Lynne Graham
gewöhnen. Zu viele Frauen haben dich verwöhnt, oder vielleicht sollte ich besser sagen, die Macht, die du besitzt, hat dich verwöhnt. Du hast nie lernen müssen, wie man Kompromisse schließt. Ich wünsche mir so sehr, dass eure Ehe funktioniert und eine glückliche wird. Ich wünsche mir für dich, dass du endlich ein liebevolles Heim und eine eigene Familie hast.“
Lysander wurde bleich. Ich werde mir nie verzeihen … Das, zusammen mit dem Ausdruck „eigene Familie“, traf ihn wie ein Faustschlag in den Magen. Virginia musste sich schon lange heimlich gewünscht haben, er möge sesshaft werden und ihr ein Enkelkind schenken. Respekt vor seiner Privatsphäre hatte sie bisher schweigen lassen, doch nun musste die Angst, dass sie das alles vielleicht nicht mehr miterleben könnte, sie dazu gebracht haben, es anzusprechen. Zutiefst aufgewühlt sprang er auf und stellte sich ans Fenster.
„Liebe und achte Ophelia, lass Arbeit und Geschäft nicht zur Entschuldigung werden, dass du sie vernachlässigst. Das war es, was ich dir sagen wollte.“ Virginia klang erschöpft. Sie wusste, dass sie sich auf ein Gebiet vorgewagt hatte, auf das niemand sich wagen würde. „Und kein weiteres Wort werde ich mehr darüber verlieren. Komm, erzähl mir, wie es um das Haus steht.“
Obwohl Lysander erst über den heruntergekommenen Zustand und dann von den Renovierungsarbeiten berichtete, war er nicht recht bei der Sache. Virginias Worte hatten ihn zu stark aufgewühlt. Sie hatte sich noch nie in sein Privatleben eingemischt, dass sie es jetzt tat, ließ eine schreckliche Leere in ihm anwachsen. Wusste seine Mutter etwas über ihren gesundheitlichen Zustand, das ihm nicht bewusst war? Auch wenn die Ärzte behaupteten, dass die Behandlung gut anschlug … ahnte seine Mutter, dass sie auf lange Sicht keine großen Chancen hatte?
Der erste Blick auf Lysanders Insel verschlug Ophelia den Atem. Kastros hatte nichts mit einem kargen Eiland gemein, die Landschaft war saftig grün und unglaublich schön.
Lysanders eindrucksvolles Haus lag an einem Ende der Insel und bot den Ausblick auf eine stille Bucht mit einem langen weißen Sandstrand. Dunkelgrüne Pinien boten schattige Plätze rund um das Anwesen, üppige Hibiskussträucher blühten überall und verströmten süßlichen Duft.
Das gesamte Hauspersonal hieß Ophelia herzlich willkommen, und sie konnten gar nicht genug für sie tun. Man bot ihr sofort eine Führung durch das Anwesen an, ein Musterbeispiel an Design, moderner Technik und Komfort. Man servierte ihr ein köstliches Dinner auf der Terrasse, und der Koch kam sogar persönlich aus der Küche, um sich zu erkundigen, ob sie zufrieden gewesen sei. Ophelia konnte nicht anders, sie war über alle Maßen beeindruckt.
Doch als es immer später wurde und noch immer kein Wort von Lysander kam, stellte sich nach einer genaueren Erkundung des überwältigend luxuriösen Hauptschlafzimmers eine ganz andere Wirkung bei Ophelia ein. Die Schränke im angrenzenden Ankleidezimmer waren vollgestopft mit Dessous und Designer-Kleidern – in allen erdenklichen Größen. Im Badezimmer fand sie ein ganzes Sortiment von Körperpflegeprodukten und teuren Parfüms vor. Langsam dämmerte es ihr, dass dieses Haus ein Playboy-Paradies war, in das Lysander die verschiedensten Frauen mitgebracht haben musste.
Ihr Stolz revoltierte. Entschlossen räumte sie ihre Sachen in das am weitesten entfernt gelegene Gästezimmer um. Sie musste unbedingt Grenzen ziehen und sich vor allem auch daran halten. Sie wollte die Scheidung, und um dieses Ziel zu erreichen, würde sie sich von nun an wie der schmerzende Dorn in Lysanders Seite verhalten!
Als Lysander am nächsten Vormittag ankam, stellte er überrascht fest, dass Ophelia scheinbar nicht sehnsuchtsvoll auf seine Rückkehr gewartet hatte. Ganz im Gegenteil. Sie schien es noch nicht einmal für nötig zu erachten, ihn überhaupt zu begrüßen. Wie konnte das sein? Seine Ehefrau sollte ihn gefälligst vermissen. Hatte sie denn überhaupt keine Ahnung, wie man einem Mann gefiel? Nun, im Schlafzimmer hatte sie die wirklich nicht, aber es machte ihm auch nichts aus, sie anzulernen. Virginias Ermahnung fiel ihm wieder ein, und er runzelte die Stirn. Natürlich! Woher sollte Ophelia wissen, was er sich wünschte, wenn er es ihr nicht sagte? Vielleicht sollte er es aufschreiben. Klare Richtlinien wären wahrscheinlich die einfachste Lösung, um das Problem zu beheben …
„Wo ist meine Frau?“, fragte er
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