LYING GAME - Weg bist du noch lange nicht
mit dem Logo des Countryclubs auf der Brust trug, ging über den mit Navajo-Teppichen ausgelegten Boden. »Entschuldigung, bist du Sutton Mercer?«
Emma nickte.
Das Mädchen griff in ihre Hosentasche. »Jemand hat das hier für dich abgegeben.« Sie hielt Emma eine tiffanyblaue Pappschachtel hin. Auf dem Deckel klebte ein Zettel mit der Aufschrift: FÜR SUTTON .
Emma starrte die Schachtel an, traute sich aber nicht, sie zu berühren. »Wer hat sie abgegeben?«
»Ein Kurier hat sie gerade an die Rezeption gebracht. Deine Freundinnen sagten, ich würde dich hier finden«, sagte das Mädchen achselzuckend.
Emma nahm die Schachtel unsicher entgegen und das Mädchen drehte sich um und ging.
Der Deckel ging leicht auf und enthüllte eine samtene Schmuckschatulle. Emma schossen ein paar mögliche Erklärungen durch den Kopf. Ein kleiner Teil von ihr hoffte insgeheim darauf, dass Ethan ihr die Schachtel geschickt hatte. Es konnte natürlich auch sein, dass Garrett sie durch ein Geschenk zurückgewinnen wollte.
Die Schatulle öffnete sich mit einem leisen Knarren. Drinnen lag ein silbern glänzender Anhänger in Form einer Lokomotive.
Emma strich darüber. In dem kleinen Täschchen im Deckel der Schatulle steckte ein Stück Papier. Es war ein winzig klein zusammengerollter Zettel, auf dem eine Nachricht in Druckbuchstaben stand:
DIE ANDEREN WÜRDEN DEN ZUG-STREICH AM LIEBSTEN VERGESSEN, ABER MICH WIRD ER NIEMALS WIEDER LOSLASSEN. DANKE!
Emma stopfte den Zettel wieder in die Schatulle und schloss sie schnell. Zug-Streich. Gestern Abend hatte sie in Laurels Schlafzimmer Notizen zu mindestens fünfzig Lügenspiel-Streichen überflogen. Aber keiner hatte etwas mit einem Zug zu tun gehabt.
Ich sah immer noch den Lokomotivanhänger vor mir und plötzlich schimmerte eine Erinnerung in meinem Geist. Ein Zug pfiff in der Ferne. Ein Schrei, dann wirbelnde Lichter. War das … waren wir …?
Aber schon verschwand die Erinnerung genauso schnell wieder, wie sie gekommen war.
2
CSI Tucson
Ethan Landry öffnete das Tor im Maschendrahtzaun des öffentlichen Tennisplatzes im Park und kam herein. Emma beobachtete, wie er in lässiger Haltung auf sie zuschlenderte, die Hände in den Hosentaschen vergraben. Es war zwar schon nach zehn Uhr, aber das Mondlicht war so hell, dass sie seine Distressed-Jeans, die abgewetzten Converse und das dunkle Wuschelhaar deutlich erkennen konnte. Ein paar Locken kräuselten sich niedlich über dem Kragen seines dunkelblauen Flanellhemdes. Ein Schnürsenkel war aufgegangen und schleifte auf dem Boden hinter ihm her.
»Ist es okay, wenn wir das Licht auslassen?« Ethan deutete auf den Münzapparat, mit dem man die riesige Flutlichtanlage in Betrieb nehmen konnte.
Emma nickte und ihr wurde ein bisschen schwindelig. Mit Ethan im Dunkeln zu sitzen war eine sehr angenehme Vorstellung.
»Und was genau ist nun der Zug-Streich?«, fragte er und bezog sich damit auf Emmas SMS , in der sie ihn vor ein paar Stunden gebeten hatte, sich in der Tennisanlage mit ihr zu treffen. Sie trafen sich immer hier, denn sie hatten das Gefühl, dass dieser Ort ihnen ganz allein gehörte.
Emma reichte Ethan den silbernen Anhänger. »Den hat jemand Sutton in den Countryclub geschickt. Mit einem Zettel.« Ein eiskalter Schauer lief ihr den Rücken hinunter, als sie wiederholte, was darauf gestanden hatte.
Weit entfernt brummte ein Motorrad. Ethan drehte den Anhänger in den Händen. »Ich weiß nichts von einem Zug, Emma.«
Emmas Herz hüpfte jedes Mal, wenn Ethan sie beim Namen nannte. Es war eine große Erleichterung, fühlte sich aber auch gefährlich an. Der Mörder hatte ihr befohlen, niemandem zu erzählen, wer sie war. Und sie hatte diese Regel gebrochen.
»Aber es klingt so, als sei der Anhänger von einer Person, die an dem Streich beteiligt gewesen ist«, fuhr Ethan fort. »Oder von einem Opfer.«
Emma nickte.
Sie schwiegen einen Augenblick und hörten den Aufprall eines Basketballs, mit dem ein Spieler auf dem Basketballplatz übte. Dann griff Emma in ihre Tasche. »Ich muss dir etwas zeigen.« Sie gab ihm ihr iPhone und ihr Herz setzte einen Schlag aus, als ihre Finger sich zufällig berührten. Ethan war süß – wirklich süß.
Ich musste zugeben, dass Ethan wirklich süß war – auf eine unordentliche, grüblerische, mysteriöse Art. Es machte Spaß, zu beobachten, wie meine Schwester sich mehr und mehr in ihn verknallte. Dadurch fühlte ich mich ihr näher, denn ich konnte mir vorstellen, dass
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