Lynne Graham
dem Zugunglück ums Leben gekommen war, denn mehr wurde von ihr nicht erwähnt. Was Storys anbelangte, die zu Tränen rührten, setzte die hier allem die Krone auf. Die Leute, die diese Informationen geliefert hatten, mussten alle gute Freunde von Ophelia gewesen sein, denn niemand wusste auch nur ein böses Wort über sie zu berichten. War die armselige Kindheit Grund für ihre Gier? Oder hatten ihre schwache Mutter und die verbitterte Großmutter die Rachsucht in ihr geschürt?
Wieso passte bei Ophelia nichts zusammen? Wieso steckte sie so voller Widersprüche? Sie hatte eine dreijährige Ausbildung im Gartenbau absolviert, und es gab ein Foto von ihr, auf dem sie wie eine Vogelscheuche angezogen war – aber mit einem glücklichen Lächeln und strahlenden Augen. Fein, sie machte sich also wirklich gern schmutzig. Lysander hatte Schwierigkeiten, diese Ophelia mit der Frau, die in Netzstrümpfen und rotem Kleid auf dem Sofa gesessen hatte, in Einklang zu bringen. Wie konnte sie behaupten, die Ehe beenden zu wollen, wenn sie vierundzwanzig Stunden später ihr Bestes tat, um die größtmögliche Publicity zu erlangen?
Als Lysander die Zeitung an sie weiterreichte, wusste Ophelia erst nicht, wozu … bis sie das Foto von sich und Molly sah. Plötzlich lag ihr ein Stein im Magen – der immer härter wurde, je mehr sie von dem Artikel las. Die Schwächen ihrer Mutter wurden bloßgelegt, ihre eigene armselige Kindheit allen offenbart. Was sie am meisten aufwühlte, war jedoch, dass die unglückliche Beziehung zwischen ihrer Mutter und Aristide wieder aufgewühlt wurde. Und sie allein war dafür verantwortlich, weil sie so unüberlegt mit der Presse geflirtet hatte. Sie hatte soeben eine Lektion gelernt, auf die brutale Art.
„Ich fürchte, ich habe noch ein paar Dinge zu erledigen, bevor ich zu dir auf die Insel kommen kann“, teilte Lysander ihr mit, als sie schließlich in Athen landeten.
„Welche Insel?“ Ophelia sah ihn nicht an.
„Ich habe vor ein paar Jahren eine Insel gekauft.“
Mit steinerner Miene schürzte Ophelia die Lippen. „Ich nehme an, diese Insel ist sehr privat und abgeschieden?“
„ Ne … ja.“
„Wie faszinierend“, behauptete sie überhaupt nicht fasziniert. Sie sah sich schon allein auf einem kargen Eiland inmitten von Wasser, während Lysander sich irgendwo anders amüsierte. „Mach dir um mich keine Gedanken. Wahrscheinlich werde ich längst ausgedörrt sein wie eine ägyptische Mumie, bis du wieder Notiz von mir nimmst. Aber dann kannst du mich ja in eine Ecke setzen und dich an meinen Überresten erfreuen, anstatt dich mit der anstrengenden Realität einer lebendigen Ehefrau abgeben zu müssen.“
„Wirklich sehr lustig.“
„Die ganze Reise über hast du mich ignoriert. Du besitzt nicht einmal genügend Höflichkeit, um mir zu sagen, wohin wir überhaupt fahren.“
So viel Arglosigkeit konnte Lysander einfach nicht fassen. „Der Aktienmarkt steckt mitten in einer Krise. Während du geschlafen hast, habe ich gearbeitet!“, knurrte er.
Eisige blaue Augen trafen auf braune. „Ja, und?“
Im gleichen Augenblick ging ein Blitzlichtgewitter hinter der Absperrung des Ankunft-Terminals los. „Lächle in die Kameras“, raunte er ihr gepresst zu.
„Ach du meine Güte, meine Batterien sind leer“, zischelte Ophelia zurück. „Und zum Lächeln habe ich auch keinen Grund.“
„Du warst es, der diese Medienlawine losgetreten hat!“
Diese Erinnerung ließ sie ein wenig erbleichen. Mit Mühe schaffte sie es, die Mundwinkel nach oben zu ziehen, als es ihr endlich dämmerte, dass die Menge der Reporter sich nur ihretwegen versammelt hatte.
In der Limousine wandte Lysander sich mit strengem Blick an sie. „Ich erwarte von dir, dass du dich in der Öffentlichkeit benimmst.“
„Und ich erwarte von dir, dass du dich im Privaten benimmst“, konterte Ophelia leidenschaftlich. „Du verlangst von mir, dass ich mich wie eine Ehefrau verhalte, und das tue ich hiermit. Keine Braut, die etwas auf sich hält, würde sich so von ihrem Ehemann behandeln lassen, schon gar nicht während der Flitterwochen!“
Lysander überraschte sie, indem er den Kopf zurückwarf und laut lachte. Sie war völlig überdreht, aber seltsamerweise war es genau das, was ihn an ihr reizte. Das, und wie wunderbar sich ihre Haut und ihr Körper anfühlten, wenn sie sich an ihn schmiegte. Sofort meldete sich das schmerzhafte Ziehen in seinen Lenden, und er zog sie an sich heran.
„Falls ich es schaffe,
Weitere Kostenlose Bücher