LYING GAME Und raus bist du
Draußen dröhnte die Musik. Es knarrte, als jemand vom Sprungbrett ins Wasser sprang. »Ich bin keine Prinzessin, die du vor einem Drachen retten musst«, sagte sie schließlich mit hochrotem Gesicht.
Garrett sah sie verwirrt an. »Entschuldige.« Er griff nach Emmas Hand. »Scheiße. Ich wollte nur ein bisschen Zeit mit dir verbringen. Ich habe dich heute Abend kaum gesehen.«
Emma lehnte sich gegen die Standuhr und dachte an den schüchternen Gesichtsausdruck, mit dem Ethan ihr die Pralinen gegeben hatte.
»Wenn ich dir dein Geschenk gebe, wirst du mir verzeihen«, sagte Garrett zuversichtlich. »Das verspreche ich dir.« Mit diesen Worten zog er Emma die Treppe hinauf.
Sie folgte ihm und wich einem Stapel T-Shirts aus, die Mrs Mercer auf einer Stufe liegen gelassen hatte. Was war so geheimnisvoll an Garretts Geschenk, dass er es ihr nicht unten geben wollte?
»Und los geht’s«, sagte Garrett leise. Er drückte die Tür zu Suttons Schlafzimmer auf. Auf jeder verfügbaren Fläche standen brennende Kerzen. Der scharfe Geruch von Lavendelöl stieg Emma in die Nase. Aus den Boxen klang leise eine Billie-Holiday-Nummer. Garrett hatte die Vorhänge zugezogen und auf dem Boden und dem Bett Rosenblätter verteilt. Auf dem Kissen lag eine Schachtel Valrhona-Pralinen und auf dem Nachttisch standen zwei Gläser Champagner.
Emma starrte fassungslos ins Zimmer. Das Gespräch auf dem Berg fiel ihr wieder ein. Weißt du noch … was wir im Sommer besprochen haben? Unsere Pläne? Ich dachte, es könnte an deinem Geburtstag stattfinden. »Ach du lieber Gott«, dachte sie.
Auf Billie Holiday folgte ein akustisches Liebeslied von Jack Johnson. Garrett lächelte Emma treuherzig an. Und dann riss er sich das T-Shirt vom Leib und warf es zu Boden, als spielten sie Strip-Poker. Als Nächstes kickte er sich die Schuhe von den Füßen und löste seinen Gürtel.
»Hör auf, um Gottes willen!«, schrie Emma.
Garrett erstarrte. Seine Wangen wurden brandrot, und seine Hände zitterten. Die Kerzen warfen flackernde Schatten an die Wände.
»Äh …« Emma begann nervös zu kichern. Die Situation kam ihr auf einmal so … lächerlich vor. Sie kannte Garrett seit knapp zwei Wochen. Und jetzt sollte sie sich ihm plötzlich … hingeben?
»Es tut mir leid, aber ich kann das nicht …« Emma deutete auf das Bett.
Garrett setzte sich schwer auf den Bettrand und starrte Emma an, als sei sie plötzlich violett geworden. »Aber … wir haben den ganzen Sommer lang davon geredet.«
Emma schaute ihn fassungslos an.
»Ich habe lange nachgedacht«, fuhr Garrett fort und fuhr sich durch das stachelige Haar. »Und mir ist klar geworden, dass du recht hast. Es gibt keinen Grund, noch länger zu warten. Ich will mein erstes Mal mit dir erleben, Sutton. Und du deins doch auch mit mir, nicht wahr?«
Emma schaute angestrengt an dem breiten Streifen Boxershorts vorbei, der aus Garretts gürtelloser Jeans ragte. Ich bin nicht Sutton, hätte sie am liebsten geschrien. »Ich … ich will einfach nicht mehr.«
»Du willst nicht mehr?« Garrett betrachtete sie verzweifelt. Dann legte er die Hände auf die mit Blütenblättern bedeckte Matratze. »Moment mal«, sagte er mit leiser, zitternder Stimme. »Waren unsere Gespräche über Sex nur ein blöder Streich? Hast du das auch mit Thayer gemacht?«
»Nein, natürlich nicht!« Emma schüttelte den Kopf und fragte sich, was genau Sutton Thayer eigentlich angetan hatte. »Es ist nur … ich kann nicht …«
Sie wich einen großen Schritt zurück. Von dem Duftöl wurde ihr langsam schwindelig. »Es tut mir leid«, sagte sie noch einmal. Dann riss sie die Tür auf und stolperte auf den Flur hinaus. Statt wieder hinunter zur Party zu rennen, drehte sie sich in die andere Richtung und hechtete in das Nebenzimmer.
Als die Tür sich schloss, hörte sie Garrett auf dem Flur. »Sutton?«, rief er. Emma kauerte hinter der Tür. Sie hörte, wie er sich einmal im Kreis drehte, wobei seine Schritte auf dem Teppich nur leise Geräusche machten. »Sutton?«, rief er wieder.
Emma bewegte sich keinen Millimeter und zwang sich, flach zu atmen. Hoffentlich kam er nicht auf die Idee, hier drin nachzusehen.
Kurz darauf stöhnte Garrett laut. Dann knallte eine Tür zu und öffnete sich gleich darauf wieder. Emma hörte, wie er die Treppe hinunterlief und dann durchs Foyer stürmte.
Sie drehte sich um und lehnte sich vor Erleichterung seufzend gegen die Tür. Das Bett des Zimmers, in dem sie stand, wurde von zwei
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