LYING GAME - Weg bist du noch lange nicht
Außerdem fiel ihr auf, dass sie keinen Empfang hatte. Ihre Handflächen begannen zu schwitzen. »Was machen wir?«
»Lasst uns weitergehen«, sagte Gabby. »Es ist ganz in der Nähe, versprochen.«
Alle hielten sich dicht beieinander, denn sie wollten sich nicht aus den Augen verlieren. »Ich kriege allmählich Schiss«, sagte Madeline. »Kann mal jemand eine Geschichte erzählen oder irgendwas? Ich brauche Ablenkung.«
»Zwei Lügen und eine Wahrheit!«, schlug Laurel nervös kichernd vor. »Das haben wir schon eine Ewigkeit nicht mehr gespielt.«
»Au ja«, sagte Gabby und schob einen Zweig beiseite. Er schnappte zurück und traf Emma am Kiefer.
Madeline kicherte. »Weißt du überhaupt, wie das Spiel geht, Gabs?«
»Äh, ja.« Gabby umrundete einen Felsbrocken. »Nur weil ich nicht im Lügenspielclub bin, bin ich noch lange kein Idiot.«
»Was du nicht sagst«, murmelte Charlotte und alle lachten. Emma sah, wie Gabbys Schultern sich verkrampften, als sie den Pfad entlangstapfte.
Glücklicherweise wusste Emma, wie man »Zwei Lügen und eine Wahrheit« spielte. Sie und Alex hatten es mit ein paar anderen Mädchen auf einer Pyjamaparty gespielt. Jeder Mitspieler musste drei Dinge behaupten: Eins war gelogen, zwei wahr. Die anderen mussten raten, welches die Lüge war. Wenn sie richtig rieten, musste der Lügner trinken. Wenn sie falsch lagen, mussten alle anderen trinken.
»Ich fange an«, erbot sich Madeline atemlos, da sie einen Hang hinaufstiegen. »Eins: Als ich mit meiner Familie letztes Jahr in Miami war, habe ich mich auf eine Party geschlichen und dort Jennifer Lopez kennengelernt. Zwei: Ich hatte letztes Jahr einen Beratungstermin für eine Brustvergrößerung bei Pima Plastic Surgery. Und drei: Ich glaube, ich weiß, wieso Thayer abgehauen ist. Ich glaube, ich weiß auch, wo er ist, aber das verrate ich nicht.«
Ihre Worte ließen Emma frösteln. Als sie sich umdrehte, um Madelines Gesicht zu betrachten, erkannte sie nicht, ob diese lächelte oder die Stirn runzelte.
»Die Busen-OP muss die Lüge sein«, sagte Charlottes Stimme im Dunkeln. »Mads hat den besten Vorbau von uns allen.«
»Falsch!«, höhnte Madeline. »Die Busen-OP ist wahr – ich habe mir einen Termin geben lassen, weil ich dachte, Körbchengröße E würde mir stehen. Als ich erfahren habe, wie die Operation abläuft, habe ich mich allerdings dagegen entschieden. Trink, Char!«
»Was war denn dann die Lüge?« Gabby verlangsamte ihre Schritte. »Thayer?«
»Das wirst du wohl nie erfahren«, sagte Madeline achselzuckend.
Emma fixierte sie. Wusste sie womöglich wirklich, wo Thayer war? Wollte sie ihn vor irgendjemandem beschützen? Vielleicht vor ihrem Vater?
Charlotte trank gluckernd. »Okay. Erste Behauptung: Ich habe Garrett betrogen. Zweite Behauptung: Ich glaube, mein Dad betrügt meine Mom. Dritte Behauptung: Ich habe Freddy Krüger im Geisterhaus geküsst.«
»Deine Mom ist viel zu attraktiv, um betrogen zu werden«, sagte Madeline nachdenklich. »Aber ich setze aus.«
Emma schwieg. Sie erinnerte sich daran, dass sie Charlottes Vater, den sie aus Suttons Facebook-Profil kannte, getroffen hatte, als sie im Sabino Canyon auf Sutton wartete. Er war verlegen gewesen, und später hatte Emma herausgefunden, dass Charlotte glaubte, er sei auf Geschäftsreise.
Aber sie wagte nicht, davon zu erzählen. Stattdessen schlängelte sie sich schweigend zwischen zwei Felsen durch.
»Freddy ist die Lüge!«, johlte Gabby schließlich.
»Prost, Gabby!«, krähte Charlotte. »Ich stand im Geisterhaus, als mich jemand von hinten umarmte. Er drehte mich um und drückte mir einen dicken Kuss auf. Es war auf jeden Fall Freddy – ich habe seine eklige Hand gesehen. Ziemlich guter Küsser, Madeline.«
Madeline schnaubte. »Du kannst ihn haben!«
Niemand fragte Charlotte, was die Lüge gewesen war.
Nachdem Gabby ihren Strafschluck getrunken hatte, sagte Madeline: »Du bist dran, Sutton.«
Emma holte tief Luft und suchte fieberhaft nach Behauptungen, die Sutton aufstellen würde. Aber dann hatte sie eine andere Idee. »Behauptung eins: Ich habe einen Sommer lang in einer Achterbahn in Las Vegas gearbeitet«, begann sie.
»Lüge«, schnitt ihr Charlotte sofort das Wort ab. »Du hast noch nie in Vegas gearbeitet.«
»Du willst dich nur betrinken, was, Sutton?«
Madeline reichte ihr die Flasche. Emma lächelte im Dunkel, korrigierte die anderen aber nicht.
Sie liefen weiter. Ein einsamer Kojote heulte in der Ferne. Ein Kaktusstachel
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