Lynne Graham
schlug heftiger. Der Mann war hart und unnachgiebig, ganz anders als der seichte Charmeur, der sein Vater gewesen war. Und warum sollte sie sich vom Testament ihrer Großmutter manipulieren lassen? Sie hatte getan, was jede gute Enkelin tun würde, aber jetzt war es an der Zeit, ihr eigenes Leben wieder aufzunehmen.
„Wir haben einander nichts mehr zu sagen.“ Sie ging zur Tür und öffnete sie, eine Aufforderung für ihn, zu gehen. „Ich mag es nicht, wenn man Spielchen mit mir treibt“, erwiderte er grimmig.
„Sie hören einfach nur ungern ein Nein“, berichtigte Ophelia. Ihrer Meinung nach müsste er es sehr viel öfter hören.
„Und Sie haben ein Vorurteil gegenüber meiner Familie.“
Die Bemerkung ließ einen Hauch Rot auf ihre Wangen ziehen. „Schon möglich“, sagte sie bedauernd. „Aber dagegen kann ich nichts tun.“
„Wie können Sie zulassen, dass etwas, das vor dreißig Jahren passiert ist, heute noch Einfluss auf Sie hat? Damit hatten wir nichts zu tun.“ Mit einem kalten Lächeln schob er ihr seine Visitenkarte in die Hemdtasche, und Ophelia musste die Zähne zusammenbeißen. „Meine Privatnummer. Aber ich kann Ihnen schon jetzt sagen … Sie haben meine Zeit verschwendet, deshalb wird es keinen so guten Deal mehr geben.“
„Ich werde Sie nicht anrufen“, fauchte sie.
Mit funkelnden Augen sah er auf sie herunter. „Sie werden zu mir kommen“, weissagte er überzeugt.
Ophelia hielt den Atem an. Es überlief sie abwechselnd heiß und kalt. Und als Lysander den Korridor entlangging, verschränkte sie trotzig die Arme vor der Brust. Niemals!, wollte sie ihm hinterherrufen, doch diese ungewohnte Rage erschütterte sie so sehr, dass sie sich selbst nicht traute, überhaupt etwas zu sagen. Während sie auf das Donnern des davonfliegenden Hubschraubers lauschte, merkte sie, dass sie so verspannt war, dass ihre Muskeln schmerzten. Noch nie in ihrem ganzen Leben war sie so wütend gewesen, sie hatte nicht einmal gewusst, dass sie zu solcher Wut fähig war. Bis sie mit Lysander Metaxis zusammengetroffen war, hatte sie sich immer für einen ausgeglichenen und toleranten Menschen gehalten.
Eine Stunde später fuhr Ophelia die lange Auffahrt hinunter zu dem Pförtnerhaus, das Pamela von Metaxis Immobilien gemietet hatte. Sie fand Pamela in der Küche, wo sie unzählige Gerichte für ihren kleinen, aber sehr gefragten Party-Service vorbereitete. Die Nerven noch immer bis zum Zerreißen gespannt, war Ophelia froh, sich bei der Freundin aussprechen zu können, und berichtete alles bis ins kleinste Detail.
Der Rotschopf hörte fasziniert zu, die Augen wurden immer größer. „Du liebe Güte! Wieso sollte ein Milliardär derart versessen darauf sein, Madrigal Court in seine Finger zu bekommen?“
„Ich weiß es nicht, und es ist mir auch egal.“ „Vielleicht hat er ein geologisches Gutachten erstellen lassen, und unter dem Haus liegt eine Goldmine. Oder Erdöl.
Könnte doch sein“, verteidigte sie sich, als Ophelia ihr einen zweifelnden Blick zuwarf. „Ich hab neulich ein paar Typen auf dem Feld neben deinem Garten Vermessungsarbeiten machen sehen. Ich glaube sogar, sie sind reingegangen …“
„Du hast Landvermesser auf dem Grundstück gesehen und mir nichts davon gesagt?!“
„Ich dachte, sie wären nur neugierig. Und außerdem hattest du da andere Sachen im Sinn. Du brauchtest die Aufregung wirklich nicht“, rechtfertigte Pamela sich leicht betreten.
„Entschuldige.“ Ophelia seufzte. „Ich bin einfach nur schrecklich gereizt.“
„Du hast völlig recht“, lenkte Pamela jetzt ein, „dich an deine Prinzipien zu halten. Trotzdem schade. Das Geld hättest du gut gebrauchen können, um die Schulden abzuzahlen. Du hättest auch einen Privatdetektiv anheuern können, der deine Schwester sucht. Ich wette, es wäre sogar noch genügend übrig geblieben, um die Dinge mit deinem geplanten Gartenmarkt so richtig in Schwung zu bringen.“
Ophelia sackte in sich zusammen. Molly! Wieso hatte sie bisher nicht daran gedacht, dass ihrer Schwester ebenfalls ein Anteil an Madrigal Court zustand? Jede Entscheidung, die fiel, würde auch Molly betreffen. Leider hatte Gladys immer eine andere Einstellung zu der unehelich geborenen Molly gehabt.
Ihre Mutter starb bei einem Zugunglück, als Ophelia sechzehn gewesen war. Gladys war damals nach Schottland gekommen, um die beiden Mädchen nach Madrigal Court zu holen. Zwei Tage später war Ophelia von der Schule zurückgekommen und musste
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