.
»Du bist gekommen!«, rief Emma begeistert.
»Ach, ich musste sowieso hier vorbeifahren. Ich kann nicht lange bleiben«, sagte Ethan achselzuckend.
»Oh.« Emma ließ enttäuscht die Schultern hängen.
Ethans ließ seine von langen Wimpern umkränzten Augen über die Partygäste wandern. Dann berührte er die Pralinenschachtel. »Na ja, die hier sind für dich. Alles Gute zum Geburtstag. Ich hoffe, du hast viel Spaß.«
Er beugte sich zu ihr herunter. »Ich habe gehört, alle großen Dichterinnen waren insgeheim pralinensüchtig.«
»Danke.« Emma strich über die quadratische, goldfarbene Schachtel. Ethan hatte dunkle Schokolade gewählt. Die mochte sie am liebsten. »Ich bin froh, dass du hier bist.«
Ein Lächeln erschien auf Ethans Gesicht, aber es erstarb sofort wieder, als sein Blick auf etwas hinter ihr fiel.
Emma drehte sich um und sah gerade noch, wie Garrett sich an ein paar Kids vorbeischob und auf sie zustürmte. Dann packte er sie um die Taille, wirbelte sie herum und gab ihr einen langen, verführerischen Kuss.
Emma strampelte hilflos und wehrte sich gegen Garretts Lippen auf den ihren. Ihre Wangen brannten. Sie spürte, dass alle sie anstarrten. »Holla!«, rief ein Mädchen neben ihr. »Yeah«, rief einer der Fußballspieler. »Nehmt euch ein Zimmer!«, johlte Madeline in der Nähe.
Endlich wich Garrett zurück und ließ sie frei. Emma sah sich nach Ethan um … aber der war verschwunden.
28 – Verführung und Mord passen gut zusammen
Garrett zog Emma fast bis zum Haus, aber dann weigerte sie sich, weiterzugehen. »Das war gerade echt unhöflich von dir. Du kannst mich doch nicht einfach so aus einem Gespräch reißen. Ich bin schließlich die Gastgeberin.«
Garrett drehte sich um und griff nach ihrer Hand. »Ich habe dich nur aus Landrys Klauen gerettet.«
»Das stimmt doch gar nicht«, schnaubte Emma.
»Doch. Du saßt in der Falle.« Garretts Ton war galant, aber gleichzeitig auch ein wenig herablassend, als wisse er, was das Beste für sie sei.
Emma blieb der Mund offen stehen.
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